Arbeitszeiterfassung digital bald Pflicht?

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Arbeitszeiterfassung digital bald Pflicht?

Muss ich die Arbeitszeit elektronisch erfassen oder was muss ich dabei beachten?

Diese Zuhörerfrage kam von Marco, einem Unternehmer, auf meine letzte Podcastfolge zur Arbeitszeit/Ruhezeit/Mehrstunden.

Eine berechtigte und spannende Frage, die ich heute beantworte.

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https://podcasts.apple.com/de/podcast/arbeitszeiterfassung-digital-bald-pflicht-heute-beantworte/id1517321290?i=1000550270420

https://www.podcast.de/podcast/1044435/einfach-recht-antworten-rund-ums-arbeitsrecht

https://open.spotify.com/episode/2ytyqgWKdEcEY39obvTis4

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Stürmische Folge, da es bei mir regnet und der Wind um die Ecken fegt. Genauso viel Wind wird häufig um das Thema Arbeitszeiterfassung gemacht. Ich habe dies am 30.01.2021 zum Gegenstand einer Podcastfolge mit dem Namen „Das Ende der Vertrauensarbeitszeit?“ gemacht. Anlass war ein damals ein aktuelles Urteil des EuGH vom Mai 2019.

Mit dem Urteil gilt für alle Mitgliedsländer der EU, dass die Arbeitszeiterfassung durch den Arbeitgeber organisiert werden muss. Die Arbeitszeiterfassung ist verpflichtend.

Die Frage von Marco richtet sich auf die Art und Weise der Arbeitszeiterfassung. Gibt es hier eine verpflichtende gesetzliche Vorgabe, wie zum Beispiel im Handel bei den elektronischen Kassensystemen?

Arbeitszeitgesetz als gesetzliche Grundlage

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung wurde im Arbeitszeitgesetz aufgenommen. Dies ist im § 16 erfolgt. Dort finden sich für den Arbeitgeber häufig zwei Überraschungen.

§ 16 Aushang und Arbeitszeitnachweise

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Abdruck dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen, für den Betrieb geltenden Rechtsverordnungen und der für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen im Sinne des § 7 Abs. 1 bis

3, §§ 12 und 21a Abs. 6 an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen.

(2) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben. Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.

Im Gesetz ist keine Form festgeschrieben. Hier ergibt sich nur die Verpflichtung zur Abeitszeiterfassung bei Überschreitung der nach dem Gesetz vorgegebenen Höchstgrenzen von z.B. 8 Stunden am Tag. Nach dem Urteil des EuGH sollte dennoch die Arbeitszeit vollständig dokumentiert werden. Aber wie?

Datenschutzverordnung ist zu beachten

Bei der Arbeitszeiterfassung ist die Verordnung zum Datenschutz und das Bundesdatenschutzgesetz einzuhalten.

Das Thema Datenschutz im Arbeitsrecht wird immer wichtiger. Verstöße können mittlerweile zur Unwirksamkeit einer sonst wirksamen Kündigung führen. Deshalb überlasse ich das Thema Datenschutz regelmäßig in unserer Kanzlei Wulf & Collegen unserem Spezialisten und Datenschutzexperten Rechtsanwalt Lars Hänig. Kommt das Thema Datenschutz in Betracht, wird dieser bei den rechtlichen Erwägungen eingebunden.

Aber nun zurück zu der Frage von Marco.

Der Arbeitgeber muss die Arbeitszeiterfassung organisieren. Er kann sie sogar an die Arbeitnehmer delegieren. Das kann auf Papier oder durch andere Zeiterfassungsgeräte erfolgen.

Das Gesetz plant hier zur Zeit noch keine Pflicht zur Digitalisierung, obwohl das durchaus zu befürchten ist. Hintergrund ist, dass der Staat an jeder Überstunde durch die Sozialversicherungsleistungen beteiligt ist. Bekanntlich sind die Staatskassen zur Zeit nicht üppig gefüllt. Digitale Zeiterfassungen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, die im Gegensatz zum Papier nicht ohne weiteres korrigiert werden können, wenn sie anerkannt werden sollen. Sie haben jedoch auch überzeugende Vorteile, wenn sie zum Beispiel in der Cloud gesichert werden.

Eine solche Erfassung muss folgendes erfüllen:

  • Zutrittskontrolle: Zutritt zu den Datenverarbeitungsanlagen muss begrenzt sein
  • Zugangskontrolle: Datenverarbeitungssysteme sollen nicht von Unbefugten genutzt werden
  • Weitergabekontrolle: Bei der Übertragung von Daten, auch denen der Arbeitszeiterfassung, muss ein unbefugtes Lesen, Kopieren oder Entfernen von Daten nach Möglichkeit stets verhindert werden
  • Eingabekontrolle: Wenn Daten verändert wurden, muss nachvollziehbar sein, wer dies getan hat
  • Auftragskontrolle: Daten werden nur entsprechend den Weisungen und nicht anderweitig verarbeitet
  • Verfügbarkeitskontrolle: Daten sind vor Verlust und Zerstörung geschützt
  • Daten, die zu unterschiedlichen Zwecken erhoben wurden, sind auch entsprechend getrennt zu verarbeiten

Bis zu einer gesetzlichen Vorgabe reicht zur Zeit die händische Aufnahme in ein Formular unter Beachtung der dargestellten Regelungen. Mittlerweile gibt es smarte digitale Arbeitszeiterfassungssysteme, die einfach zu bedienen sind und eine schnelle jederzeit abrufbare Übersicht geben. Gerade bei gelebter Vertrauensarbeitszeit eine ideale Möglichkeit.

Wir arbeiten in der Kanzlei erfolgreich mit einem solchen digitalen Zeiterfassungssystem, das auf dem vertrauensvollen Einloggen der Mitarbeiter vertraut.

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Abwarten ist keine Lösung! Gestalten ist besser als Streiten!

Deshalb sollte der Arbeitgeber, die Mitarbeitervertretung und der Mitarbeiter durch Schaffung geeigneter Vereinbarungen die Rechtssicherheit im Unternehmen regeln.

Dabei unterstützen wir dich gern. Schreibe mir unter

Sandro.Wulf@kanzlei-wulf.de

oder schau auf unsere Homepage unter

www.kanzlei-wulf.de.

Bis dahin dein Sandro Wulf, Fachanwalt und Experte in den Fragen rund ums Arbeitsrecht.


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