Architektenrecht aktuell: Der Architekt als brillanter Alleskönner oder Prügelknabe der Rechtsprechung?

  • 4 Minuten Lesezeit

Architekten und Planer rücken seit Jahren stärker in den Fokus der Rechtsprechung – besonders bei Pflichten und Haftungsansprüchen. Dabei reicht die Palette vom Planungsfehler über den Beratungsmangel, bis hin zum Fehler bei der Bauüberwachung. Auffällig ist, dass die Pflichten und vorausgesetzten Kenntnisse bei Architekten und Planern in den Entscheidungen immer weiter ausgedehnt und konkretisiert werden. Die nachfolgende Darstellung bietet einen kleinen Überblick über aktuelle Entscheidungen.

Gemeinde als Auftraggeber ist auf Fördermittel angewiesen: Planer muss auf Finanzierbarkeit achten

Ist der Auftraggeber eine Gemeinde, die für die Durchführung der zu planenden Maßnahmen auf Fördermittel angewiesen ist, muss der Planer in besonderem Maße die Finanzierbarkeit der zu planenden Maßnahmen im Blick behalten

OLG Brandenburg, Urt. v. 14. Januar 2015 – 4 U 27/13, ibr

Ein Architekt muss keine Spezialkenntnisse im Schwimmbadbau haben

Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt erbringt seine Leistung mangelfrei, wenn die vom Schwimmbadbauer verursachten Mängel nur für einen Fachmann auf dem Gebiet des Schwimmbadbaus erkennbar waren – der Architekt muss nicht über Spezialkenntnisse verfügen.

OLG Jena, Urt. v. 08. Januar 2015 – 1 U 268/13, ibr

Was gehört zu einer „prüfbaren“ Planung?

Gehört die „gesamte prüfbare Planung“ zum Leistungsumfang des Auftragnehmers, bedeutet „prüfbar“ in Bezug auf die Anforderungen der Tragwerksplanung, dass der zuständige Prüfingenieur die Statik als unbedenklich erachtet. Zu den Anforderungen an eine „prüfbare“ Planung gehört es, dass dem zuständigen Prüfingenieur die für die Prüfung der Tragwerksplanung erforderlichen Unterlagen und Nachweise vollständig und so rechtzeitig vorgelegt werden, dass diesem ausreichend Zeit zur Wahrnehmung seiner Prüfungsaufgaben zur Verfügung steht.

OLG Brandenburg, Urt. v. 26. November 2014 – 4 U 20/09, ibr

Wird der Wärmetauscher nicht richtig ausgelegt, ist die Planung mangelhaft

Wird ein Ingenieur mit der Planung des Austauschs von Wärmetauschern beauftragt, muss die Planung gewährleisten, dass die ausgeschriebenen und gelieferten (Rohrbündel-)Wärmetauscher für den vorgesehenen Einsatz richtig ausgelegt sind. Dies hat er gegebenenfalls mit der Herstellerfirma abzuklären.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 18. November 2014 – 23 U 44/14, ibr

Architekt muss die höchsten bekannten Grundwasserstände berücksichtigen!

1. Der Architekt schuldet eine mangelfreie, funktionstaugliche Planung, die neben den Bodenverhältnissen auch die Grundwasserstände berücksichtigt. Er hat seine Planung nach den höchsten bekannten Grundwasserständen auszurichten, auch wenn diese seit Jahren nicht mehr erreicht worden sind. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn der Architekt darlegt und beweist, dass ein Wiederansteigen des Grundwassers auf frühere Werte ausgeschlossen ist.

2. Der Architekt hat dem Statiker die für dessen Berechnung erforderlichen Angaben zu den Grundwasserverhältnissen zur Verfügung zu stellen. Der Architekt hat die ihm übergegebene Statik im Rahmen seiner Fachkenntnisse darauf zu überprüfen, ob seine Planungsvorgaben eingehalten und die besonderen Grundwasserverhältnisse berücksichtigt worden sind.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. Oktober 2014 – 5 U 84/10, ibr

Ingenieur muss die Eignung des vorgesehenen Baumaterials prüfen!

1. Ein mit „Vorplanungen zur Lösung der Aufgabenstellung wie Recherche zum Materialeinsatz und Untersuchung unterschiedlicher Varianten zur Zielvorstellung“ beauftragter Ingenieur hat die Brauchbarkeit des in seine Planung einbezogenen Baumaterials zu überprüfen und den Auftraggeber hierüber aufzuklären bzw. zu beraten.

2. Ein Ingenieur kann von seiner Hinweispflicht entbunden sein, wenn der Auftraggeber Sonderfachleute eingeschaltet hat und der Ingenieur davon ausgehen darf, dass der Fachmann den Auftraggeber über sämtliche Gesichtspunkte aufgeklärt hat. Das gilt insbesondere dann, wenn zwischen dem Auftraggeber und dem Spezialunternehmen für die Lösung einer bestimmten Sonderaufgabe ein selbstständiger Beratungsvertrag geschlossen wurde.

OLG Naumburg, Urt. v. 01. Oktober 2014 – 12 U 18/14, ibr

Abdichtungsarbeiten im Nassbereich eines Schwimmbads sind besonders überwachungspflichtig!

1. Der die Bauaufsicht (Objektüberwachung) führende Architekt hat dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Der Architekt ist dabei nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss allerdings die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Besondere Aufmerksamkeit hat der Architekt auch solchen Baumaßnahmen zu widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben.

2. Zu den Grundleistungen der Leistungsphase 8 gehören unter anderem die Koordinierung der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten, das Aufstellen und Überwachen eines Zeitenplans, das Führen eines Bautagebuchs, die Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter unter Feststellung von Mängeln und das Überwachen der bei der Abnahme der Bauleistungen festgestellten Mängel. Im Rahmen seiner Überwachungspflicht muss der Architekt vor allem sein Augenmerk auf schwierige und gefahrträchtige Arbeiten richten, die typische Gefahrenquellen darstellen oder wenn sich im Verlaufe der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Abdichtungs- und Fliesenarbeiten in einem Nassbereich eines Schwimmbads sind ein Bauabschnitt, dem zentrale Bedeutung zukommt, gleichbedeutend mit dem Gelingen des gesamten Werks. Bei dem Gewerk der Fliesen- und Abdichtungsarbeiten in den Nässebereichen eines Schwimmbads, anders als in den Trockenbereichen, handelt es sich nicht um handwerkliche Selbstverständlichkeiten. Dies verpflichtet den Architekten zu einer besonderen Bauüberwachung.

OLG Koblenz, Urt. v. 30.September 2014 – 3 U 413/14, ibr

Fazit:

Die Rechtsprechung legt die Messlatte für Architekten und Planer ständig höher. Diese kommen zur Vermeidung von Haftungsfällen kaum noch um eine ständige Fortbildung und ggf. kompetente Partner für Rechtsfragen während der laufenden Auftragsbearbeitung herum.  

Sie erreichen uns mit Hauptsitz in Erfurt und Zweigstellen in Tabarz sowie Eisenach.

Stefan Swierczyna

RFTH

Fachanwalt f. Bau- u. Architektenrecht

Fachanwalt f. Verwaltungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Grünert, Swierczyna, König - Rechtsanwälte | Fachanwälte

Beiträge zum Thema