Kündigen auf ärztlichen Rat - Was beachten?

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Ein schlechter Job macht unglücklich und im schlimmsten Fall sogar krank: Burnout, Boreout oder Depression sind ernste psychische Erkrankungen, die sich auch körperlich auswirken können. Ihr Arzt empfiehlt Ihnen die Kündigung, um Ihren Stress zu lindern. Was tun?

Risiken einer Kündigung auf ärztlichen Rat

Klassisches Risiko ist die Sperrzeit: Wenn Sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG) haben, kann Ihre Eigenkündigung eine sog. „Sperrzeit“ nach sich ziehen. Das bedeutet, dass Sie für die Zeit nach Ihrer Kündigung für bis zu 12 Wochen kein Arbeitslosengeld erhalten. Ihr ALG-Bezug ist um diese Zeit gekürzt, weil Sie die Arbeitslosigkeit durch die Eigenkündigung selbst hervorgerufen haben.

Krankheitsbedingte Kündigung ohne Sperrzeit?

Eine Sperrzeit wird nicht verhängt, wenn Sie für die Kündigung einen wichtigen Grund vorweisen können. Sie müssen der Agentur für Arbeit also nachweisen, dass Ihre gesundheitlichen Probleme so schwerwiegend sind, dass Ihre bisherige Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werden kann oder zumindest wesentlich serschwert ist. Auf deutsch: Weiterbeschäftigung muss unzumutbar sein.

Was reicht dem Arbeitsamt nicht?

Folgende Fälle reichen dem Arbeitsamt regelmäßig nicht aus:

  • Sie haben Tinnitus, aber dadurch keine bedeutsame Einschränkung.
  • Sie sind entgegen ärztlichem Rat nicht zum Psychotherapeuten gegangen.
  • Sie haben schlicht keine Lust mehr.
  • Sie haben kein ärztliches Attest.

Alle diese Fälle haben gemeinsam, dass es an Leidensdruck fehlt. Die Sozialgerichte weisen in diesen Fällen Klagen gegen die Verhängung der Sperrzeit ab.

Es ist möglich, dass das Arbeitsamt zusätzliche Informationen oder ärztliche Stellungnahmen anfordert, um Ihren Fall zu prüfen. Das heißt aber nicht, dass eine Kündigung auf ärztlichen Rat schlechthin unmöglich ist -- im Gegenteil!

Was reicht dem Arbeitsamt?

Das Arbeitsamt benötigt Ihre Begründung, warum Ihnen Ihr bisheriger Job nicht mehr zumutbar ist, damit Sie keine Sperrzeit bekommen. Folgende Dinge werden (in der Regel) akzeptiert:

  • Ihre Arbeitsbedingungen sind miserabel: Ihr Chef achtet nicht auf Arbeitssicherheit und Unfallverhütungsvorschriften
  • Sie werden durch Kollegen gemobbt
  • Sie werden schikaniert und mit Aufgaben konfrontiert, die Sie nicht bewältigen können
  • Sie erleiden arbeitsbedingt starke gesundheitliche Beeinträchtigungen

Ein Fall aus der jüngsten Vergangenheit zeigt, dass unendlich viele Konstellationen denkbar sind, welche die Agentur für Arbeit dazu bewegen, Ihnen doch Leistungen zu bewilligen:

der Arbeitnehmer war "Aussteiger" einer Organisation, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Er kündigte seine Arbeit und beantragte ALG. Das Amt ließ gelten, dass ihm eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar war und verhing keine Sperrzeit.

Was will das Arbeitsamt von mir wissen?

Das Arbeitsamt will in erster Linie die Gründe für Ihre (Eigen-)Kündigung wissen. Sie sollen darlegen, was Sie versucht und unternommen haben, um die krankheitsauslösenden Gründe zu beseitigen (z.B. Bitte um Versetzung, Beschwerde über schlechte Arbeitsbedingungen, etc.). Möglicherweise sollen Sie darlegen, ob Sie selbst gekündigt haben, um einer Kündigung Ihres Chefs zuvorzukommen oder welche Nachteile sich für Sie aus einer Kündigung ergeben.

Achtung: das Arbeitsamt kann Ihre Stellungnahme Ihrem Arbeitgeber vorlegen und dessen Meinung hierzu einholen.

Unter Umständen sollen Sie die AU, Gesprächsprotokolle oder schriftliche Schilderungen als Belege einreichen. In den meisten Fällen ist dies kein Problem: erfahrungsgemäß können viele betroffene Arbeitnehmer abendfüllend erzählen, woran es genau hängt. Ärzte zeigen sich oft kooperativ.

Was soll ich jetzt tun?

Vorab: Nicht überstürzt kündigen.

Sozialrechtlich wird auf Ihren speziellen Einzelfall abgestellt. Es bietet sich also an, sich anwaltlich beraten zu lassen, um Fehler auszuschließen. Sie können nun wie folgt vorgehen, um trotz Eigenkündigung an der Sperrzeit vorbeizukommen:

  1. Sie rufen das Arbeitsamt an und erörtern das Problem. Ihr Sachbearbeiter entscheidet nämlich über die Sperrfrist.
  2. Sie erhalten vor Ort einen Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf ärztlichen Rat, den Sie ausfüllen können. Dies nehmen Sie mit zum Arzt, denn der muss seinen Rat hier eintragen.
  3. Sie können sich (auch alternativ) ein ärztliches Attest ausstellen lassen, in dem Ihr Arzt nachvollziehbar zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses rät.

Es ist wichtig, dass Sie vor Ihrer Kündigung zum Arzt gehen. Auch dies wird im Formular oder der AU von Ihrem Arzt vermerkt. Auch liegt nicht in jedem Attest eine für das Arbeitsamt ausreichende Diagnose. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, kontaktieren Sie vorab einen Anwalt, der sich mit dem Thema auskennt.

Achtung: Alternativ können Sie auch zunächst zum Arzt gehen. Dann können Sie "gewappnet" mit der Agentur für Arbeit sprechen und auf den ärztlichen Rat verweisen. 

Muss mich mein Arbeitgeber kündigen?

Nein, einen Anspruch auf Kündigung durch Ihren Arbeitgeber haben Sie nicht.

Bekomme ich eine Abfindung?

Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es nicht. Abfindung ist Verhandlungssache. Noch schwieriger ist es, wenn Sie selbst kündigen. Ihr Arbeitgeber wird regelmäßig nur eine Abfindung zahlen, wenn er Sie sonst nicht los wird.

Aber: wenn Ihr Arbeitgeber für Ihre Krankheit verantwortlich ist, weil Sie z.B. gemobbt wurden, kommt ein Anspruch auf Schadensersatz in Frage.

Auch kommt eine Abfindung in Frage, wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird. Hier besteht allerdings das oben geschilderte Risiko der Sperrzeit.

Lesen Sie mehr im Artikel „Abfindung: Wann, wie hoch & warum?“.

Alternativen zur Eigenkündigung aufgrund von Krankheit?

Wer im Job krank wird, hat erstmal Anspruch auf 6 Wochen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Darüber hinaus besteht für maximal 78 Wochen Krankengeld innerhalb von 3 Jahren. Nur wenn dies nicht für Sie in Frage kommt, um Ihr Leiden angemessen zu adressieren oder Sie seelisch am Ende sind, denken Sie über eine Kündigung nach.

Kontaktieren Sie einen Anwalt!

Bereiten Sie sich gut auf eine Kündigung auf ärztlichen Rat vor und holen sich fachkundigen Rat. Rufen Sie kurz durch und erhalten direkt eine Ersteinschätzung von Rechtsanwalt Aaron Albrecht unter 06621-911 20 50 oder schreiben eine E-Mail an info@kanzlei-hersfeld.de.


Kanzlei Albrecht
Am Markt 9
36251 Bad Hersfeld

www.kanzlei-hersfeld.de

RA Albrecht vertritt mittelständische Unternehmen und Arbeitnehmer in Kündigungsstreits und allen anderen Belangen des Arbeitsrechts.

Foto(s): https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-die-ihre-hande-beim-sitzen-auf-dem-boden-mit-macbook-pro-auf-schoss-anhebt-3813341/; https://www.pexels.com/de-de/foto/ein-mann-im-roten-hemd-das-sein-gesicht-bedeckt-3760043/; https://www.pexels.com/de-de/foto/bewerberin-die-ihre-dokumente-weitergibt-3760072/

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