Auch die Betriebskosten sind nach der tatsächlichen Fläche abzurechnen

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Mit Urteil vom 30.05.2018 hat der Bundesgerichtshof nun auch die erwartete Kehrtwende im Hinblick auf die Betriebskosten vollzogen, wenn tatsächliche und vertraglich vereinbarte Fläche voneinander abweichen. Er folgt der Linie des Urteils vom 18.11.2015 (BGH, Urteil vom 18.11.2015 – VIII ZR 266/14), nach dem bei der Berechnung der Miete allein die tatsächliche Wohnungsgröße maßgeblich ist.

Der Ausgangsstreit

Die Parteien sind über einen Wohnraummietvertrag für eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus miteinander verbunden. Die tatsächliche Wohnungsgröße beträgt 78,22 m². In dem Mietvertrag ist die Wohnfläche mit 74,59 m² vereinbart.

Die Vermieterin rechnete über die Heizkosten für die Jahre 2013 und 2014 ab und legte hierbei die tatsächliche Größe der Wohnung zugrunde. Die Mieter waren der Meinung, dass die vertraglich vereinbarte Wohnungsfläche Grundlage der Abrechnung sein muss und behielten den Differenzbetrag ein. Die Vermieterin klagte auf Zahlung. Sowohl Amtsgericht als auch Landgericht gaben der Vermieterin Recht.

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof bestätigt die Entscheidung der Instanzgerichte. Betriebskosten sind nach der tatsächlichen Wohnungsgröße abzurechnen.

Zwar bleibt der Bundesgerichtshof dabei, dass ein Abweichen von vertraglich vereinbarter zu tatsächlicher Wohnungsgröße erst dann einen Mangel der Mietsache darstellt, wenn die tatsächliche Wohnfläche mehr als 10 % unter der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche liegt. Er erklärt dann aber, dass nicht in jedem Fall, in dem die Größe der Wohnung ein notwendiger Beurteilungsmaßstab ist, von dieser Grenze 10+ %-Grenze auszugehen ist.

„Auch wenn der Umlage von Betriebskosten eine absolute Verteilungsgerechtigkeit nicht erreicht werden kann und vom Gesetz auch nicht verlangt wird, erfordert eine in der gebotenen Gesamtschau angemessene und nach allen Seiten interessensgerechte Verteilung von Betriebskosten grundsätzlich das objektiv entstandene und für eine geschlossene Wirtschaftseinheit einheitlich erfasste Betriebskosten nach einem objektiven Abrechnungsmaßstab umgelegt werden, der gleichermaßen für alle zur Wirtschaftseinheit zählende Nutzer gilt.“ (BGH, Urteil vom 30.05.2018 – VIII ZR 220/17, Rn. 22). Deshalb müssen Betriebskosten, die ganz oder teilweise nach Wohnflächenanteilen umgelegt werden, nach dem Anteil der tatsächlichen Wohnfläche der Wohnung im Verhältnis zu der tatsächlichen Gesamtwohnfläche der Wirtschaftseinheit abgerechnet werden.

Praxistipp

Zwar ist es in der Entscheidung der Vermieter, der auf Grundlage einer größeren Wohnfläche höhere Betriebskosten von den Mietern verlangt. Die Entscheidung stellt für Vermieter aber ein gewaltiges Risiko dar.

Wenn sich der Mieter bei einer Betriebskostenabrechnung auf eine geringere Größe seiner Wohnung beruft, kann der Vermieter (theoretisch) die gegenüber dem Mieter zu wenig berechneten Kosten auf die übrigen Mieter umlegen. Dies wird aber voraussetzen, dass der Vermieter eine Nachmessung noch innerhalb der Abrechnungsfrist durchführen kann. Eine Korrektur der Abrechnung nach Ablauf der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB ist nur dann möglich, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat (§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB). Durch den Bundesgerichtshof wurde bereits mehrfach erklärt, dass eine fehlerhafte Wohnflächenberechnung in den Risikobereich des Vermieters fällt. Ob sich der Vermieter auf Unkenntnis der fehlerhaften Wohnfläche berufen kann, dürfte zweifelhaft sein.

Vor allem wird sich der Mieter in Betriebskostenprozessen wohl darauf berufen können, dass die Gesamtwohnfläche des Wohnhauses nicht korrekt berechnet wurde. Es ist der Vermieter, der dann die Gesamtwohnfläche nachweisen muss. Dies dürfte spätestens, wenn man seine Eigentumswohnung vermietet, problematisch sein, da die gesamte WEG dann die Fläche nachmessen muss.

Vermietern wird daher dringend geraten, die Wohnfläche des Hauses in absehbarer Zeit auszumessen, um gegen unliebsamen Überraschungen gewappnet zu sein. Wie bereits erklärt, dürfte auch im Rahmen von Modernisierungsmieterhöhungen ebenfalls auf die tatsächliche Fläche abzustellen sein. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Berechnungsweise der Wohnfläche ausdrücklich in dem Mietvertrag zu vereinbaren. Eine Möglichkeit von der bislang selten Gebrauch gemacht wird.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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