Auch für nach Stunden bezahlte Detektive sind Sozialabgaben fällig

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Die sozialrechtliche Einordnung von „freien“ Mitarbeitern war und ist weiterhin für die betroffenen Unternehmen ein Vabanquespiel, wie eine jetzt bekannt gewordene Entscheidung des LSG Hessen zeigt (Beschl. v. 12.05.2020, Az. L 1 BA 27/18, vgl. LTO „Detektive sind abhängig beschäftigt“ vom 12.5.2020). 

Eine Detektei aus Hessen übernahm für Supermärkte die Überwachung der Verkaufsräume und setzte hierfür keine Arbeitnehmer ein, sondern (nach ihrer Ansicht) selbständige Detektive, die ihre Leistungen stundenweise abrechneten und für die keine Sozialabgaben abgeführt wurden. Nach einer Betriebsprüfung verlangte die DRV insgesamt 65.000 EUR an Kranken-, Pflege-, Renten und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. Der Inhaber wehrte sich gegen den Bescheid mit dem Argument, dass er die Aufträge an die selbständigen Detektive weiterreiche und lediglich als Ansprechpartner zur Verfügung stünde. Diese Ansicht teilte weder das Sozialgericht noch das Landessozialgericht in der Berufungsinstanz. 

Da formal offenbar kein Arbeitsverhältnis vorlag, musste die Natur des Dienstvertrags durch eine Wertung des Gerichts erfolgen. Zur Abgrenzung werden dabei unterschiedliche Gesichtspunkte herangezogen, die im Wesentlichen auf den Grad der Eingliederung in den Betrieb oder den Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Beschäftigten abstellen. Anhand der Kriterien wird dann bewertet, ob ein Beschäftigter Arbeitnehmer (dann sozialversicherungspflichtig) oder ein freier Mitarbeiter (dann nicht sozialversicherungspflichtig) ist. 

Vorliegend sprach nach den bekannt gegebenen Umständen alles für eine Eingliederung der Mitarbeiter in den Betrieb und damit für eine Arbeitnehmerstellung. Die Detektei berechnete für den Einsatz gegenüber den Kunden einen Betrag von 15.50 EUR/Stunde, während lediglich zwischen 8,00 EUR und 11,50 EUR an die Detektive gezahlt wurden. Außerdem traten die Detektive nach außen hin im Namen der Detektei auf und waren den Weisungen der Detektei unterworfen.

Der vorliegende Fall ist in gewisser Hinsicht symptomatisch. Angesichts der dargestellten Struktur des Betriebs war naheliegend, dass die Beschäftigten als Arbeitnehmer eingestuft werden würden. Die nach Außen kommunizierte anderweitige Einordnung diente lediglich dazu, dem Arbeitgeber den Arbeitgeberanteil an den Sozialabgaben zu zahlen, die dann (teilweise) von den Arbeitnehmern aus ihrer Vergütung beglichen werden mussten. 

Unabhängig davon, ob dies konkret strafrechtliche Konsequenzen hat – es wird nicht immer konsequent verfolgt – erfolgt eine Sanktionierung jedoch auf monetärer Ebene. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile abzuführen, kann dafür aber die Arbeitnehmeranteile vom Lohn/Gehalt abziehen und muss nur das Nettogehalt auszahlen. Faktisch hat er jedoch Lohn/Gehalt vollständig ausgezahlt, wovon der Arbeitnehmer die von ihm als vermeintlich Selbständigen geschuldeten Abgaben gezahlt hat. 

Nach Feststellung der abhängigen Beschäftigung kann nun der Arbeitnehmer unter Umständen die von ihm gezahlten Beiträge von den Sozialversicherungsträgern zurückfordern (da es hierfür keine Rechtsgrundlage gab), der Arbeitgeber muss jedoch die vollen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zahlen. 

Es stellt sich daher die Frage, ob der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer wenigstens die Arbeitnehmeranteile herausverlangen kann, da er diese ja wirtschaftlich ohnehin hätte tragen müssen. Die Antwort ist für die Juristerei typisch: Ja, aber...! Zwar kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile mit zukünftigen Gehaltszahlungen (unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen) verrechnen, dies aber in der Regel nur für die nächsten drei Monate. Da der Arbeitgeber in der Regel 4 Jahre rückwirkend haftet (im Falle der vorsätzlichen Nichtabführung bis zu 30 Jahre), verbleibt somit ein erhebliches wirtschaftliches Risiko bei dem Arbeitgeber. 

Dies Risiko wird von einer Reihe von Arbeitgebern bewusst eingegangen. In vielen Fällen fällt es aber auch den Unternehmen und Steuerberatern schwer, eine ordnungsgemäße Einordnung in den Grauzonen zwischen freier Mitarbeit und abhängiger Beschäftigung vorzunehmen, weil es nicht auf Arbeitsplatzbeschreibung und Dienstvertrag ankommt, sondern darauf, wie es faktisch gelebt wird. 

In dieser Situation kann dem Arbeitgeber jedoch ein sog. Statusfeststellungsverfahren helfen. Wenn dies ordnungsgemäß durchgeführt wird, ist die DRV an das dort festgehaltene Ergebnis gebunden und stellt dies in der Praxis auch nicht in Frage. 

Sollten Sie hierzu Fragen haben oder eine Beratung wünschen, wenden Sie sich gerne an mich.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

 


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