Auch Versicherungsvertreter haften bei Falschberatung
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Der Unterschied zwischen Versicherungsvertretern und Versicherungsmaklern dürfte hinlänglich bekannt sein:
Der Versicherungsvertreter vertritt ein bestimmtes Versicherungsunternehmen und vermittelt dessen Verträge. Ein Versicherungsmakler hat dagegen keine feste Bindung zu einem Versicherungsunternehmen.
Unterschiedliche Beratungspflichten
Die Beratungspflichten von beiden Berufsgruppen können unterschiedlich ausfallen. So dürften die Beratungspflichten eines Versicherungsmaklers im Zweifel weitergehen als die eines Versicherungsvertreters. Beim Versicherungsvertreter ist schließlich klar, dass dieser für ein Versicherungsunternehmen auftritt und dessen Verträge vermitteln will.
Auch Versicherungsvertreter schuldet ordnungsgemäße Beratung
Trotzdem treffen auch den Versicherungsvertreter grundsätzlich Beratungspflichten.
Das OLG Saarbrücken (Urteil vom 26.04.2017, Az. 5 U 36/16) hatte sich mit der Umdeckung einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu beschäftigen.
Zunächst hält das OLG Saarbrücken fest, dass die Beratungspflichten des Versicherungsvertreters schwächer ausgeprägt sind, gleichwohl jedoch vorhanden sind:
„Ein Versicherungsvertreter schuldet im Vergleich zum Versicherungsmakler nur eine eingeschränkte Produktberatung und muss grundsätzlich seine eigene Marktposition nicht schwächen. Gleichwohl muss auch er über diejenigen Punkte, die für den Abschluss des konkreten Vertrages üblicherweise von wesentlicher Bedeutung sind, aufklären und etwaige irrige Vorstellungen des Versicherungsnehmers in zentralen Punkten richtigstellen.“
Ausgehend von diesem Grundsatz hat das OLG Saarbrücken folgende Pflichtverletzungen des Versicherungsvertreters festgestellt:
Beratungspflicht: Korrekter Vergleich der Versicherungsprämien
Der Versicherungsvertreter hatte die Prämien des neuen und des alten Versicherungsvertrages miteinander verglichen und kam zu dem Ergebnis, dass der neue Versicherungsvertrag günstiger sei. Hierbei wurden jedoch der Nettobeitrag und der Bruttobeitrag verglichen, also „Äpfel mit Birnen“.
Beratungspflicht: Keine vorschnelle Kündigung
Eine weitere Pflichtverletzung im Sinne des § 61 VVG sah das Gericht darin, dass mit der Kündigung des bestehenden Versicherungsvertrages nicht zugewartet wurde, bis eine Zusage der neuen Versicherung zu den gewünschten Bedingungen vorgelegen hat.
Dieser Beratungsfehler dürfte in der Praxis häufiger vorkommen, insbesondere bei Versicherungen, die mit einer Gesundheitsprüfung des Versicherungsnehmers verbunden sind (Berufsunfähigkeitsversicherung, Private Krankenversicherung etc.).
So ist auch im entschiedenen Fall dem Versicherungsnehmer ein Schaden entstanden. Der neue Versicherer wollte wegen einer Vorerkrankung ein bestimmtes Risiko nicht versichern (Risikoausschluss). Somit war die neue Berufsunfähigkeitsversicherung vom Umfang her schlechter als der alte Versicherungsvertrag.
Schadensersatz geschuldet
Verletzt der Versicherungsvertreter oder der Versicherungsmakler seine Beratungspflichten, so ist er dem Kunden zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schaden liegt im Abschluss eines unvorteilhaften Versicherungsvertrages; sei es, dass dieser teurer ist als versprochen oder nicht den Leistungsumfang hat, wie versprochen.
In beiden Fällen wurde der Kunde unnötigerweise schlechter gestellt.
Wenn Sie den Eindruck haben, Ihnen wurde ein unvorteilhafter Versicherungsvertrag empfohlen, so kann sich eine anwaltliche Überprüfung lohnen. Immerhin handelt es sich meist um langfristige Verträge und ein unvollständiger Versicherungsschutz kann für böse Überraschungen sorgen.
Robert Nebel, M. A.
Rechtsanwalt
Licenciado en Derecho
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