Augen auf im Baurecht!

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Es gibt lesenswerte Entscheidungen von Gerichten, die hier angesprochen werden. Die eigene negative Erfahrung kann man sich sparen, wenn man die sich die Erfahrungen anderer vor Gericht mal zu Gemüte führt.

Die erste Entscheidung behandelt die Tücken der mündlichen Auftragserteilung. Das Kammergericht Berlin hat mit Urteil vom 04.12.2012 – 27 U 174/11 – ein praxisrelevantes Urteil entschieden, was in der Baupraxis oftmals zu Irritationen führt, jedoch rechtlich richtig ist.

Der Auftragnehmer, ein Bauunternehmen, verlangt von der Eigentümerin des Baugrundstücks Werklohn für ausgeführte Umbauarbeiten in Höhe von 300.000,00 €. Die Eigentümerin wendet ein, nicht sie, sondern ihr Vater habe den Auftragnehmer beauftragt. Hinzu kam, dass der Auftragnehmer gewusst hat, dass die Eigentümerin nicht Auftragnehmerin werden sollte. Denn er hat während des Bauvorhabens gefragt, wer die Zwischenrechnung bezahlen soll und diese weisungsgemäß auf den Namen des Vaters ausgestellt.

Der Auftragnehmer ist jedoch der Ansicht, dass zwischen ihm und der Eigentümerin, die durch den Vater vertreten wurde, ein Werkvertrag geschlossen worden ist. Das Kammergericht ist anderer Auffassung und weist die Klage ab.

Ganz klar stellt das Kammergericht fest, dass vertragliche Ansprüche zwischen der Eigentümerin und dem Auftragnehmer nicht bestehen. Das Kammergericht hat entschieden, dass ein konkludenter Vertragsabschluss mit der Eigentümerin allein aufgrund des Umstandes, dass sie Eigentümerin des Grundstückes ist, nicht in Betracht kommt. Der Baupraxis muss bewusst sein, dass ein Eigentümer nicht automatisch auch Auftraggeber ist. Dies wird immer noch übersehen. Die Eigentümerstellung darf nicht mit der schuldrechtlichen Beauftragung verwechselt werden. Die Eigentümerstellung hat mit dem schuldrechtlichen Vertrag gar nichts zu tun. Gleiches gilt übrigens auch, wenn ein Mieter einen Handwerker beauftragt. In dem Fall kann der Handwerker auch nicht davon ausgehen, dass ein Vertrag mit dem Wohnungseigentümer zustande kommt. Bereits aus diesem Grunde hatte der Bauunternehmer diesen Rechtsstreit bereits verloren.

Hinzu kam auch das spätere Verhalten des Auftragnehmers, dass dieser bei Beauftragung der Arbeiten selbst nicht von einem Vertragsschluss mit der Eigentümerin ausgegangen ist. Denn anders ist nicht zu erklären, dass er während des Bauvorhabens nachgefragt hat, wer die Zwischenrechnung bezahlen soll und die Rechnung auf den Vater ausstellte. Deshalb hat der Auftragnehmer hier Pech gehabt. Natürlich kann der Auftragnehmer den Vater verklagen.

Es kann auch nicht eingewandt werden, dass die Bauleistung zu einer Wertsteigerung des Grundstücks geführt hat. Denn der Auftragnehmer wusste, dass die Eigentümerin nicht seine Vertragspartnerin ist. Deshalb hat der Auftragnehmer in der Praxis dafür Sorge zu tragen, dass er am besten mehreren Vertragspartnern und damit mehreren Schuldnern gegenübersteht. Der Auftragnehmer hätte darauf bestehen sollen, wenn die finanzielle Vermögenslage des Vaters ihm unbekannt ist, dass er, wenn er die Bauleistung für das Grundstück der Eigentümerin erbringt, auch diese in den Vertrag mit einbezogen wird. Denn in dem Fall hätte das Grundstück zur Realisierung seines Werklohnanspruches zur Verfügung gestanden. Deshalb kann man dem Auftragnehmer nur raten, den Grundstückseigentümer immer in den Vertrag mit einzubeziehen und das schriftlich. Eine schriftliche Bestätigung des Grundstückseigentümers reicht.

Von den Tücken der Auftragserteilung geht es nunmehr zu dem Recht auf Nachbesserung beim BGB-Vertrag. Diese Entscheidung hat das OLG Koblenz, Beschluss vom 27.03.2014 – 3 U 944/13 – getroffen. Es soll nochmals das Zusammenspiel von Nachbesserungsrecht des Auftragnehmers und dem Recht auf Selbstvornahme durch den Auftraggeber aufgezeigt werden. Grundsätzlich ist es so, dass der Auftragnehmer zunächst bei einer gesetzten Nacherfüllungsfrist ein Nachbesserungsrecht hat. Dieses Nachbesserungsrecht erlischt jedoch nach Ablauf der ihm gesetzten Nacherfüllungsfrist gemäß § 637 Abs. 1 BGB. Nach Ablauf dieser Frist steht dem Auftraggeber das Recht zur Selbstvornahme zu. Ab diesem Zeitpunkt, also nach dem Ablauf der Nacherfüllungsfrist darf der Auftragnehmer die Nachbesserung nicht mehr vornehmen. Der Auftraggeber ist nicht mehr verpflichtet, die vom Auftragnehmer angebotene Nachbesserung anzunehmen. Jedoch kann der Auftraggeber hingehen und dieses Nachbesserungsrecht des Auftragnehmers wieder aufleben lassen. In dem Fall verliert der Auftraggeber sein Selbstvornahmerecht, wenn er die Nachbesserung des Auftragnehmers nach Fristablauf wiederum zulässt.

Abschließend werden noch zwei Fälle dargestellt, wann der Werklohn auch ohne Abnahme fällig ist. Dies geht wiederum auf ein Urteil des OLG Koblenz, Urteil vom 17.01.2013 – 1 U 201/12 – zurück. In dem Fall verlangt ein Nachunternehmer von dem Hauptunternehmer Vergütung in Höhe von 11.000,00 €. Die Schlussrechnung prüfte der Hauptunternehmer und kürzte bzw. strich einige Positionen ganz, so dass sich nach seiner Ansicht nach Rechnungsprüfung eine berechtigte Forderung von rund 7.000,00 € ergab. Das OLG Koblenz hat entschieden, dass der Werklohn fällig ist, weil aufgrund der Rechnungsprüfung und Rechnungskürzung das Werkvertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt worden ist. Die Entscheidung befasst sich mit der baurechtlichen Frage, ob der Vergütungsanspruch des Unternehmers fällig ist, obwohl keine Abnahme stattgefunden hat oder sich eine solche Abnahme jedenfalls nicht feststellen lässt. In der Rechtsprechung ist von besonderer Bedeutung das sogenannte Abrechnungsverhältnis. Ein solches Abrechnungsverhältnis liegt vor, wenn der Auftraggeber wegen Mängeln nur noch auf Zahlung gerichtete Mängelansprüche geltend macht. Eine Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung ist dann entbehrlich, weil der Besteller selbst keine Erfüllung bzw. Nacherfüllung mehr will. Wenn der Auftraggeber wie hier die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen den Werklohn erklärt, so soll ein Abrechnungsverhältnis vorliegen, da er in dem Fall keine Nacherfüllung mehr begehrt.

Gleiches gilt auch für den Fall, dass Restwerklohn auch ohne Abnahme nach Kündigung fällig wird. Dies hat das OLG Naumburg in seinem Urteil vom 10.10.2013 – 1 U 96/12 – entschieden. Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit der Sanierung eines Bades auf Grundlage eines BGB-Werkvertrages. Aufgrund von zahlreichen Mängeln kommt es nicht zur Abnahme. Der Auftraggeber fordert den Auftragnehmer wiederholt ergebnislos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auf. Nachdem der Auftragnehmer innerhalb der gesetzten Frist keine Mängelbeseitigung vornimmt, kündigt der Auftraggeber den Vertrag und beauftragt ein Drittunternehmen mit der Mängelbeseitigung. Der Auftragnehmer geht hin und klagt seinen Restwerklohn in Höhe von 8.000,00 € ein. Die Mängelbeseitigungskosten beliefen sich auf 4.000,00 €. Das OLG Naumburg gibt ihm recht. Ein Restwerklohnanspruch ist grundsätzlich fällig. Die fehlende Abnahme steht dem nicht entgegen. Abziehen lassen muss er sich jedoch die Mängelbeseitigungskosten. Hier ist ebenfalls ein Abrechnungsverhältnis eingetreten. Der Auftraggeber macht im Wege der Aufrechnung Selbstvornahmekosten geltend und verlangt keine Nacherfüllung mehr. Damit ist der Erfüllungsanspruch entfallen und es liegt ein Abrechnungsverhältnis vor. Nach der ständigen Rechtsprechung ist in dem Fall die Abnahme keine Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruchs, auch nach einer Kündigung nicht. Nichts desto trotz sollte der Auftragnehmer auch nach Kündigung auf jeden Fall die Abnahme verlangen, um die Abnahmewirkung herbeizuführen. Nach Kündigung geht es insbesondere darum, nicht nur die Abnahme zu verlangen, sondern auch ein gemeinsames Aufmaß, um den Bautenstand feststellen zu lassen. Dies ist wichtig, um eine ganz klare Schnittstelle zu definieren zwischen der vom Auftragnehmer erbrachten Leistungen vor Kündigung und der dann durch ein Drittunternehmen erfolgten Leistungen nach Kündigung. Hierüber gibt es in der Baupraxis immer wieder Streit, die durch das Verlangen eines gemeinsamen Aufmaßes abgestellt werden können.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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