Ausländisches Pflegepersonal darf rein – Fachkräftemangel, Corona und Aufenthalt – Teil 2

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B. Einreise- und Einstellungsmöglichkeiten bezogen auf visumspflichtiges Pflegepersonal

Grundsätzliche Voraussetzung ist die Erteilung eines Visums zur Einreise durch die Deutsche Botschaft des jeweiligen Herkunftslandes – jedenfalls insoweit hier keine Berechtigung zur Antragstellung aus dem deutschen Inland heraus vorliegt. Unter welchen Bedingungen die Botschaft arbeitet, an welche Stelle man sich wenden muss, entnehmen Sie bitte der Internetseite der jeweiligen Botschaft. In der Regel wird zumindest ein Notfallbetrieb aufrechterhalten, an den sich der Einreisende zwecks Visumsbeantragung wenden kann.

I. Bereits gelernte Kräfte

1. Bei Gleichwertigkeit der bereits erfolgten Qualifikation zu den hiesigen Qualifikationen

§ 18 a AufenthG

Das Visum bzw. die nach erfolgter Einreise ggf. zu erteilende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 18 a AufenthG setzt neben der im Herkunftsstaat absolvierten Ausbildung, der Lebensunterhaltssicherung und dem Vorliegen entsprechender Sprachkenntnisse (Prüfung durch Arbeitgeber bzw. durch Behörde, die über Berufsausübungserlaubnis entscheidet) die Feststellung der Gleichwertigkeit der Ausbildung zu der entsprechenden deutschen Ausbildung / die Erteilung der Berufsausübungserlaubnis (im Falle einer reglementierten Beschäftigung), voraus. Dieses Feststellungsverfahren muss bereits vor der Visumsbeantragung durchgeführt worden sein. Selbiges gilt für das Zustimmungserfordernis der Bundesagentur für Arbeit, welche insbesondere die gleichwertigen Arbeitsbedingungen prüfen, aber eben keine Vorrangprüfung durchführt – soweit die Beschäftigtenverordnung nichts anderes bestimmt, vgl. § 18a i. V. m. § 39 II AufenthG. Ob in Deutschland bevorrechtigte Arbeitnehmer existieren, ist also irrelevant. Vorliegen müssen also die Bestätigung der Gleichwertigkeit, die Zustimmung der BA und ein konkretes Arbeitsplatzangebot (welches in Verbindung mit der bestätigten Qualifikation stehen muss). Mit diesen Unterlagen kann das Visum beantragt werden.

§ 18 b AufenthG

Diese Regelung setzt selbiges voraus wie der § 18 a AufenthG. Der einzige Unterschied besteht darin, dass hier keine Ausbildung im Herkunftsstaat, sondern eine akademische Ausbildung vorausgesetzt wird, welche anerkannt oder zumindest vergleichbar mit einem hiesigen Studium sein muss.

2. Bei mangelnder Gleichwertigkeit 

§ 16 d I AufenthG i. V. m § 8 II BeschV

Für eine diesbezügliche Visums- und spätere Aufenthaltserteilung sind insbesondere eine abgeschlossene Berufsausbildung im Herkunftsstaat und die bereits erfolgte Feststellung der hiesigen Behörden, dass weitere Qualifizierungsmaßnahmen notwendig aber auch zur Gleichwertigkeitsfeststellung geeignet sind, erforderlich. Grundsätzlich sollte die deutsche Sprache auf dem Niveau beherrscht werden, das für die Teilnahme an den Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich ist (in der Regel A2). Sollte dies nicht der Fall sein, können durch einen vorgeschalteten Sprachkurs entsprechende Sprachfähigkeiten erworben werden, auch dies wäre von dieser AE umfasst. Bereits während der hier (dann) durchzuführenden weiteren Qualifizierungsmaßnahmen kann die einreisende Fachkraft arbeiten, insoweit ein Arbeitsplatzangebot für die Zeit der Parallelbeschäftigung (Arbeit und Qualifikationsmaßnahmen) und ein zweites Arbeitsplatzangebot für die Zeit nach Absolvierung der Qualifikation vorliegt und die Bundesagentur für Arbeit dieser Beschäftigung ebenfalls zugestimmt hat (diese prüft insbesondere Arbeitsbedingungen, keine Vorrangprüfung).

Jedoch muss das Verhältnis zwischen Arbeitstätigkeit und Qualifizierungsmaßnahme ausgewogen sein, sodass der Erfolg dieser Maßnahme nicht gefährdet wird. Durch diese Arbeitstätigkeit wird der Ausländer in die Lage versetzt, seinen Lebensunterhalt von Anfang an in dem erforderlichen Maße (Betrag bemisst sich an den §§ 13, 13 a Bundesausbildungsförderungsgesetz, erhöht um einen Zuschlag von 10 %) selbst zu sichern. Entsprechend sollte die Vergütung für diese Tätigkeit kalkuliert sein. Vorliegen müssen in jedem Fall die Arbeitsplatzangebote, die Beurteilung der in der Heimat erworbenen Qualifikationen als „unzureichend“, Zustimmung der BA und der Nachweis der Lebensunterhaltssicherung. Liegen diese Voraussetzungen vor, soll das Visum bzw. die AE erteilt werden.

§ 16 d III AufenthG i. V. m. § 8 II BeschV

Hier gilt selbiges wie bei der Regelung des § 16 d I AufenthG. Der Unterschied zwischen diesen beiden Regelungen besteht insbesondere darin, dass hier nicht die Feststellung weiterer Qualifizierungsmaßnahmen erforderlich ist, sondern die Feststellung, dass schwerpunktmäßige Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in der betrieblichen Praxis fehlen. Der Unterscheid besteht also darin, worauf sich der Mangel bezieht (I: eher theoretische Ausbildung, II: eher praktische Erfahrung).

3. Bei noch nicht festgestellter Gleichwertigkeit

§ 16 d IV AufenthG i. V. m § 2 I BeschV

Wurde noch kein Anerkennungsverfahren durchgeführt und entsprechend auch keine mangelnde Gleichwertigkeit festgestellt, besteht die Möglichkeit – um bereits die Zeit des Anerkennungsverfahrens effektiv nutzen zu können – ein Visum und späteren Aufenthalt gemäß § 16 d IV AufenthG zu beantragen. Dieser Aufenthalt bedarf also keines vorherigen individuellen Verfahrens auf Anerkennung, vielmehr kann dieses Verfahren auch erst nach Ankunft in Deutschland begonnen werden. Voraussetzung dafür ist neben der Lebensunterhaltssicherung – die sich betragsmäßig wieder an den §§ 13, 13 a Bundesausbildungsförderungsgesetz orientiert, erhöht um 10 % – und der erforderlichen Sprachfähigkeiten (in der Regel A2) insbesondere eine Vermittlungsabsprache der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsverwaltung im Herkunftsstaat. Infolge dieser Vermittlungsabsprachen können Ausländer bereits zum Zwecke der Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation einreisen und direkt nach der Einreise gemäß § 2 BeschV bereits während des Anerkennungsverfahrens im Pflegebereich arbeiten. Voraussetzung dafür ist ein konkretes Arbeitsplatzangebot durch den künftigen Arbeitgeber, ggf. das Vorliegen einer Berufsausübungserlaubnis, die Erklärung des künftigen Arbeitnehmers, dass er das Anerkennungsverfahren bezüglich seiner ausländischen Qualifikation in Deutschland betreiben wird.

II. Ungelernte Kräfte

1. Ausbildung

Neben der Möglichkeit bereits gelernte Arbeitskräfte in den hiesigen Arbeitsmarkt zu integrieren, gibt es auch die Möglichkeit völlig ungelernte Personen hier im Pflegebereich auszubilden.

a. Betriebliche Ausbildung, § 16a I AufenthG i. V. m. § 8 BeschV

Voraussetzung einer diesbezüglichen Aufenthaltserteilung sind neben der primären Voraussetzung eines Ausbildungsangebotes als allgemeine Erteilungsvoraussetzung die Möglichkeit des Einreisenden, den Lebensunterhalt zu sichern. Im Rahmen des Ausbildungsaufenthaltes wird diesbezüglich auf §§ 13, 13a Bundesausbildungsförderungsgesetzes abgestellt. Der Nachweis der Lebensunterhaltssicherung ist auch durch Errichtung eines Sperrkontos oder durch Abgabe einer Verpflichtungserklärung möglich. Sollte es an den erforderlichen Sprachkenntnissen (in der Regel B1, vgl. § 16 a III Satz 2 AufenthG) fehlen, besteht die Möglichkeit eines vorangeschalteten Sprachkurses. Dieser wäre von dem Ausbildungsaufenthalt gedeckt. Zudem bedarf es auch hier der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Die Prüfung der BA (durch Sichtung des künftigen Ausbildungsvertrags) umfasst in dieser Konstellation allerdings eine Vorrangprüfung. D. h., hier wird geprüft, ob es in Deutschland bevorrechtigte potentielle Auszubildende gibt, was die Möglichkeiten dieser Aufenthaltserteilung einschränkt. Sollte die Bundesagentur zustimmen muss dies samt Ausbildungsplatzangebot zur Beantragung eingereicht werden.

b. Schulische Ausbildung, § 16a II AufenthG i. V. m. § 8 BeschV

Handelt es sich um eine schulische Ausbildung ist die Zustimmung der BA nicht erforderlich. Erforderlich ist, dass die schulische Berufsausbildung zu einem staatlich anerkannten Berufsabschluss führt und dass sich der Bildungsgang bei dem jeweiligen Bildungsträger nicht ausschließlich an Staatsangehörige eines Staates richtet. Zur Lebensunterhaltssicherung gilt oben Erwähntes. 

Wichtig: Auch hier muss den Beamten vor Ort verdeutlicht werden, weshalb die Einreise dringend erforderlich ist. Neben dem Ausbildungsvertrag sollte die Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit durch die ausbildende Einrichtung bescheinigt werden, vgl. Bundespolizei, Corona-Virus: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), abgerufen am 30.04.2020

2. Ausbildungssuche, § 17 AufenthG (grundsätzliche Visumserteilung möglich, allerdings genießen Ausbildungssuchende laut Ausführungen der Bundespolizei bei der Einreise keine privilegierte Stellung)

Sollte noch kein Ausbildungsplatz zur Verfügung stehen, gibt es für Zuwanderer die Möglichkeit einer Visums- bzw. Aufenthaltserteilung zur Suche eines solchen, § 17 AufenthG. Dies bezieht sich allerdings nur auf Ausländer, die das 25.Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Auch hier sollte der Lebensunterhalt gesichert sein und die deutsche Sprache auf dem Niveau B2 beherrscht werden. Ferner muss der Ausländer Absolvent einer deutschen Auslandsschule sein oder einen Schulabschluss haben, der ihn – im Heimatland – zum Hochschulzugang befähigen würde. Liegen diese Voraussetzungen vor und werden die entsprechenden Nachweise eingereicht, kann ein Visum ausgestellt werden – jedenfalls wenn keine Versagungsgründe i. S. d. § 19 f IV AufenthG vorliegen.

3. Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung ohne Qualifikation/berufspraktische Erfahrung, § 19 c AufenthG 

Auch ohne entsprechende Ausbildung ist eine Beschäftigung von „Drittstaatlern“ möglich. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass ein Arbeitsplatzangebot vorliegt, dass der Ausländer zu dieser Art der Beschäftigung laut Beschäftigtenverordnung zugelassen werden kann und eine Berufsausübungserlaubnis vorliegt. Auch hier sollten entsprechende Sprachkenntnisse und die Lebensunterhaltssicherung nachgewiesen werden.



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