Ausschlussfrist / Verfallfrist im Arbeitsvertrag ist oft unwirksam – Überprüfung lohnt sich

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Viele Arbeitsverträge und die meisten Tarifverträge enthalten Ausschlussfristen bzw. Verfallfristen. Wozu dienen diese?

Zivilrechtliche Ansprüche können nicht unendlich lange geltend gemacht werden, sondern sie verjähren nach bestimmter Zeit. Die regelmäßige Verjährung (die immer dann gilt, wenn das Gesetz keine andere Verjährungsfrist für den konkreten Anspruch bestimmt) beträgt 3 Jahre; sie beginnt zum Jahrsende.

Hierzu ein Beispiel: Alle Lohnansprüche, die im Jahr 2015 fällig geworden sind, verjähren zum 31.12.2018. Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Jahr 20015 beginnt also mit Ablauf des 31.12.2015 und beträgt dann 3 Jahre.

Mit Ausschlussfristen bzw. Verfallfristen soll diese lange Verjährungsfrist erheblich verkürzt werden. In Arbeitsverträgen ist z. B. oft geregelt, dass Ansprüche verfallen, wenn Sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit bei der Gegenseite schriftlich geltend gemacht werden.

Hierzu ein Beispiel: In der Abrechnung für den Monat Oktober 2015 wird zu wenig Lohn abgerechnet und ausgezahlt. Nach der gesetzlichen Verjährungsfrist könnte der Arbeitnehmer seine Ansprüche bis Ende Dezember 2018 durchsetzen. Wenn eine (wirksame) Ausschlussfrist von 3 Monaten im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, muss der Arbeitnehmer spätestens bis Ende Januar 2016 seine Ansprüche verfolgen (Fälligkeit Lohn für Oktober 2015 am 31.10.2015, Ausschlussfirst 3 Monate endet zum 31.01.2016).

Derartige Ausschlussfristen bzw. Verfallfristen müssen zwar immer wechselseitig gelten (sonst ist die Regelung unwirksam) – aber in der Praxis geht es fast immer um Lohnansprüche der Arbeitnehmer.

Praktisch betrachtet bedeutet dies: Durch Ausschlussfristen bzw. Verfallfristen im Arbeitsvertrag (oder einem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag) werden die Verjährungsfristen für Lohnansprüche des Arbeitsnehmers ganz erheblich verkürzt.

Auch wenn es im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag solche Ausschlussfristen oder Verfallfristen gibt, lohnt sich aber eine Überprüfung. Oft sind die entsprechenden Fristen unwirksam.

Eine Unwirksamkeit kann sich unter anderem aus Folgendem ergeben:

  • Ansprüche auf Mindestlohn sind von der Geltung der Ausschlussfrist/Verfallfrist nicht deutlich ausgenommen (wenn die Klausel sich nach ihrem Wortlaut auch auf Mindestlohnansprüche beziehen würde, ist sie unwirksam) – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2016, 5 AZR 703/15
  • Im Arbeitsvertrag sind Fristen von weniger als 3 Monaten geregelt (3 Monate ist die Mindestfrist für Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen – faktisch alle Arbeitsverträge sind rechtlich als allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren) – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.09.2015, 5 AZR 52/05; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2015, 5 AZR 572/04
  • Der Arbeitsvertrag regelt die Geltung eines bestimmten Tarifvertrages (und im Tarifvertrag sind Ausschlussfristen enthalten), die Einbeziehung des Tarifvertrages als solches ist aber unwirksam (z. B. weil der Arbeitgeber nur für ihn positive Tarifvertragsregelungen einbezieht, für ihn schlechte aber nicht)
  • Zur Einhaltung der Frist ist eine schriftliche Geltendmachung vorgesehen – in allen Arbeitsverträge, die nach dem 01.10.2016 geschlossen werden, muss die sogenannte Textform (z. B. E-Mail) zugelassen sein – gesetzliche Neureglung ab 01.10.2016: gemäß § 309 Nr. 13 BGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen unwirksam, die Anzeigen oder Erklärungen gegenüber dem Vertragspartner an „eine strengere Form als die Textform″ binden

Wenn ein Arbeitnehmer also meint, dass ihm noch Lohnansprüche zustehen (z. B. nicht umgesetzte Tariferhöhung, nicht gezahltes Weihnachtsgeld, nicht gezahlte Überstunden), dann lohnt sich eine Prüfung oft auch dann, wenn der Arbeitsvertrag (oder Tarifvertrag) eine Ausschlussfrist vorsieht – in vielen Fällen ist die Ausschlussfrist/Verfallfrist nicht wirksam.


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