Autocrasher, manipulierte Unfalle – So schützen Sie sich

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Die „betrifft“-Dokumentation vom 02.08.2019 (SWR) verdeutlicht, wie mit manipulierten Unfällen Kasse gemacht wird: Die Versicherungswirtschaft in Deutschland gehe davon aus, dass jeder zehnte Unfall in Deutschland manipuliert ist. Entweder sei er vorgetäuscht, abgesprochen oder provoziert. Der Schaden beliefe sich demnach auf ca. 1,3 Milliarden Euro – eine Summe, die alle Versicherungsnehmer durch Zuschläge auf ihre Versicherungsprämie tragen müssen.

Vorsicht vor sog. Autocraschern

Die Masche der „Autocrasher“ sei immer gleich: Einen Schaden provozieren, ein Gutachten mit weit überhöhten Reparaturkosten vorlegen und bei Ihrer Versicherung abkassieren. Fahranfänger und ältere Menschen sind bevorzugte Opfer. Die Täter rechnen regelmäßig fiktiv ab und halten ihr Tatauto lediglich fahrbereit. Die Versicherungen versuchen regelmäßig auch bei „echten“ Unfällen das sog. Ersetzungsbefugnis des Geschädigten zu unterlaufen. Dabei ist jedoch ausschließlich auf die nach § 249, Abs. 2, Satz 1 BGB erforderlichen Kostenpositionen abzustellen. Ob Kosten tatsächlich angefallen oder ersetzt wurden, ist nicht entscheidend. Dies erfolgt aus dem Umkehrschluss der gesetzlichen Regelung: Denn die einzige Position, die tatsächlich angefallen sein muss, ist nach § 249, Abs. 2, Satz 2 die Mehrwertsteuer. Diese fällt bei fiktiver Abrechnung nur für die Rechnung des Anwalts und des Gutachters an. Die fiktive Abrechnung schützt Sie davor, bei Streitfragen vollständig in Vorleistung gehen zu müssen. Diese macht das „Geschäftsmodell“ der Autocrasher jedoch erst möglich.

Schalten Sie einen Anwalt ein. Setzen Sie bei Verdacht Ihre Haftpflichtversicherung in Kenntnis

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kommt der Geschädigte seiner Darlegungslast hinsichtlich der Schadenshöhe ausreichend nach, wenn der Schaden anhand eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens ermittelt wird. Wenn der Schädiger (also bei fingierten Unfällen das Opfer) nicht konkret die Unrichtigkeit des Gutachtens darlegt, ist nach § 287 ZPO dieses Gutachten die Grundlage der richterlich vorzunehmenden Schadensschätzung. Der Schädiger hat noch nicht einmal das Recht, das geschädigte Fahrzeug zu besichtigen oder zu begutachten. Haben Sie den Verdacht, Opfer eines fingierten Unfalls zu sein, gehen Sie mithilfe Ihres Anwaltes und Ihrer Haftpflichtversicherung gegen das Gutachten vor. Ihre Haftpflichtversicherung ist nur zur Haftung verpflichtet, wenn tatsächlich ein Haftpflichtschaden vorliegt, ansonsten wehrt Sie die Ansprüche ab.

Der Versicherer muss atypische Umstände des Unfalls darlegen

Weil der Versicherer bei dem fraglichen Versicherungsfall selbst nicht dabei gewesen sei, bleibe ihm meist nichts anderes übrig, als Umstände zu benennen, die für eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles sprechen, so die ständige Rechtsprechung. Liegen dann Indizien vor, für die es bei einem echten Unfall keine Erklärung gebe oder die bei einem fingierten Unfall deutlich häufiger auftreten würden, kann dem Versicherer der Beweis der vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalles gelingen. Ausschlaggebend ist eine Gesamtwürdigung von Indizien und der sonstigen Umstände.

Wie Sie sich schützen

Fahren Sie gelassen. Halten Sie sich an die Verkehrsregeln. Seien Sie misstrauisch. Verzichten Sie bei unklarer Verkehrslage auf Ihre Vorfahrt oder wechseln Sie Ihre Fahrtrichtung (insbesondere bei Rechts-vor-Links-Situationen). Halten Sie Abstand von ständig langsamer werdenden Fahrzeugen. Es könnte sein, dass man einen Auffahrunfall herbeiführen will. Achten Sie darauf, wie ein Fahrzeug fährt, nicht welche Handzeichen der Fahrer macht, oder welche Lichtzeichen dessen Fahrzeug abgibt. Der Klassiker: Sie wollen aus einer Straße ausfahren, ein vorfahrtberechtigtes Fahrzeug will dort vermeintlich einbiegen und blinkt rechts, fährt aber geradeaus weiter. Fahren Sie erst los, wenn das Fahrzeug tatsächlich einbiegt. Vorsicht vor der sog. Lichthupe. Diese ist ein Warnsignal. Werden Sie angeblinkt, ist dies zwar normalerweise ein Verzicht auf die Vorfahrt, dies ist rechtlich jedoch unzulässig. Kommt es zu einem Unfall, ist der Lichthupende mit dem Argument, er habe Sie warnen wollen, auf der sichereren Seite. 

Rechtsanwalt Holger Hesterberg, Wolfratshausen, München.

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltverein.



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