Bauhandwerkersicherung und Verbraucher - passt das zusammen?

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Kann der Handwerker von einem Verbraucher eine Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB anfordern?

Wie der Jurist so schön sagt: Es kommt darauf an! Dieses Verhältnis Verbraucher zur Bauhandwerkersicherung ist ein sehr interessantes Thema, was ein Handwerker unbedingt im Blick haben sollte. Gemäß § 650f Abs. 6 BGB kann von einem Verbraucher, wenn es sich um ein Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB oder um einen Bauträgervertrag nach 650u BGB handelt, keine Bauhandwerkersicherung fordern. Bei dem Gesetz geht es um das Ausschlussprinzip. 

In diesen Fällen ist eine Anforderung einer Sicherheitsleistung durch den Auftragnehmer nicht möglich. Nochmals kurz zu dem Sinn und Zweck der Sicherheitsleistung. Der Gesetzgeber hat einen gesetzlichen Anspruch des Auftragnehmers dahin definiert, dass dieser durch die Forderung einer Sicherheitsleistung sein Vorleistungsrisiko absichern kann. Dieses von dem Gesetzgeber zur Verfügung gestellte Instrument wird leider in der Baupraxis kaum genutzt. Das ist schade, da dies ein Instrument ist, um als Auftragnehmer seine Risiken insolvenzfest abzusichern. Die Voraussetzung hierfür habe ich schon in einem anderem Fachbeitrag behandelt. Hier geht es ausschließlich um die Frage, ob der Handwerker von einem Verbraucher eine Bauhandwerkersicherung verlangen kann. Diese Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten. Das Gesetz unterscheidet drei Fälle. 

Diese Dreiteilung stelle ich nunmehr vor: 

Fall 1 ist der einfachste Fall. Ein Bauträger kann von einem Erwerber, der gleichzeitig auch Verbraucher ist, mit dem er durch einen notariellen Kaufvertrag verbunden ist, keine Sicherheitsleistung verlangen. Dieser Fall tangiert die Handwerker nicht, da Handwerker grundsätzlich nicht als Bauträger fungieren. Natürlich können Handwerker, die für einen Bauträger tätig sind, von diesem eine Sicherheitsleistung nach § 650f BGB fordern. Ganz einfach deshalb, da der Bauträger kein Verbraucher ist. 

Der Fall 2 ist schon ein wenig hakeliger. Hier muss ein Verbraucherbauvertrag vorliegen. Das sind Bauverträge mit Verbrauchern durch die der Auftragnehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Dies sind natürlich alles ziemlich unbestimmte Rechtsbegriffe, die sich auch nicht einfach aus sich heraus erklären. Der Bau eines neuen Gebäudes auf einem Grundstück dürfte noch verständlich sein. Hier geht es um die Errichtung von Einfamilienhäusern oder Hof- bzw. Wirtschaftsgebäuden, nicht darunter fallen wohl gemauerte Garagen oder Carports und Gartenlauben, da diese für das Grundstück nur eine untergeordnete Funktion haben. Letztlich kommt es darauf an, ob sich durch den Bau das Gepräge des Grundstücks ändert. Schwieriger wird es bei erheblichen Umbaumaßnahmen. Das sind solche Umbaumaßnahmen, die dem Bau eines Gebäudes vergleichbar sind, also mit erheblichen Eingriffen in die Substanz eines bestehenden Gebäudes verbunden sind. Also dürften bloße Renovierungsarbeiten ausscheiden. Leider sind einige OLG Gerichte hingegangen und haben einen Verbraucherbauvertrag auch angenommen, wenn ein Handwerker nur ein Einzelgewerk ausführt, jedoch für ihn ersichtlich ist, dass auch andere Gewerke in dem Objekt schon da waren oder noch kommen werden, so bei einem vollständig entkernten Haus, wo der Auftragnehmer Parkettarbeiten zu erbringen hat, jedoch andere Gewerke wie Putz, Maler, Trockenbauer, Elektro schon durch waren oder noch kommen. Diese Rechtsansicht halte ich für falsch, da bereits der Wortlaut des § 650i BGB dies überhaupt nicht hergibt. Darüber hinaus ist der Verbraucherschutz nach der europäischen Verbraucherrichtlinie auch eng auszulegen, wie das OLG München richtig in einem neuen Urteil feststellt. Der Verbraucherschutz wird zulasten der Auftragnehmer unzulässig weit ausgedehnt. Dies ist überhaupt nicht notwendig. Dem Verbraucherschutz wurde Genüge getan. Vielmehr ist die Frage zu stellen, wer den Handwerker vor dem Verbraucher schützt. Die Rechtsprechung sieht dem Verbraucher immer als Opfer. Das ist die falsche Sichtweise. 

Im Fall 3 kann der Handwerker von dem Verbraucher immer eine Sicherheit verlangen. Das war bis 2018 beim § 648a BGB nicht möglich. Nunmehr seit der Reform des Werkvertragsrechts ist dies möglich. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ein Bauvertrag nach § 650a BGB vorliegt. Diesen Zusammenhang zwischen § 650f und § 650a BGB muss man verstehen. Warum? Eine Sicherheitsleistung kann formal von einem Verbraucher nicht eingefordert werden, wenn nur ein einfacher Werkvertrag und kein Bauvertrag vorliegt. Dies ist etwas verwirrend, aber wird sofort erklärt. Der Bauvertrag nach § 650a BGB muss vom einfachen Werkvertrag gemäß § 633 BGB abgegrenzt werden. Grundsätzlich gibt es in der Praxis viele Arten von Werkverträgen, so wie ein Softwarevertrag, der ebenfalls auf einen Erfolg gerichtet ist, wenn es um die Herstellung von Individualsoftware geht. In dem Fall kann der Softwareentwickler keine Sicherheitsleistung fordern, da § 650f BGB ausschließlich im Bauvertrag geregelt ist und eben nicht allgemein im Werkvertragsrecht. Bei Bauverträgen geht es immer um die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Dies sind wiederum unbestimmte Begriffe Rechtsbegriffe, die aus sich heraus nicht verständlich sind. Instandhaltungsarbeiten sind nur dann einem Bauvertrag zuzurechnen, wenn die Leistung für die Konstruktion, den Bestand und den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind. Das heißt, wenn sie in die Substanz, also die Konstruktion (tragende Teile, Statik) oder den Bestand (Baukörper) eingreifen und für die dauerhafte Funktionstauglichkeit des Gewerks erforderlich sind. Instandsetzungsarbeiten sind dagegen Wiederherstellungsarbeiten, die typischerweise mit einem Eingriff in die Bausubstanz verbunden sind und somit als Bauvertrag zu qualifizieren sind. 

Dagegen sind Instandhaltungsmaßnahmen nur dann als Bauvertrag zu qualifizieren, wenn sie in die Bausubstanz eingreifen. Einfache Malerarbeiten oder bloße Putzarbeiten oder die Oberflächenversiegelung eines Parketts dürften grundsätzlich als einfacher Werkvertrag einzuordnen sein. Wenn jedoch mit den Putz- bzw. Anstricharbeiten ein Eingriff in Substanz einhergeht, da Fehlstellen im Putzuntergrund bearbeitet werden, die für die Langlebigkeit der Fassade entscheidend sind, so ist dies wiederum als Bauvertrag einzuordnen. Grundsätzlich wird der Rückbau einer Bodenfläche und Neueinbau als Bauvertrag zu qualifizieren sein. Auch eine Baderneuerung durch einen Fliesenleger dürfte als Bauvertrag zu qualifizieren seien. Gleiches gilt für den Rückbau und Neueinbau eines Estrichs. In dem Fall kann der Auftragnehmer von dem Verbraucher eine Sicherheitsleistung verlangen, da ein Bauvertrag vorliegt. 

Damit ist die Dreiteilung nach dem Ausschlussprinzip einmal dargetan. 

Weiter ist durch den Auftragnehmer zu beachten, dass die Anforderung einer Sicherheitsleistung in einer angemessenen Frist erfolgen muss. Diese Frist sollte mindestens dreizehn Werktage, also mindestens 16 Kalendertage beinhalten. Bei der Anforderung sollte auch nur von Sicherheitsleistung gesprochen werden und nicht von einer Bankbürgschaft, da der Auftraggeber die Wahl hat, welche Sicherheit er stellt. Auch sollte die Frist datumsmäßig bestimmt sein, zu der der Verbraucher die Sicherheitsleistung beibringen soll. Voraussetzung für eine solche Sicherheitsleistung ist nur noch, dass ein offener Vergütungsanspruch zugunsten des Auftragnehmers besteht. Das bedeutet, wenn man noch gar nicht angefangen hat, kann man die volle Auftragssumme nach Vertragsschluss fordern. Das ist vielen Auftraggebern als auch Auftragnehmern überhaupt nicht bewusst. Wenn man im Laufe des Bauvorhabens eine Sicherheitsleistung fordert, so wird die Auftragsnummer einfach um die gezahlten Beträge gekürzt. Denn hinsichtlich der bereits gezahlten Beträge besteht ja kein Vorleistungsrisiko mehr. Sollte man noch keine Zahlung erhalten haben, dann ist die gesamte Auftragssumme absicherbar. 

In den Zusammenhang noch kurz zu den Rechtsfolgen einer Sicherheitsleistung. Wenn der Verbraucher keine Sicherheitsleistung beibringt, so kann der Handwerker den Vertrag sofort kündigen. Das ist ein scharfes Schwert. Die Kündigung darf man als Handwerker jedoch erst nach Ablauf der Frist aussprechen. Bloß nicht vorher, dann ist die gesamte Kündigung unwirksam. Über dieses Kündigungsrecht braucht der Handwerker auch nicht zu belehren. Weiter muss der Handwerker nur wissen, dass er sich nicht auf eine befristete Sicherheit einlassen muss. Vielmehr muss der Verbraucher eine unbefristete Sicherheit stellen. Es lohnt sich also, auch bei Verbrauchern über die Anforderung einer Sicherheitsleistung nachzudenken.

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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