Bauinsolvenz vermeiden: Ein Leitfaden für Verbraucher

  • 7 Minuten Lesezeit

Rechtliche Absicherungsstrategien für jede Bauphase

In diesem Beitrag geben wir Ihnen die wichtigsten Hinweise, die Sie bei der Auswahl eines neuen Bauprojektes unbedingt beachten sollten, um eine Bauinsolvenz zu vermeiden.

Sie befinden sich bereits in der Bauphase und erfahren von der Insolvenz Ihres Bauunternehmens. Wie geht es nun mit Ihrem Bauprojekt weiter und was passiert mit dem Geld, das Sie bereits investiert haben? Gab es Anzeichen, an denen Sie die drohende Insolvenz des Bauunternehmens bereits in der Auswahlphase hätten erkennen können?

Ihre Interessen als Verbraucher bei einem Bauprojekt sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund möglicher Insolvenzen von Bauunternehmen. Von der Planung bis zur Fertigstellung eines Bauvorhabens gibt es verschiedene Risiken, die Ihre Investition gefährden können. Damit Sie sich gegen eine mögliche Insolvenz von Bauunternehmen absichern können – unabhängig davon, ob Sie sich noch in der Auswahlphase oder bereits in der Bauphase befinden – haben wir für Sie einen Leitfaden entwickelt. Durch rechtliche Absicherungsstrategien schützen Sie Ihre Investition und sichern gleichzeitig einen reibungslosen Ablauf während der Bauphase.

Die drei Phasen eines Bauprojekts

In unserem Leitfaden gehen wir die drei Phasen eines Bauprojekts der Reihe nach durch. Wir beginnen mit der Auswahlphase, in der Sie das Objekt und das geeignete Bauunternehmen auswählen. Dabei entscheiden Sie sich zwischen einem klassischen Bauvertrag – Verbraucher tritt als Bauherr auf – und einem Bauträgervertrag – Verbraucher tritt als Erwerber auf. Im nächsten Beitrag geben wir Ihnen weitere Tipps, was Sie im zweiten Schritt, der Verhandlungsphase, tun können. Hier haben Sie bereits das passende Objekt gefunden und führen Vertragsverhandlungen mit dem ausgewählten Bauunternehmen. Im dritten und letzten Teil unseres Leitfadens zur Vermeidung von Bauinsolvenzen informieren wir Sie darüber, worauf Sie in der Bauphase achten sollten, wenn das Objekt bereits errichtet wird.


Entscheidend zur Vermeidung einer Bauinsolvenz: Die Auswahl des Bauobjektes, des Bauvertrages und des Bauunternehmens

Der erste Schritt in der Auswahlphase zum Schutz vor einer möglichen Bauinsolvenz von Bauunternehmen ist die Auswahl eines geeigneten Bauobjekts und eines zuverlässigen Bauunternehmens. Dieser Schritt ist zugleich der wichtigste, da diese Entscheidung im Falle einer Bauinsolvenz weitreichende und langfristige Folgen hat. Wir raten Ihnen daher, die Auswahlphase mit Sorgfalt und Ruhe anzugehen. Bei Unsicherheiten lohnt es sich, den Rat eines fachkundigen Anwalts einzuholen.


Was ist der Unterschied zwischen einem Architektenhaus, einem Fertighaus und einem Bauträgerobjekt?


1.    Architektenhaus

Der Bau eines individuellen Architektenhauses ist komplex und erfordert einen hohen zeitlichen und organisatorischen Aufwand. Da der Bau eines Architektenhauses herausfordernd und anspruchsvoll ist, spricht man hier auch vom Königsweg.

Beim Architektenvertrag gemäß § 650p BGB ist der Verbraucher zwar nur Vertragspartner des Architekten, jedoch schließt er daneben auch Bauverträge mit anderen Unternehmen, die für den Bau des Hauses erforderlich sind. Hier werden in der Regel mehrere BGB-Bauverträge oder VOB/B-Verträge abgeschlossen, für die die verbraucherschützenden Vorschriften des Verbraucherbauvertrages nach §§ 650i ff BGB nicht gelten. Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2023 (Az. VII ZR 94/22) liegt ein Verbraucherbauvertrag nicht vor, wenn der Verbraucher bei einem Neubau die Bauleistungen einzeln beauftragt. Da dies bei einem Architektenhaus in der Regel der Fall ist – es sei denn, ein Generalunternehmer errichtet das gesamte Haus – trägt der Verbraucher als Vertragspartner die volle Verantwortung.

Beim Bau eines Architektenhauses müssen – anders als bei einem Fertighaus oder Bauträgerobjekt – der Architekt sowie zahlreiche Unternehmen auf Zuverlässigkeit, Kompetenz und Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Dies erhöht das Risiko unzuverlässiger Vertragspartner. Ist der Architekt mit der Objekt- oder Bauüberwachung (Leistungsphase 8/LP 8) beauftragt, muss er sich davon überzeugen, dass die ausführenden Unternehmen in der Lage sind, die beauftragten Arbeiten zuverlässig und ordnungsgemäß auszuführen (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 26.11.2002 - 11 U 234/01). Sobald es sich um insolvenzgefährdete Unternehmen handelt, trifft den Architekten eine erhöhte Überwachungspflicht. Kommt es zu einer Bauinsolvenz eines der beauftragten Bauunternehmen (z. B. Rohbau), kann der Verbraucher einen neuen Vertragspartner für die Bauleistungen auswählen. Damit Sie diesmal den richtigen Vertragspartner wählen, empfehlen wir Ihnen, sich von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Im Gegensatz zu Fertighaus- und Bauträgerkaufverträgen stehen bei den regelmäßig vereinbarten Einheitspreisverträgen die endgültigen Gesamtkosten erst später fest. Das heißt, erst wenn alle Aufträge vergeben sind, steht fest, was das Haus kosten wird. Erfahrungsgemäß verändert sich der Preis während der Bauphase regelmäßig nach oben.

Vorteile:
•    Individuelle Gestaltung
•    Freie Planung der Haustechnik
•    Berücksichtigung des Baugrundes bei der Objektplanung
•    Weitsichtige Planung für späteren An- und Umbau (z. B. Wasser- und Stromanschlüsse)
•    Kompetente Baubetreuung

Nachteile:
•    Aufwändigere Planungsphase
•    Längere Bauphase
•    Komplizierte Genehmigung
•    Höhere Kosten
•    Architektensuche schwierig

2.    Fertighaus

Schlüsselfertige Fertighäuser punkten mit kurzen Bauzeiten und Festpreisgarantien, die den Verbraucher vor Kostenexplosionen schützen. Hier gilt es, das Bauunternehmen genau auf ein Insolvenzrisiko hin zu überprüfen – als Generalunternehmer oder Generalübernehmer ist es Ihr einziger Vertragspartner. Wie beim Architektenvertrag müssen Sie hier das Grundstück selbstständig auswählen und erwerben.

Sollte das beauftragte Bauunternehmen während der Bauausführung insolvent werden, können Sie – sofern Ihr Budget dafür ausreicht – entweder einen anderen Vertragspartner beauftragen oder als Bauherr den Bau selbst fertigstellen.

Vorteile:
•    Kurze Bauzeit
•    Festpreis
•    Eigenleistung möglich

Nachteile:
•    Ausbaustufen vertraglich genau regeln
•    Niedriger Wiederverkaufswert
•    Nachträgliche Erweiterung schwierig

3.    Bauträgerobjekt

Der Bauträgervertrag unterscheidet sich vom „normalen“ Bauvertrag dadurch, dass sich der Bauträger verpflichtet, für den Erwerber (im Gesetz „Besteller“ genannt) das Haus oder die Eigentumswohnung zu errichten und ihm zusätzlich Eigentum am Grundstück zu verschaffen. Ähnlich dem Fertighaus bietet das Bauträgerobjekt kurze Bauzeiten und Festpreisgarantien. Das Eigentum geht jedoch regelmäßig erst mit vollständiger Zahlung der Kaufpreisraten über (§ 3 MaBV). 

Kommt es hier zu einer Bauinsolvenz des Bauträgers, hängt die weitere Abwicklung und Fortführung des Bauvorhabens von der Größe und Art des Bauvorhabens ab. Handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit Grundstück, können Sie im Insolvenzfall flexibel ein anderes Bauunternehmen mit der Fertigstellung beauftragen. Ist das Bauobjekt jedoch eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus, begeben Sie sich als Bauherr in eine Schicksalsgemeinschaft. Hier kämpfen Sie an vielen Fronten – mit der Bank des Bauträgers, dem Insolvenzverwalter und den anderen Erwerbern bzw. Eigentümern des Mehrfamilienhauses. Die Weiterführung der Bauarbeiten und die Beauftragung eines oder mehrerer Bauunternehmen ist äußerst problematisch, manchmal praktisch unmöglich. Wenden Sie sich in einem solchen Fall an einen kompetenten Anwalt für Baurecht, der Ihnen zur Seite steht und Sie professionell über Ihre Möglichkeiten berät.

Vorteile:
•    Alles aus einer Hand
•    Bauträger ist alleiniger Ansprechpartner
•    Komplettpreis kalkulierbar
•    Realistische Zeitplanung durch Zusammenarbeit mit bekannten Handwerkern und standardisierte Bauausführung
•    Risiko liegt beim Bauträger, nicht beim Käufer

Nachteile:
•    Haus bzw. Wohnung ist kein Unikat
•    Weniger Mitspracherecht
•    Änderungswünsche führen zu Mehrkosten
•    Da kein Bauherr, läuft alles über den Bauträger; keine Weisungsbefugnis gegenüber Handwerkern
•    Kein freies Kündigungsrecht bzw. keine Teilkündigung

Kriterien für die Auswahl eines zuverlässigen Bauunternehmens

Sie haben sich für eines der drei Bauobjekte entschieden – nun geht es darum, Angebote von zuverlässigen Baufirmen einzuholen. Hier haben wir einige Punkte zusammengestellt, die Ihnen bei der Recherche im Internet zur Einschätzung der Zuverlässigkeit, Kompetenz und Solvenz der Baufirma helfen können:

Firmenprofil: Portale wie z. B. Northdata geben Auskunft über Firmennetzwerke, Größe, Geschichte und Erfahrungen. Beim Handelsregister erhalten Sie eine Liste der Gesellschafter, Geschäftsführer und Prokuristen.

Referenzen und durchgeführte Projekte: Auf der Website der Unternehmen können Sie Qualität und Umfang bisheriger Arbeiten des Unternehmens einsehen.

Aktuelle Projekte: Aktuelle Bauprojekte können einen Einblick in die Auslastung und Leistungsfähigkeit des Unternehmens geben. Eine Auflistung der Anzahl und Größenordnung vergangener, laufender und zukünftiger Projekte gibt Aufschluss darüber, ob Projekte dieser Größenordnung bereits erfolgreich durchgeführt wurden oder ob sich das Unternehmen möglicherweise übernimmt.

Zertifikate und Mitgliedschaften: Hinweise auf die Einhaltung von Standards, Verpflichtung zu professionellen Praktiken.

Kundenbewertungen und Testimonials: Feedback ehemaliger Kunden über ihre Erfahrungen mit dem Unternehmen.

Medien: Berichte  über das Unternehmen in (lokalen) Medien können aufschlussreich sein.

Team und Mitarbeiter: Informationen über das Team, Qualifikationen und Erfahrungen. Das Team muss aktuelle oder zukünftige Bauprojekte meistern können.

Kooperationen und Partnerschaften: Hinweise auf Kooperationen mit anderen namhaften Unternehmen oder Organisationen können aufschlussreich sein. Zahlungsunfähigkeit spricht sich bei Partnerunternehmen schnell herum.

Kundenbetreuung und Service: Details zur Kundenbetreuung, ständige Erreichbarkeit und Kommunikation während des Bauprozesses.

Nachhaltigkeitspraktiken: Informationen über umweltfreundliche Praktiken und Nachhaltigkeitsinitiativen des Unternehmens.


Bonitäts- und Insolvenzprüfung des Unternehmens

Jahresabschlüsse: Hinterlegung beim Unternehmensregister.

Insolvenzbekanntmachungen: Das Insolvenzgericht gibt bekannt, wenn ein „vorläufiger Insolvenzverwalter“ bestellt wird. Diese Sofortmaßnahme wird ergriffen, da es mehrere Monate dauern kann, bis feststeht, ob überhaupt ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Wirtschaftsauskünfte und Bonitätsbewertungen: Creditreform, sog. Crefo.

Medienberichte

Wie kann Ihnen ein Anwalt für Baurecht helfen?

Die richtige Entscheidung für ein geeignetes Bauobjekt und das passende Bauunternehmen ist komplex. Sie erfordert Ruhe, Sorgfalt und gründliche Recherche. Je nachdem, für welches Bauobjekt Sie sich entscheiden, gibt es Vor- und Nachteile. Allen gemeinsam ist das Risiko einer möglichen Insolvenz des Bauunternehmens. Unabhängig davon, ob Sie sich noch in der Auswahlphase befinden oder bereits von einer Bauinsolvenz betroffen sind, kann Ihnen eine zuverlässige Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt helfen.

Ilir Maliqi, Rechtsanwalt der „Kanzlei im Grünen Quartier“, ist spezialisiert auf Immobilien-, Bau-, Architekten- und Mietrecht. Er bietet Ihnen kompetente Lösungen bei drohender oder bereits eingetretener Bauinsolvenz.

„Kanzlei im Grünen Quartier“ auf einen Blick:

  • Kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung
  • Mandantenorientierte und einfühlsame Beratung
  • Persönliche Betreuung
  • Kurzfristige Terminvergabe jederzeit möglich
  • Zeit- und kosteneffiziente Mandatsbearbeitung
  • Bundesweite anwaltliche Dienstleistungen
  • Transparente und faire Honorare
  • Effiziente außergerichtliche Streitbeilegung
  • Umfassendes Fach- und Praxiswissen durch ständige Fortbildung
  • Ganzheitliche Betrachtung rechtlicher, technischer und betriebswirtschaftlicher Aspekte
  • Voll digitalisierter und verschlüsselter Kanzleibetrieb
  • Synergieeffekte mit Architekten in Bürogemeinschaft


Foto(s): pixabay.com, unsplash.com


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