Baukostenerhöhung wegen Corona-Pandemie

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Die derzeitige Rohstoff- und Materialknappheit führt zu zwei Problemen (Verzögerungen am Bau und Preiserhöhungen), welche gesondert betrachtet werden müssen.

1. Verzögerungen am Bau

Sofern Baustoffe bzw. Baumaterialien, gleich für welchen Preis, nicht beschafft werden können und dies zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar war, so sind vom Auftragnehmer Behinderungsanzeigen an den Auftraggeber zu versenden. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob ein VOB/B-Vertrag oder ein BGB-Vertrag zum Abschluss kam. In beiden Fällen ist bestenfalls eine unverzügliche Mitteilung an den Auftraggeber über die Lieferschwierigkeiten zu erstatten. Weiterhin sollten vom Auftragnehmer dienliche Beweise, wie die schriftlichen Ablehnungen der Lieferanten, gesichert werden. Hierdurch kann gegebenenfalls eine Vertragsstrafe bzw. ein schuldhafter Verzug für den Auftragnehmer vermieden werden.

Die Rechtsprechung ist sich dabei allerdings nicht einig. Selbst wenn der Lieferengpass durch die Pandemie verursacht worden sein sollte (was der Auftragnehmer nachzuweisen hätte) und damit höhere Gewalt anzunehmen ist, gehen Teile der Rechtsprechung davon aus, dass es dem Auftragnehmer möglich gewesen wäre die Materialien unmittelbar nach Vertragsabschluss zu beschaffen und einzulagern. Dies gilt insbesondere dann, wenn bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses absehbar war, dass Lieferengpässe entstehen könnten. Sofern der Lieferengpass aufgrund der höheren Marktnachfrage entstanden ist, ist dies keine höhere Gewalt und führt zwangsläufig zum Verzug des Auftragnehmers und damit zu Vertragsstrafen, Kündigungsmöglichkeiten und Schadensersatzforderungen zugunsten des Auftraggebers.

2. Preiserhöhungen

Sofern keine Preisgleitklauseln vereinbart wurden, gehen Erhöhungen der Einkaufspreise bei Vereinbarungen von Einheitspreisen oder Festpreisen stets zulasten des Auftragnehmers. Die Einkaufspreise sind das originäre Risiko des Auftragnehmers. Er kann dieses nicht an seinen Auftraggeber im Nachhinein weitergeben.

Die Rechtsprechung hatte noch kaum Möglichkeit solch außergewöhnliche Umstände wie die derzeitigen zum Gegenstand von Urteilen zu machen. Lediglich die Stahlkrise aus den Jahren 2004/2005 resultierte in ein paar vereinzelten Urteilen. Diese gingen nahezu einheitlich davon aus, dass selbst Preissteigerungen im Einkauf von 100% keine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen und den Auftragnehmer nicht berechtigen den Vertrag schadlos zu kündigen oder Preisanpassungen vom Auftraggeber zu fordern (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 28.12.2005 – 14 U 124/05). Ähnlich sieht dies auch heute noch die Literatur. Nur vereinzelt wird dem Auftragnehmer in einem solchen Fall der Preiserhöhungen ein Preisanpassungsrecht zugesprochen. Dabei ist jedoch vollkommen unklar ab welcher Preissteigerung dies gelten soll und um wieviel erhöht werden darf. Erst die kommenden Wochen und Monate werden Klärung schaffen, wenn die ersten Urteile zur derzeitigen Lage ergangen sind.

3. Vertragsanpassungen

Um als Auftragnehmer die Möglichkeit einer Preisanpassung gegenüber dem Auftraggeber zu erhalten, kann in den Vertrag eine Preisgleitklausel aufgenommen werden. Diese sind jedoch bereits grundsätzlich nur dann zulässig, wenn gemäß vertraglicher Vereinbarung die Werkleistung nicht innerhalb von vier Monaten vollständig erbracht werden soll. Lediglich bei Vorhaben, die planmäßig vier Monate überschreiten, sind Preisgleitklauseln daher anwendbar. Dieses Erfordernis gilt in jedem Werkvertrag einzeln. Es kommt dabei nicht auf das gesamte Bauvorhaben, sondern lediglich auf den jeweiligen vereinbarten werkvertraglichen Erfolg an. Darüber hinaus sind Preisgleitklauseln ständiger Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

Der sicherste Weg für den Auftragnehmer ist die Abgabe von zeitlich befristeten Angeboten, wobei zuvor mit den Lieferanten bzw. Nachunternehmen und deren Lieferanten abzuklären ist, dass dies sicher eingehalten werden kann (befristete, bindende Angebote der Nachunternehmer und Lieferanten). Benötigte Baustoffe sind im Falle der Angebotsannahme sodann sofort zu beschaffen und einzulagern.

Dieser Rechtstipp ersetzt keine anwaltliche Beratung, welche im Einzelfall individuell zu erfolgen hat.


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