Baurecht macht Spaß!

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Auch Handwerker haben was zu lachen.

In diesem Fachbeitrag sollen nur Urteile dargestellt werden, an denen der Handwerker als Auftragnehmer Freude hat. Es gibt auch viele positive Rechtsprechung für Handwerker. Dafür muss man jedoch im Vorfeld vieles richtig machen. Dann kommt man auch zu seinem Recht. Der 1. Fall wurde vom OLG Celle entschieden. Hier ging es um eine Photovoltaikanlage. Auftraggeber und Auftragnehmer schließen per Handschlag einen Vertrag. Daraufhin schickt der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Auftragsbestätigung. Der Auftraggeber widerspricht der Auftragsbestätigung und teilt mit, dass die AB nicht den getroffenen Absprachen entspricht. Außerdem der Auftraggeber mit, dass seine Bank einer Finanzierung negativ gegenübersteht. Der Auftragnehmer geht hin und setzt dem Auftraggeber eine Frist, eine schriftliche Zusage abzugeben. Der Auftraggeber teilt ohne auf die Fristsetzung einzugehen mit, dass das Projekt nicht realisiert werden kann. Daraufhin erklärt der Auftragnehmer nach Fristablauf die Kündigung und verlangt vom Auftraggeber den vereinbarten Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen von 32.000,00 €. Das OLG Celle stellt fest, dass zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer ein Vertrag zustande gekommen ist und dieser Vertrag auch bindend war. Seitens des Auftraggebers konnte dieser Vertrag aus wichtigem Grund nicht vorzeitig beendet werden. Mit der Erklärung, dass das Projekt nicht realisiert werden kann, hat der Auftraggeber den Vertrag somit frei gekündigt, so dass der Auftragnehmer ein Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen hat. Das Gericht geht sogar weiter, in dem es urteilt, wenn in dem Schreiben des Auftraggebers nicht eine freie Kündigung zu sehen wäre, stünde dem Auftragnehmer derselbe Anspruch als Schadensersatz zu, weil der Auftragnehmer dann berechtigterweise aus wichtigem Grund den Vertrag fristlos beendet hat. Das Gericht stellt ausdrücklich fest, dass der Auftraggeber seine Vertragspflichten erheblich verletzt hat, so dass der Auftragnehmer nach dem Schweigen des Auftraggebers auf die Fristsetzung das Recht hatte, den Vertrag zu kündigen. Hier kann man mitnehmen, dass der Auftragnehmer alles richtig gemacht hat, indem er eine Frist gesetzt hat und erst nach Ablauf der Frist den Vertrag aufgekündigt hat.

Hierauf soll ausdrücklich noch mal aufmerksam gemacht werden. Es falsch und unwirksam, wenn man bereits am Datum des Fristablaufs kündigt. Dies wird in der Baupraxis vielfach falsch gemacht. Eine gesetzte Frist läuft immer bis 24 Uhr und nicht wie viele meinen bis Büroschluss. Deshalb darf eine Kündigung niemals am Tag des Fristablaufs ausgesprochen werden, sondern darf immer erst am nächsten Tag erfolgen. Darüber hinaus ist dem Fall zu entnehmen, dass mündliche Verträge auf jeden Fall schriftlich bestätigt werden sollten. Wir können nur davon abraten, mündliche Verträge zu schließen. Dies geht meistens nur zum Nachteil des Auftragnehmers aus. Denn der Auftragnehmer muss immer beweisen, dass ein Vertrag geschlossen worden ist und zwar mit diesem konkreten Vertragsinhalt (Art und Umfang) und auch zu diesem konkreten Vertragspreis. Dies wird dem Auftragnehmer schwerlich gelingen. Deshalb sollte man immer eine schriftliche Bestätigung des Auftraggebers abfordern. Dies ist sicherlich rechtlich sicherer, als einfach eine Auftragsbestätigung zu schicken.

Es gilt: Bevor ein Angebot nicht vom Auftraggeber unterzeichnet ist, nicht anfangen!

Darüber hinaus sind in diesem Zusammenhang auch noch zwei andere Fälle zu nennen, die zu einer Kündigung seitens des Auftragnehmers im Falle eines Sich-tot-Stellens der Auftraggeberseite berechtigen. Grundsätzlich sollte man immer bedenken, dass eine Kündigung immer nur das allerletzte Mittel darstellen sollte. So sieht es auch die Rechtsprechung. In der Rechtsprechung ist entschieden, dass der Auftragnehmer die Ausführung von angeordneten Nachtragsleistungen verweigern kann, wenn sich der Auftraggeber hinsichtlich der eingereichten Nachtragsangebote völlig passiv verhält und nicht reagiert, was bis zur Kündigung des Auftragnehmers gehen kann. Ebenfalls gilt dies bei Bedenkenanzeigen, wenn der Auftraggeber untätig bleibt und nicht reagiert. In dem Zusammenhang ist jedoch wichtig, dass Bedenkenanzeigen auf jeden Fall allen Form- und Inhaltserfordernissen, die von der Rechtsprechung gefordert werden, entsprechen sollten und auch gegenüber dem richtigen Adressaten, nämlich seinem Vertragspartner gegenüber gerichtet sind und nicht nur an den Architekten. Weiter ist dabei wesentlich, dass der Zugang dieser Bedenkenhinweise auf jeden Fall bewiesen werden kann. Also heißt das, dass ein solcher Bedenkenhinweis auf jeden Fall vorab per Mail und per Einwurf-Einschreiben versandt werden sollte. Dieser Fachbeitrag soll nicht dazu verleiten, vorschnell Kündigungen auszusprechen. Wir halten es für erforderlich, Kündigungen nach anwaltlicher Beratung auszusprechen. Ansonsten kann die Sache auch nach hinten losgehen. Bei solchen Kündigungen ist auch strengstens zu beachten, ob es sich um eine Kündigung nach VOB- oder BGB- Werkvertrag handelt. Denn bei Missachtung dieses Unterschieds kann eine Kündigung unwirksam sein. Eine Kündigung nach BGB bedarf nach 

§ 650h BGB immer dem strengen Schriftformerfordernis des § 126 BGB. Ansonsten ist die Kündigung gemäß § 125 BGB wegen Formmangels nichtig. Dies wissen viele nicht, die im Baurecht nicht unterwegs sind. Das hat zur Folge, dass eine Übermittlung einer Kündigungserklärung per Telefax oder per Mail nicht dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB entspricht und damit unwirksam ist. Deshalb müssen Kündigungen immer handschriftlich unterschreiben sein und per Post (Einwurf-Einschreiben) oder Boten (Zeuge) zugestellt werden.

Dagegen ist dieses strenge Formerfordernis des § 650h BGB beim VOB-Vertrag gemäß § 8 Abs. 5 VOB/B nicht einzuhalten. Hier ist auch eine Kündigungserklärung per Fax möglich und wirksam. Eine Kündigung per Mail ist dagegen nicht wirksam. Diese Unterschiede muss man sich nicht merken. Besser ist es immer so zu verfahren, dass alle Kündigungen, egal welcher Vertragstyp (BGB oder VOB) zugrunde liegt, immer dem Schriftformerfordernis des § 126 BGB (handschriftlich unterschrieben) entsprechen sollten und daher per Post (Einwurf-Einschreiben) oder per Boten zugestellt werden sollten. Das gehört zur Fehlerminimierung. 

Der 2. Fall ist vor dem OLG Oldenburg am 01.09.2020 entschieden worden. Dabei ging es um Fußbodenarbeiten in einem Ladenlokal eines Möbelgeschäfts. Die PVC-Design-Planken wölbten sich nach einigen Monaten der Verlegung auf. Es hat sich herausgestellt, dass der Untergrund ungeeignet war, was für den Bodenleger nicht feststellbar war. Es handelte sich um einen Walzasphalt-Estrich, der im Fabrik- und Tennishalle Bau bzw. im Straßenbau eingesetzt wird. Ein solcher kann von einem Gussasphalt-Estrich optisch nicht unterschieden werden, so dass dem Bodenleger keine Bedenken kommen mussten. Der Bodenleger hat den Untergrund einer Gitterritzprüfung unterzogen und festgestellt, dass die Spachtelmasse fest und trocken ist. Das Landgericht ist noch zu der eigentümlichen Feststellung gekommen, dass es zur Prüfungspflicht des Bodenlegers gehört, dass dieser einen Bohrkern ziehen muss, was wir für abstrus halten und an der Baupraxis vorbeigeht. Denn es kann wohl kaum richtig sein, dass der Bodenleger zu bauteilzerstörenden Maßnahmen berechtigt ist. Das OLG Oldenburg hat zum Glück diese Entscheidung korrigiert und festgestellt, dass dem Bodenleger keine Verletzung einer Prüfpflicht vorzuwerfen ist, da es nicht zu seinen Prüfpflichten gehört, Bohrkerne zu ziehen. Deshalb hat das OLG den Bodenleger von seiner Mängelhaftung entlastet, da er seiner Prüfpflicht nachgekommen ist und bei deren Erfüllung die Fehlerhaftigkeit der Vorleistung bzw. des Untergrunds nicht erkennen konnte.

Carsten Seeger 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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