Baurecht - querbeet!

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Ein Blick auf neuere Entscheidungen der Rechtsprechung!

Es gibt wieder von interessanten Rechtsfällen zu berichten.

1. Fehlende Vertretungsmacht

Hier ging es um einen Fall, in dem ein Auftraggeber einen Auftragnehmer mit Bauleistungen für den Umbau eines Mehrfamilienhauses beauftragt. Auftraggeber soll die D. GmbH & Co. KG sein. Der Bauvertrag wird von dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unterzeichnet. Später stellt sich heraus, dass die D. GmbH & Co. KG überhaupt nicht existiert und der Unterzeichner auch gar kein Geschäftsführer ist. Der Auftragnehmer geht gegen den Unterzeichner des Bauvertrags persönlich vor und verlangt 40.000,00 € Werklohn. Dies mit Erfolg, wie das OLG Celle mit Urteil vom 04.04.2022 entschieden hat. Dem Auftragnehmer steht gegen den Unterzeichner des Bauvertrags ein Anspruch aus 179 Abs. 1 BGB zu. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert. Das war hier der Fall. Das OLG Celle kommt zu dem Ergebnis, dass der Unterzeichner des Bauvertrags persönlich nach § 179 Abs. 1 BGB haftet, weil der Unternehmensträger gar nicht existiert und der Handelnde keine Vollmacht hatte, für den Unternehmensträger zu handeln. Im Übrigen hat  der Unterzeichner des Bauvertrags nicht dargelegt, als Vertreter der Komplementär-GmbH zu handeln. Praxistipp: Drum prüfe, wer sich bindet!

Auch der weitere Fall beschäftigt sich mit der fehlenden Vertretungsmacht. Hier ging es um die Vergabe von Bauleistungen durch einen Hausverwalter, der den kompletten Austausch von Bodenbelag in zwei Hochhäusern mit mehreren Stockwerken beauftragte. Ein WEG-Beschluss lag nicht vor. Die Bodenbelagsarbeiten in beiden Häusern machten immerhin 150.000,00 € aus. Hier handelte die Hausverwaltung mit dem Verwaltungsbeirat zusammen. Der Werklohn wurde auch bezahlt. Hinterher stellten sich erhebliche Mängel dar und die Wohnungseigentümergemeinschaft ist dann gerichtlich gegen den Bodenleger vorgegangen. Dieser Fall geht auf ein Urteil des Landgerichts Mainz vom 07.04.2022 zurück. Dem Auftragnehmer muss klar sein, dass eine Hausverwaltung nur Maßnahmen der ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums beauftragen kann. Der Austausch des kompletten Bodenbelags in zwei Häusern mit mehreren Stockwerken gehört nicht dazu und bedarf eines wirksamen WEG-Beschlusses. Es reicht auch nicht, dass der Verwaltungsbeirat hier zusammen mit der Hausverwaltung handelt. Das wiegt viele Handwerker in Sicherheit. Nein: Es bedarf bei kostenintensiven Maßnahmen immer eines WEG-Beschlusses! Dies sollte man sich als Auftragnehmer auch immer zeigen lassen. Denn ansonsten besteht weder gegen die WEG noch gegen den Hausverwalter ein Anspruch auf Werklohn. Im Gegensatz zum obigen Fall hätte der Auftragnehmer gegen den Vertreter, also die Hausverwaltung, keinen Anspruch. Denn dem Auftragnehmer muss bewusst sein, dass grundsätzlich eine Hausverwaltung bei einem solchen Leistungsumfang keine Vertretungsmacht hat. Das ist ein gefährliches Spiel für den Auftragnehmer, da dem Auftragnehmer bewusst sein muss, dass er in diesem Fall keinen Vergütungsanspruch hat. Jedoch hat sich die WEG aufgrund der Mängel zur Prozessführung gegen den Bodenleger entschlossen. Hierin dürfte eine Genehmigung des Handelns des Verwalters liegen. Denn die WEG kann nicht einerseits Mängelansprüche gegen einen Auftragnehmer geltend machen, andererseits jedoch behaupten, dass kein wirksamer Vertragsschluss erfolgt sei.

2. Zusage der Mängelbeseitigung

Mit der Zusage einer Mängelbeseitigung sollte der Auftragnehmer immer vorsichtig sein. Hier war ein Auftragnehmer mit Elektroarbeiten in einer WEG-Wohnanlage beauftragt. Der Auftragnehmer sollte Brandschottungen in Steigeschächten einbringen, für die jedoch die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung fehlte. Es kam zu einem Rechtsstreit und der Gerichtsgutachter bescheinigte dem Auftragnehmer, dass die Verwendung der Brandschotts für diesen Einsatzzweck ungeeignet sind. Auch der Hersteller bescheinigte, dass eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung fehlt. Weiter wurde durch den Hersteller bescheinigt, dass eine Zulassung im Einzelfall fehlt. Mithin lag sofort ein Mangel vor. Das muss jedem Auftragnehmer klar sein. Sobald die Zulassung fehlt, liegt automatisch ein Mangel vor. Eigentlich wäre der Gewährleistungszeitraum um gewesen. Durch die Erklärung des Auftragnehmers, dass er die Mängelbeseitigungsarbeiten vornimmt, hat der Auftragnehmer jedoch den Mangel anerkannt. Das hat das OLG Köln mit Beschluss vom 29.10.2021 entschieden. Durch das Anerkenntnis des Mangels wird der Neubeginn der Verjährung in Gang gesetzt. Damit hatte der Auftragnehmer Pech gehabt. Praxistipp: Man sollte es vermeiden, Mängel einfach anzuerkennen.

3. Arglisthaftung

Es kommt schon mal vor, dass Auftragnehmer hingehen und einfach vom Leistungsverzeichnis abweichen. Das ist sehr haftungsträchtig, insbesondere wenn man zur Einsparung von Materialkosten einfach anderes preiswerteres Material zur Ausführung verwendet. Da ist die Rechtsprechung knallhart. Dem OLG Köln lag mit Urteil vom 13.04.2022 folgender Fall zugrunde: Ein Auftragnehmer führt sechs Straßenbaumaßnahmen im Zeitraum von 2004 bis 2010 aus. Im Leistungsverzeichnis ist ein Pflasterbett aus natürlichem Basalt herzustellen. Dagegen verwendet der Auftragnehmer eigenmächtig einfach ein Recycling-Erzeugnis. Im Jahre 2012 rügt der Auftraggeber das Bettungsmaterial mit der Begründung, dass das Recycling-Material Schwermetalle enthält und ausgetauscht werden muss. Der Auftraggeber fordert im Wege der Vorschussklage einen Betrag von 1,2 Million €. Der Auftragnehmer beruft sich auf Verjährung. Dies hat jedoch keinen Erfolg. Denn das Gericht nimmt eine Arglisthaftung an und damit eine Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 634a Abs. 3 S. 1 BGB. Danach verjähren Mängelansprüche erst mit dem Schluss des dritten vollen Kalenderjahres ab Mängelkenntnis, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung. Vor eigenmächtigen Abweichungen vom Leistungsverzeichnis muss der Auftragnehmer ausdrücklich gewarnt sein. Jede eigenmächtige Abweichung vom Leistungsverzeichnis stellt ein arglistiges Handeln durch den Auftragnehmer dar. Dies führt auf jeden Fall zu einer Verlängerung der Haftung auf zehn Jahre. Hinzu kommt, dass sich bei einer Arglist der Auftragnehmer nicht darauf berufen kann, dass eine teure Nacherfüllung unverhältnismäßig ist. Deshalb muss dem Auftragnehmer klar sein: Wer abweichend eigenmächtig vom Leistungsverzeichnis ausführt, ohne über die Abweichung aufzuklären, nimmt die etwaigen Folgen der vertragswidrigen und schon allein deshalb mangelhaften Bauausführung zumindest billigend in Kauf. Eine Arglisthaftung des Auftragnehmers wird in diesen Fällen immer bejaht werden. Das kann für den Auftragnehmer nur teuer werden. Praxistipp: Eigenmächtige Abweichungen sollte man vermeiden. Wenn man abweichen will, muss zuvor die Zustimmung des Auftraggebers eingeholt werden. Das sollte auf jeden Fall schriftlich dokumentiert werden!

Carsten Seeger


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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