Bauträger-Beschlussfassung und unbeschränkte Vertretung des Verwalters nach neuem WEG 2020

  • 3 Minuten Lesezeit

Das am 01.12.2020 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes enthält eine Vielzahl von wichtigen Neuregelungen. Darunter finden sich auch solche, die für die Erwerber von neu erstelltem Wohnungseigentum von großer Bedeutung sind und auf die deshalb beim Abschluss eines Kaufvertrages besonderes Augenmerk zu legen ist.

 Beispielhaft zwei hervorzuhebende Neuregelungen beim Erwerb von Wohnungseigentum:

 1. Bauträgerbeschlüsse:

Anders als nach früherem Recht entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht erst mit der Umschreibung des ersten Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuchs auf einen Erwerber. Es reicht aus, dass die Wohnungsgrundbücher angelegt werden, was im Regelfall bereits der Bauträger veranlasst. Es handelt sich in diesem Stadium (noch) um eine sogenannte „Ein-Personen-Gemeinschaft“ (§ 9a WEG). Der teilende Bauträger stellt damit in vielen Fällen zunächst alleine die WEG dar. Wichtig ist, dass er damit auch die Möglichkeit hat, alleine Beschlüsse auch über langfristige Verträge abzuschließen, die dann für die Erwerber bindend sind.

Empfehlung: Lassen Sie sich vor Abschluss des Kaufvertrages unbedingt aller bereits gefaßten Beschlüsse bzw. Beschlussprotokolle zeigen. Nur dann können Sie wissen, in welchen vertraglichen Bindungen sich die WEG befindet. Dies ist für die finanziellen Belastungen, die auf Sie als Wohnungseigentümer zukommen, von Bedeutung.

Solche vertraglichen Bindungen lassen sich zwar aufgrund späterer Beschlussfassung der Wohnungseigentümer auflösen (kündigen). Dabei sind aber gegebenenfalls Fristen zu beachten. Zu denken ist auch daran, dass über die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 305 ff. BGB eine Auflösung der betreffenden Verträge erreicht werden kann. Denn die WEG ist im Regelfall Verbraucherin im Sinne von § 13 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Verträge durch die Ein-Personen-Gemeinschaft geschlossen wurde.

 2. Unbeschränkte Vertretungsmacht des Verwalters:

Der Verwalter hat durch die Neufassung des WEG eine unbeschränkte Vertretungsmacht erhalten, § 9b WEG n.F. (Ausnahme Grundstückskauf- und Darlehensverträge). Diese ist ist im Aussenverhältnis auch nicht beschränkbar. Der Verwalter kann daher, von den Ausnahmen abgesehen, uneingeschränkt wirksam Verträge abschließen.

Daher ist wichtig, dass intern, d.h. im Verwaltervertrag, begrenzende Regelungen vorhanden sind.

Empfehlung: Achten Sie auf die  Inhalte des Verwaltervertrages bzw. darauf, ob solche begrenzenden vertraglichen Vereinbarungen (z.B. Zustimmungspflicht bei Abschluss langfristiger Verträge oder beim Abschluss von Verträgen oberhalb bestimmter Werte) vorhanden sind. Diese ermöglichen es dann zumindest, den Verwalter gegebenenfalls für eine Überschreitung seiner Kompetenzen zuverlässig haftbar zu machen.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht nunmehr nicht mehr mit der Umschreibung des ersten Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuchs auf einen Erwerber sondern bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher als sogenannte „Ein-Personen-Gemeinschaft“ (§ 9a WEG). Damit ist der teilende Eigentümer, meist der Bauträger, in vielen Fällen zunächst alleine „die WEG“. Bauträger und Investoren müssen sich zukünftig darauf einstellen, dass auch eine solche Ein-Personen-WEG bereits den Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts unterliegt und nach diesen zu verwalten ist.

Zu beachten ist, dass auch in den Fällen, in denen ein Bauträger oder ein Investor zunächst alleine „die WEG“ ist, diese Ein-Personen-Gemeinschaft als Verbraucherin (§13 BGB) WEGnzusehen ist. Damit unterliegen die von der WEG geschlossenen Verträge den verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 305 ff BGB. Lediglich in Fällen, in denen ausgeschlossen werden kann, dass ein Verbraucher Mitglied der WEG wird, soll dieser Grundsatz nicht gelten, etwa bei der Aufteilung eines Einkaufzentrums in Teileigentumseinheiten. Sobald aber nur eine Wohnung gebaut wird, kann der Erwerb durch einen Verbraucher nicht ausgeschlossen werden, so dass die Ein-Personen-Gesellschaft in einem solchen Fall als Verbraucherin anzusehen ist.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Stephan Rauh

Beiträge zum Thema