Beim Sprayen erwischt – Sind Graffiti strafbar?

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Sie waren – alleine oder mit Freunden – nachts in der Stadt unterwegs um Graffiti zu sprühen und sind vom Eigentümer oder gar von der Polizei dabei erwischt worden? Sie fragen sich, was man Ihnen vorwerfen kann, und welche Folgen dies für Sie haben kann? Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen:


  • Ob Sprayen als Sachbeschädigung gilt
  • Gegen welche Gesetze ein Sprayer noch verstoßen kann
  • Welche zivilrechtlichen Folgen drohen
  • Ob der Inhalt der Graffiti eine Rolle spielt
  • Womit man rechnen muss, wenn man beim Sprayen erwischt wird
  • Was ist, wenn der Sprayer minderjährig ist
  • Was bei einer Gruppe von Sprayern gilt
  • Ob „tags“ als Unterschrift gelten
  • Ob Graffiti verjähren
  • Welche Strafen drohen
  • Was man tun sollte, wenn man beim Sprayen erwischt wird


Gilt Sprayen als Sachbeschädigung?

Sachbeschädigung begeht gemäß § 303 I StGB, wer eine fremde Sache rechtswidrig beschädigt oder zerstört. Beschädigung bedeutet eine nicht unerhebliche Verletzung der Substanz oder eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Brauchbarkeit besagter Sache.

Ein solcher Schaden wird in den seltensten Fällen durch Graffiti verursacht, weshalb bis 2005 viele Sprayer straffrei ausgegangen sind. Seither gibt es jedoch den § 303 II StGB, der nun auch unter Strafe stellt, das Erscheinungsbild einer Sache nicht nur vorübergehend unbefugt zu verändern.

Das bedeutet, wer ohne Erlaubnis des Eigentümers eine Oberfläche besprüht, macht sich, sofern die Farbe nicht beim nächsten Regenguss restlos verschwindet, nun wegen Sachbeschädigung strafbar.


Gegen welche Gesetze verstößt das Sprayen von Graffiti außerdem?

Abgesehen von Sachbeschädigung gemäß § 303 II StGB können noch weitere Umstände hinzukommen, die dazu führen, dass sich ein Sprayer weiterer Straftatbestände schuldig macht. So kommt beispielsweise Hausfriedensbruch (§ 123 I StGB) als sogenannte „Begleitstraftat“ infrage, wenn der Sprayer unbefugt fremden Grund und Boden betreten hat, um zu sprayen.

Des weiteren kann er sich der gemeinschädlichen Sachbeschädigung (§ 304 II StGB) schuldig machen, wenn die besprühte Oberfläche von öffentlicher Bedeutung ist, wie etwa ein Grenzstein, ein Straßenschild oder eine Kirche.

Dieser Tatbestand kann kurioserweise auch greifen, wenn ein Graffito übersprüht wird, das öffentlich genehmigt war.

Übrigens gilt für alle diese Delikte, dass bereits der Versuch strafbar ist.

Dies ist allerdings nur die strafrechtliche Dimension. Wer beim Sprayen erwischt wird, kann außerdem zivilrechtlich belangt werden.


Welche zivilrechtlichen Folgen drohen einem Sprayer?

Das Besprühen einer Fläche ohne Zustimmung des Eigentümers bedeutet eine Verletzung von dessen Eigentums- und Nutzungsrechten. Dafür hat er ein Recht auf Schadensersatz, dessen Höhe im Einzelfall – etwa ausgehend von den Reinigungskosten – festgelegt wird.

Gänzlich unabhängig davon, ob ein Sprayer also etwa wegen Hausfriedensbruchs verurteilt wird (was eine Geldstrafe zur Folge haben kann, die an den Staat geht) muss er in jedem Fall dem Geschädigten Schadensersatz zahlen.

Der Geschädigte ist übrigens, nachdem er Schadensersatz in Höhe der zu erwartenden Reinigungskosten eingestrichen hat, nicht verpflichtet, die Reinigung auch tatsächlich durchführen und das Graffito entfernen zu lassen.


Spielt der Inhalt der Graffiti für die Strafbarkeit eine Rolle?

Für die Strafbarkeit, bzw. die Höhe der Strafe können Umfang und Menge der Sprayereien natürlich von Bedeutung sein. Die Qualität, Schönheit, oder Aussage der Graffiti haben mit der Strafbarkeit zunächst nichts zu tun.

Es gibt jedoch Ausnahmen, nämlich dann, wenn das Graffiti (unabhängig von der Tatsache, dass es illegal gesprüht wurde) inhaltlich gegen das Gesetz verstößt.

Mögliche Straftatbestände sind etwa:

Beleidigung (§ 185 StGB) wenn eine Person durch das Graffito beleidigt wird

Volksverhetzung (§ 130 StGB) wenn das Graffito eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe schlecht macht und/oder zur Gewalt gegen sie aufruft

Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen (§ 86a StGB) wenn etwa nationalsozialistische Parolen oder Symbole gesprüht werden.


Womit muss man rechnen, wenn man beim Sprayen erwischt wird?

Wenn der Sprayer noch am Tatort, also auf frischer Tat ertappt wird, werden seine Personalien aufgenommen, und ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet.

Welche strafrechtlichen Folgen möglich sind, hängt wie gesagt mit den Tatumständen, sowie dem Alter des Täters zusammen:

Welche Art von Oberfläche wurde besprüht?

Welchen Umfang hat die Sachbeschädigung?

Hat das Graffiti politische Relevanz?

Wie ist der Täter zum Tatort gelangt, bzw. war die Stelle öffentlich zugänglich?

Ist der Täter volljährig?

Hat er alleine oder als Teil einer Gruppe gehandelt?

Diese und weitere Fragen fließen im Einzelfall in das Ermittlungsverfahren, die eventuellen Anklagepunkte und das letztendliche Strafmaß mit ein.

In jedem Falle drohen jedoch zivilrechtliche Konsequenzen, also Schadensersatzforderungen seitens des Eigentümers.


Was ist, wenn der Sprayer noch minderjährig ist?

Bis zum Alter von 14 Jahren ist man schuldunfähig, kann also etwa für eine Sachbeschädigung nicht belangt werden. Die Eltern haften in der Regel nicht, außer für den Schadensersatz. Von 14-18 Jahren gilt das Jugendstrafrecht, das mit einem Katalog von Erziehungsmaßnahmen und Zuchtmitteln arbeitet. Die mögliche Höchststrafe liegt bei 5 Jahren Jugendstrafe, was bei einem Graffiti allerdings höchst unwahrscheinlich ist.  Mehr zum Thema Jugendstrafrecht erfahren Sie in unserem entsprechenden Rechtstipp .


Was gilt bei einer Gruppe von Tätern?

Jede an der Tat beteiligte Person (Anstifter, Sprayer, Schmieresteher, Taschenlampenhalter, etc.) haftet als Gesamtschuldner, also jeder zu 100%. Der Geschädigte kann einen oder alle auf Schadensersatz verklagen. Wird nur ein Mittäter dingfest gemacht und zur Verantwortung gezogen, hat er das Recht, von seinen „Kollegen“ zum Ausgleich eine Beteiligung am Schadensersatz zu verlangen.

Verzichtet er darauf, muss er den Schaden alleine bezahlen.

Strafrechtlich werden Taten, die in Gruppen begangen werden, schärfer bestraft als Einzeltäter, da zur gemeinschaftlichen Planung und Durchführung mehr kriminelle Energie gehört.

Je nach dem, welche Rolle jemand in der Gruppe gespielt hat (Stichwort Schmieresteher) kann es sich lohnen, dies zur Strafmilderung in der Verteidigung hervorzuheben.


Gelten „tags“ als Unterschrift?

Wer sich tatsächlich als Sprayer bezeichnet und in der Szene verkehrt, versieht seine Werke mit einem persönlichen Kennzeichen, einer individuellen Signatur, dem „tag“.

Wenn ein Sprayer auf frischer Tat ertappt wird, muss er fürchten, dass die Ermittlungsbehörden sich sein Werk genau ansehen werden, und sein „tag“ mit anderen, ähnlich gearteten Graffiti vergleichen werden. Auf diese Weise könnte der Vorwurf von Sachbeschädigung in einem Falle zu Sachbeschädigung in 20 Fällen anwachsen.

Voraussetzung dafür ist, dass sein „tag“ rechtlich als Unterschrift gewertet werden kann, anhand der eine Person zu überführen ist.

Hierzu gibt es (noch) keine einheitliche Rechtsauffassung. Allerdings ist eine Entscheidung des LG Potsdam von 2015 richtungsweisend, die die Frage, ob ein „tag“ eine Unterschrift sei, klar bejaht.

Gruppentags, die ein Graffiti einem bestimmten Personenkreis, („crew“) zuordnen, also keiner Einzelperson, sind hingegen nicht als Unterschriften zu werten und können daher nicht zur Beschuldigung einer Person dienen.


Verjähren Graffiti?

Wer beim Sprayen erwischt wird, kann zwar kaum darauf hoffen, dass die Tat rechtzeitig verjährt, aber der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch nach 3 Jahren verjährt, und der Tatbestand der Sachbeschädigung nach 5 Jahren.


Welche Strafen drohen für das Sprayen von Graffiti?

Sachbeschädigung gemäß § 303 II StGB wird mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu 2 Jahren bestraft. Bei gemeinschaftlicher Sachbeschädigung sind es bis zu 3 Jahre.

Auf Hausfriedensbruch steht nach § 123 I StGB eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Beleidigung (§ 185 StGB) wird mit bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, Volksverhetzung (§ 130 StGB) mit bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet.

Wie gesagt, spielen in die tatsächliche Höhe der Strafe viele verschiedene Faktoren mit hinein, nicht zuletzt auch die Verteidigung.

Ein minderjähriger Täter wird nach Jugendstrafrecht mit gemeinnütziger Arbeit oder ähnlichem zu rechnen haben. Handelt es sich um einen verhältnismäßig leichten Einzelfall und um einen (volljährigen) einsichtigen Täter, muss dieser erfahrungsgemäß tief in die Tasche langen und kann wieder nach Hause gehen.

Erst wenn sich die Vorwürfe türmen, wir also etwa von namentlich gewidmeten Hassparolen sprechen, die von einer fünfköpfigen Gruppe nach dem gewaltsamen Aufbrechen des Gartentores riesengroß auf jemandes Privathaus, seine Garage und sein Auto gesprüht wurden, kommen allerdings Haftstrafen in Frage.


Was soll ich tun, wenn ich beim Sprayen erwischt wurde?

Wer von der Polizei auf frischer Tat aufgegriffen wird, sollte sich ruhig verhalten, und die Konfrontation (verbaler und insbesondere körperlicher Art) unbedingt meiden.

Zur Angabe der Personalien (Name und Anschrift) gegenüber der Polizei sind Sie gesetzlich verpflichtet, und wenn Sie nicht gerade Geheimagent sind, wird man Ihre Personalien auch gegen Ihren Willen binnen kürzester Zeit herausfinden.

Darüber hinaus können Sie jedoch zu keiner Auskunft verpflichtet werden.

Daher raten wir auch hier dringend zur Befolgung der beiden goldenen Regeln:


1. Schweigen ist Gold.

Sie haben das Recht, als Beschuldigter jede Auskunft zur Sache zu verweigern, und sollten dieses Recht unbedingt nutzen! Ihr Reden, Beteuerungen, Teil- oder Vollgeständnisse, wird zu hundert Prozent zu Ihrem Nachteil genutzt werden. Ihr Schweigen hingegen darf nicht als Schuldeingeständnis gewertet, und damit auch nicht gegen Sie verwendet werden.


2. Ab zum Anwalt.

Um die größtmöglichen Chancen zu haben, aus der Sache glimpflich wieder heraus zu kommen, reicht Schweigen alleine nicht aus. Sie brauchen einen erfahrenen Verteidiger, der den Umgang mit den Behörden gewohnt ist, und diesen für Sie übernimmt.

Ihr Anwalt kann die Ermittlungsakte einsehen, also die gegen Sie erhobenen Vorwürfe, und das vorhandene Beweismaterial prüfen, und dann, darauf aufbauend, mit Ihnen die bestmögliche Strategie zu Ihrer Verteidigung erarbeiten.


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Foto(s): ©Pexels/Felicity Tai

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