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Bekämpfung der Schwarzarbeit durch den Zoll und Betriebsprüfung der Rentenversicherung

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Die Behörden der Zollverwaltung und die Träger der Deutschen Rentenversicherung sind im Rahmen der Schwarzarbeitsbekämpfung zur Zusammenarbeit verpflichtet. Die Hauptzuständigkeit liegt bei den Hauptzollämtern (Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit, FKS). Die Träger der Rentenversicherung unterstützen sie dabei (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 SchwarzArbG) und zwar u.a. bei der Ermittlung von Scheinselbstständigkeit.

Die Unterstützung der Rentenversicherungsträger besteht in erster Linie darin, dass die Versicherungsträger aufgrund ihrer Fachkompetenz den Zollbehörden mit rechtlichen Stellungnahmen zuarbeiten, d.h. sozialversicherungsrechtliche Bewertungen dahingehend vornehmen, ob eine Tätigkeit als echte Selbstständigkeit oder als versicherungspflichtige (= beitragspflichtige) Scheinselbstständigkeit zu bewerten ist. Völlig unabhängig davon führen die Rentenversicherungsträger in eigener Zuständigkeit die turnusmäßigen Betriebsprüfungen durch.

Rechtlich getrennte Verfahren

Die beiden Verfahren sind trotz der Verpflichtung zur Zusammenarbeit voneinander unabhängig. Das Verfahren der Zollbehörden ist ein Strafverfahren. Die Zollbeamten haben in diesen Verfahren die gleiche Stellung wie Polizeibeamte. Sie sind Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft. Ihre Ermittlungsergebnisse dienen den Staatsanwaltschaften als Grundlage der Anklageerhebung. Die Rentenversicherungsträger erlassen dagegen Beitragsbescheide im sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsverfahren. Sie sind verpflichtet, bei den Arbeitgebern zu prüfen, ob diese ihren Meldepflichten und ihren sonstigen Pflichten nach dem SGB IV ordnungsgemäß erfüllen, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen. Sie erlassen im Rahmen dieser Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Dazu müssen sie selbstständige Ermittlungen durchführen und dürfen nicht allein die Ermittlungen des Hauptzollamtes zur Grundlage eines Beitragsbescheides machen. Es reicht nicht aus, wenn sie im Wege der sog. Amtshilfe gem. § 2 Abs. 2 SchwarzArbG für das Hauptzollamt den Schaden berechnen, der durch die Nichtabführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge den Sozialversicherungsträgern entstanden ist. Diese Form der Amtshilfe dient auch nicht dem Zweck der präzisen Ermittlung von Sozialversicherungsbeiträgen, sondern der Erfüllung von Aufgaben nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.

Hinzuziehung Beteiligter

Außerdem müssen sowohl die Auftraggeber als auch die (Selbstständigen oder Scheinselbstständigen) Auftragnehmer im Verwaltungsverfahren beteiligt werden. Denn die Feststellung der Versicherungspflicht begründet nicht nur Beitragspflichten, sondern auch Rentenansprüche. Deshalb sind auch die betroffenen Arbeitnehmer als Beteiligte hinzuzuziehen. Der Betriebsprüfdienst hat in diesem Verfahren den Sachverhalt nach verwaltungsverfahrensrechtlichen Regeln von Amts wegen zu ermitteln. Er bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere sind alle betroffenen Auftragnehmer zu ermitteln und als Beteiligte in das Verfahren einzubinden. Es reicht nicht aus, dass die Auftragnehmer nur als Zeugen im strafgerichtlichen Verfahren einbezogen werden. Dies ist allein schon wegen ihrer jeweils unterschiedlichen rechtlichen Stellung in den verschiedenen Verfahren nicht mit einer Beteiligtenstellung im Verwaltungsverfahren zu vergleichen. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens können die Aussagen der Auftragnehmer aus dem Strafverfahren lediglich im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt werden (§ 21 Abs. 1 Ziff. 3 SGB X). Der Anhörung der Beteiligten im Verwaltungsverfahren kommt aber als Beweismittel besondere Bedeutung zu, weil sie häufig die einzigen Personen sind, die von den bedeutsamen Tatsachen Kenntnis haben.

Rechtswidrigkeit eines Beitragsbescheides bei unvollständigen Ermittlungen

Das Bayerische Landessozialgericht hat in einem Beschluss vom 04.12.2013 (L 5 R 652/13 B ER) beanstandet, dass der Betriebsprüfdienst eines Rentenversicherungsträgers eine Beitragsforderung nahezu ausschließlich auf die Ermittlungsergebnisse im Strafverfahren des Hauptzollamtes gestützt und eigene Ermittlungen unterlassen hatte. Das LSG hat festgestellt, dass diese Praxis rechtswidrig ist und die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Beitragsbescheid angeordnet, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestanden.

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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