Betriebsbedingte Kündigung - was Arbeitnehmer darüber wissen müssen.

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Die betriebsbedingte Kündigung birgt für den Arbeitgeber vielfältige Risiken. Für den Arbeitnehmer bieten sich ebenso viele Chancen, eine Kündigung beim Arbeitsgericht erfolgreich anzufechten. In diesem Rechtstipp informiere ich Arbeitnehmer, die eine Kündigung erhalten haben und dagegen vorgehen möchten, über die wichtigsten Details, die sie zu dieser Thematik kennen sollten.  


1. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)

Damit ein Arbeitnehmer mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Kündigung seines Arbeitgebers vorgehen kann, muss das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung länger als 6 Monate bestanden haben. Darüber hinaus genießen nur Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis schon vor dem 01.01.2004 bestanden hat, ist es ausreichend, wenn mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Bei der Berechnung der Anzahl der Mitarbeiter werden Teilzeitarbeitsverhältnisse anteilig berücksichtigt.


2. Betriebsbedingter Kündigungsgrund

Sind die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes erfüllt, kann der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn er einen betriebsbedingter Kündigungsgrund hat.  In Betracht kommen entweder außerbetriebliche Gründe, wie z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang oder innerbetriebliche Gründe wie Rationalisierungen, die Verlagerung der Produktion ins Ausland oder eine Betriebsstillegung.

 

3. Unternehmerische Entscheidung

Eine wirksame Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfordert immer eine konkrete Unternehmerentscheidung, die vom Arbeitgeber auch umgesetzt worden ist.  Wegen des Grundsatzes der unternehmerischen Freiheit kann die Unternehmerentscheidung vom Arbeitsgericht nur dahin überprüft werden, ob sie unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Dennoch passieren in diesem Bereich auf Arbeitgeberseite häufig Fehler. Bestreitet der Arbeitnehmer bei Gericht die behauptete Unternehmerentscheidung, muss der Arbeitgeber diese nachweisen. Unwirksame oder sogar fehlende Beschlüsse der zuständigen Gremien sind ein häufiger Grund, der eine betriebsbedingte Kündigung schon wegen formeller Fehler scheitern lässt.

 

4. Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Liegt eine wirksame Unternehmerentscheidung vor, die nicht offensichtlich unsachlichen oder willkürlichen war und auch umgesetzt wurde, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob die Kündigung nicht durch den Einsatz des Arbeitnehmers, eventuell nach einer Umschulung oder Fortbildung auf einem anderen freien Arbeitsplatz möglich ist. Hier ist dem Arbeitnehmer zu raten, den Arbeitsmarkt sorgfältig zu beobachten und vor allem darauf zu achten, ob der Arbeitgeber im Zeitraum nach Ausspruch der Kündigung bis zum Abschluss des Kündigungsschutzprozesses Arbeitsplätze auf dem Stellenmarkt anbietet, für die der Arbeitnehmer aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse geeignet ist. Freie Arbeitsplätze, die durch Vorlage von Stellenanzeigen dem Gericht gegenüber nachgewiesen werden können, erhöhen die Chancen des Arbeitnehmers für einen erfolgreichen Kündigungsschutzprozess erheblich.


5. Dringlichkeit der Kündigung

Eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist nur dann begründet, wenn sie auch dringlich ist. Kann die Kündigung durch Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet, wie Umschulungen, Kurzarbeit oder Überstundenabbau vermieden werden, ist sie auch bei Vorliegen aller vorherigen Voraussetzungen unwirksam.

 

6. Sozialauswahl

Letztendlich muss der Arbeitgeber vor jeder betriebsbedingten Kündigung eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchführen.  Kommen für eine Kündigung mehrere Arbeitnehmer in Betracht, ist die Kündigung unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer soziale Gesichtspunkte wie Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten oder eine mögliche Schwerbehinderung eines Mitarbeiters nicht berücksichtigt hat. In die Auswahl sind jedoch nur  vergleichbare Arbeitnehmer einzubeziehen. Da der Prozess der Sozialauswahl sehr komplex ist, treten auch hier häufig Fehler auf, die im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Kündigung zu Fall bringen können.

Wichtig für den Arbeitnehmer: Eine gerichtliche Überprüfung muss zwingend innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht beantragt werden. Wird innerhalb dieser Frist keine Klage eingereicht, ist die Kündigung allein dadurch nicht mehr überprüfbar und damit wirksam. 

Georg Gradl, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht


Foto(s): gilaxia@istockphoto.com, Bild-ID:1217574232

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