Betriebsschließungsversicherung – Leistungspflicht bei Corona/Covid-19?

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In den vergangenen Wochen berichtete u. a. die Gastronomie über Schwierigkeiten bei der Schadensregulierung bzgl. Betriebsschließungsversicherungen. Vor diesem Hintergrund gibt es nun eine bayerische Initiative mit dem Ziel einer kurzfristigen Problemlösung für die Hotel- und Gastronomiebranche. Ob diese Lösung auch für die Versicherungsnehmer interessengerecht ist, darf und sollte kritisch hinterfragt werden.

Zunächst ein Zitat aus der Pressemeldung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums (Quelle: https://www.stmwi.bayern.de - Pressemitteilung-Nr. 87/20):

Aiwanger: "Tragfähige und vernünftige Lösung bei Betriebsschließungsversicherungen"

München Gute Nachrichten für Gaststätten und Hotels in Bayern, die zwar über eine Betriebsschließungsversicherung verfügen, deren Anwendbarkeit im Rahmen der Corona-Pandemie allerdings strittig ist. Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat nun zusammen mit den Branchenverbänden und Versicherungsunternehmen eine Lösung ausgearbeitet. Die gemeinsame Empfehlung sieht vor, dass die Versicherer zwischen 10 und 15 Prozent der bei Betriebsschließungen jeweils vereinbarten Tagessätze übernehmen und an die Gaststätten und Hotels auszahlen.

Bezugnehmend auf diese gemeinsame Besprechung wird nun zum Beispiel von der Versicherungskammer Bayern dem Kunden folgendes mitgeteilt:

„Sie haben bei uns eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Diese ist für die Schließung eines Betriebs, in dem eine entsprechende Krankheit oder Krankheitserreger aufgetreten sind, konzipiert. Die Allgemeinverfügungen der Länder betreffen überwiegend Betriebe, die nicht von einem Infektionsfall betroffen sind. Bei einer generalpräventiven, flächendeckenden Schließung von Betrieben sind das Infektionsschutzgesetz und damit auch die Betriebsschließungsversicherung nicht anwendbar.

Die Versicherungskammer nimmt in dieser Ausnahmesituation aber dennoch eine   gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahr. Am 03.04.2020 wurde eine gemeinsame Empfehlung mit der Bayerischen Staatsregierung, dem Hotel- und Gaststättenverband Bayern (DEHOGA) sowie mit dem Verband der Bayerischen Wirtschaft (vbw) erarbeitet und verabschiedet. Diese gemeinsame Empfehlung sieht vor, dass die Versicherer zwischen 10 und 15 Prozent der bei Betriebsschließungen jeweils vereinbarten Tagessätze übernehmen und an die Gaststätten und Hotels auszahlen.

Die Versicherungskammer hat sich entschieden 15 % zu übernehmen!“

Mit der entsprechend angebotenen „Kulanzzahlung“ geht folgender Verzicht einher, den der Versicherer wie folgt formuliert:

„Damit sind sämtliche Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer wegen des gegenständlichen Schadenfalls endgültig abgegolten und erledigt, ob bekannt oder unbekannt, für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, gleich aus welchem Rechtsgrund.“

Kurzum, wer die Zahlung annimmt, verliert sämtliche Rechte aus seiner Betriebsschließung Versicherung im Hinblick auf eine Corona-bedingte Betriebsschließung!

Vor einer entsprechenden Annahme der von der Versicherungswirtschaft angebotenen Zahlung sollte daher eingehend geprüft werden, ob nicht doch – weitaus höhere – Versicherungsleistungen beansprucht werden könnten. Zunächst ist dabei auf die Argumentation des Versicherers einzugehen, der immer wieder betont, dass die Betriebsschließungsversicherung nicht für einen derartigen Fall konzipiert worden sei. Im Versicherungsrecht ist aber nicht maßgeblich, vor welcher Motivlage der Versicherer ein Produkt konzipiert, sondern wie die vom Versicherer vorgegebenen Versicherungsbedingungen objektiv aus Sicht eines versicherungstechnischen Laien auszulegen sind.

So führt der vorgenannte Versicherer in seinen allgemeinen Bedingungen zur Betriebsschließungsversicherung zum Versicherungsumfang aus:

„Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger in Nr. 2 aufgeführten Krankheiten oder Krankheitserreger

a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebs oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;

In den Versicherungsbedingungen werden sodann einzelne Erkrankungen genannt. In einer Betriebsinformation vom 4.3.2020 stellte Versicherer insoweit noch klar:

„Wir stellen den Coronavirus „2019-nCoV“ den in unseren Bedingungen für die gewerbliche Betriebsschließungsversicherung (AVB BS 2002 -Teil B Nr. 2 Anlage 075) namentlich genannten Krankheitserregern gleich.“

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat aufgrund des § 32 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 Betriebsuntersagungen ausgesprochen, von denen nun eben auch die Gastronomie betroffen ist. Es dürfte demnach unstreitig sein, dass – wie es in den Bedingungen der Versicherer heißt – eine zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes versicherten Betrieben gegenüber eine Betriebsschließung ausgesprochen hat.

Sollten Sie also über eine Betriebsschließungsversicherung verfügen, empfehle ich – unabhängig von der bayerischen Initiative – sich unbedingt individuell anwaltlich beraten zu lassen.


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