BGH: VW hat Autokäufer im Abgasskandal sittenwidrig geschädigt

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Der BGH hat mit Urteil vom 25.05.2020 (Az. VI ZR 252/19) klargestellt, dass die Volkswagen AG Käufer manipulierter Dieselfahrzeuge sittenwidrig geschädigt hat. Nach ca. viereinhalb Jahren nach Aufdeckung des Abgasskandals steht also endgültig fest, dass Käufer manipulierter Dieselfahrzeuge von der Volkswagen AG Schadenersatz verlangen können. Der Schaden beziffert sich auf den Kaufpreis abzüglich einer Zahlung für gefahrene Kilometer (sog. Nutzungsersatz) gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Das Urteil ist insbesondere Rückenwind für Beteiligte des Musterverfahrens gegen die Volkswagen AG beim OLG Braunschweig (Az. 4 MK 1/18), die Vergleichsangebote der Volkswagen AG nicht angenommen haben. Diese können nunmehr auf der Grundlage des höchstrichterlichen Urteils Schadenersatz einklagen und damit eine einheitliche Rechtsprechung zu ihren Gunsten erwarten. Ebenso werden sich Gerichte bei noch laufenden Verfahren am BGH orientieren.

Die Volkswagen AG hatte Dieselfahrzeuge mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet. Der Hersteller verteidigte sich insbesondere damit, dass die Fahrzeuge uneingeschränkt nutzbar seien und damit den Käufern kein Schaden entstanden sei. Ebenso hätten die eigenen Ermittlungen der Volkswagen AG nicht ergeben, dass der Vorstand das Vorgehen, Fahrzeuge zu manipulieren, gekannt bzw. abgesegnet habe.

Diesen Einwänden ist der BGH nunmehr deutlich entgegengetreten: die Käufer sind mit dem Kauf des manipulierten Fahrzeugs geschädigt. Das Fahrzeug ist allgemein als nicht voll brauchbar anzusehen, da es dem Risiko der Stilllegung ausgesetzt ist. Damit liegt ein Schaden bereits mit dem Kauf vor. Unerheblich bleibt, ob ein Update nach Kauf vorgenommen worden ist. Zudem konnte die Volkswagen AG sich nicht auf den Standpunkt stellen, sie habe keine Erkenntnisse darüber, dass der Vorstand bzw. die Entwicklungsabteilung Kenntnis von der Manipulation der Fahrzeuge hatte. Die Volkswagen AG konnte die Vorwürfe gegen Führungsebene nicht schlicht bestreiten. Vielmehr hätte sich die Volkswagen AG hiergegen entlasten müssen. Da dies im Verfahren unterblieben ist, unterstellt das Gericht der Volkswagen AG eine bewusste Täuschung der Käufer.

Mit dem Urteil schreibt der BGH Rechtsgeschichte. Denn hiermit gestattet er Käufern gegenüber einem Hersteller einen Anspruch auf Schadenersatz wegen der bewusst mangelhaft hergestellten Kaufsache, obwohl der Käufer mit dem Hersteller nicht in vertraglicher Beziehung steht. Entsprechend sind Hersteller künftig dann mit Haftungsrisiken belastet, wenn sie bewusst Produkte mit schwerwiegenden Mängeln vermarkten, ohne dies offen zu legen. Ebenso stellt der BGH klar, dass ein Unternehmen Vorwürfe gegen Verantwortliche des Unternehmens nicht schlicht zurückweisen darf, sondern im Gerichtsverfahren Tatsachen darlegen muss, warum die Vorwürfe gegen die Verantwortlichen nicht zutreffen. Auch dies erschwert Unternehmen die Abwehr berechtigter Vorwürfe. Damit hat das Urteil auch präventive Wirkung und fördert einen redlichen Wettbewerb.



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