Bundesgerichtshof zum urheberrechtlichen Schutz von Gebrauchsgegenständen

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Der Schutz des Designs von Gebrauchsgegenständen ist immer wieder Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Hat das Design eines Produktes eine gewisse Bekanntheit erreicht, finden sich regelmäßig Nachahmer, die von dem Verkaufserfolg des Produktes profitieren wollen. Das Design von Gebrauchsgegenständen kann durch ein Geschmacksmuster geschützt werden. Ist jedoch der Geschmacksmusterschutz versäumt worden oder ist die maximale Schutzdauer von 25 Jahren abgelaufen, stellt sich die Frage, ob das Produkt auch urheberrechtlichen Schutz genießt. Ergänzend können Ansprüche aus Wettbewerbsrecht gegen den Nachahmer in Betracht kommen. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) zur Frage der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit und des Eingreifens wettbewerbsrechtlicher Ansprüche Stellung genommen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, Az. I ZR 53/10 - Seilzirkus).

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Urheberrechtsgesetz (UrhG) gehören Werke der bildenden Kunst einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst zu den geschützten Werken, sofern sie persönlich geistige Schöpfungen sind. Zu unterscheiden ist also zwischen Werken der bildenden Kunst, der sogenannten „reinen" oder „zweckfreien" Kunst wie Gemälde und dergleichen, und Werken der angewandten Kunst, also der Gebrauchskunst. Eine persönlich geistige Schöpfung erfordert eine individuelle Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht, dass von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann (BGH, GRUR 1987, 903 - Le Corbusier Möbel). Im vom BGH entschiedenen Fall beanspruchte ein Hersteller urheberrechtlichen Schutz für ein Kletternetz. Das Kletternetz ist sternförmig um einen zentralen Mast angeordnet und findet sich auf vielen Spielplätzen. Es wurde von dem Architekten Conrad Roland Anfang der siebziger Jahre gestaltet. Der BGH hatte nun abzugrenzen, ob es sich bei den einzelnen Merkmalen des Kletternetzes um individuelle Schöpfungen handelte oder lediglich um technisch bedingte Merkmale. Hierbei ist zu differenzieren, dass nur solche Merkmale eines Gebrauchsgegenstandes Urheberrechtsschutz begründen können, die nicht allein technisch bedingt, sondern auch künstlerisch gestaltet sind. Schutz durch das Urheberrecht kommt daher nur in Betracht, wenn nicht nur eine technische Lösung verkörpert ist, sondern darüber hinaus ein durch künstlerische Leistung geschaffener ästhetischer Gehalt. Der BGH hat ausdrücklich festgestellt, dass es daher bei Gebrauchsgegenständen, die nicht auf den ersten Blick eine rein künstlerisch ästhetische Ausformung innehaben, nicht ausreicht, im Prozess den Gegenstand oder eine Abbildung davon vorzulegen. Es muss vielmehr ausdrücklich begründet werden, warum die technischen Merkmale des Gebrauchsgegenstandes auch einen eigenen ästhetischen nicht notwendigen Gehalt innehaben. Diese Voraussetzung konnte der Kläger im entschiedenen Fall nicht darlegen und beweisen, sodass der Bundesgerichtshof dem Kletternetz urheberrechtlichen Schutz versagte.

Greifen Schutzrechte wie Patent, Geschmacksmuster oder Marke nicht ein, kann eine Nachahmung aufgrund des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes nach § 4 Nr. 9 UWG unlauter sein mit der Folge, dass Unterlassungsansprüche bestehen. Das Wettbewerbsrecht greift jedoch nur ergänzend ein, d. h., dass zu einer Nachahmung weitere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzukommen müssen. Zwar lag im vorliegenden Fall eine nahezu identische Übernahme des Kletternetzes vor, der BGH verneinte aber das Vorliegen der weiteren Umstände. Diese Umstände können beispielsweise in einer unlauteren Herkunftstäuschung oder in einer Rufausbeutung liegen. Der BGH hat entschieden, dass in der bloßen Übernahme von Merkmalen, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, kein unlauterer Umstand liegen kann. Im Ergebnis lehnt der BGH daher auch Ansprüche aus § 4 Nr. 9 UWG ab.

Praxistipp: Das Design von Gebrauchsgegenständen kann dem urheberrechtlichen Schutz unterliegen. Das Urheberrecht stellt hier aber hohe Anforderungen an die Schöpfungshöhe. Zudem gibt es kein Register für Urheberrechte, sodass sich erst im Prozess gegen einen Nachahmer sicher herausstellt, ob das Design Urheberrechtsschutz genießt. Ergänzend können auch Ansprüche aus Wettbewerbsrecht geltend gemacht werden. Hier müssen allerdings die besonderen, die Unlauterkeit begründenden Umstände vorliegen und insbesondere vom Kläger im Prozess auch dargelegt und bewiesen werden. Dies stößt in der Praxis häufig an Grenzen. Unumgänglich ist daher der Schutz des Designs durch ein Geschmacksmuster. Mit geringem Aufwand kann für ganz Deutschland, Europa oder sogar international Schutz für maximal 25 Jahre erreicht werden.

Rechtsanwalt Axel Dreyer, LL.M. Gewerblicher Rechtsschutz

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