Chancen und Risiken einer Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung

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Die Verringerung der zu zahlenden Steuern ist für viele Menschen sehr reizvoll, doch sind Steuerstraftaten keine Kavaliersdelikte. Eine der wohl bekanntesten Persönlichkeiten, die das am eigenen Leibe erfahren musste, ist Uli Hoeneß. Der ehemalige Fußballspieler und Präsident des FC Bayern München trat 2014 eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung an, nachdem er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde.

Die Krux daran: Uli Hoeneß hatte eine Selbstanzeige eingereicht, die zu einer Straffreiheit hätte führen können. Diese wurde von der Staatsanwaltschaft und dem Gericht jedoch als unwirksam eingeordnet, mit der Folge einer Verurteilung.  

Eine Selbstanzeige kann also strafbefreiend wirken, muss es aber nicht. Es ist unbedingt erforderlich, dass die Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige eingehalten werden, weil man sonst schlimmstenfalls die Ermittlungsbehörden erst auf die Idee bringt zu ermitteln und dann nicht in den „Genuss“ der strafbefreienden Wirkung kommt.

Gerade deshalb empfiehlt sich hier dringend, sich vorab rechtlichen Rat eines erfahrenen und spezialisierten Anwalts für Strafrecht, am Besten Anwalt für Wirtschafsstrafrecht und Steuerstrafrecht zu suchen.


Was ist eine Selbstanzeige im Steuerstrafrecht?

Eine Selbstanzeige (§ 371 AO) ist eine nachträgliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt, in welcher zuvor verschwiegene oder unrichtige Angaben nunmehr in korrekter Weise gemacht werden. Für die Wirksamkeit müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:


1. Vollständigkeit 

Eine wirksame Selbstanzeige liegt vor, wenn zu allen unverjährten Steuerstraftaten oder zumindest denjenigen der letzten 10 Kalenderjahre, die vollständigen und korrekten Informationen angegeben werden. 

Es ist nicht ausreichend, dass nur bestimmte Steuerstraftaten angezeigt werden, sondern jegliche Taten einer Steuerart (z.B. Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer, Umsatzsteuer). 


2. Rechtzeitigkeit 

Die wirksame Selbstanzeige kann in zeitlicher Hinsicht nur bis zur Kenntnis des Täters von der Tatentdeckung erfolgen. 

Nicht mehr rechtzeitig ist die Anzeige, wenn dem Steuerpflichtigen bereits eine Prüfungsanordnung oder die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt gegeben wurde oder ein Finanzbeamter erschienen ist, um eine steuerliche Prüfung oder Ermittlungen bezüglich einer Steuerstraftat vorzunehmen. 


3. Nachzahlung 

Die steuerpflichtige Person muss zuletzt auch bereits erlangte Steuervorteile zuzüglich Zinsen fristgerecht zurückzahlen. Dafür wird eine angemessene Frist gesetzt, die ungefähr zwischen einem und sechs Monaten beträgt. 


4. Ausschlussgründe

Es gibt allerdings Gründe, welche eine Straffreiheit grundsätzlich ausschließen, obwohl die Person sich selbst angezeigt hat. 

Diese sind aufgelistet in § 371 Abs. 2 AO und erfasst beispielsweise Fälle, in welchen die Anzeige zu spät erfolgt ist, der Hinterziehungsbetrag pro Tat über 25.000 € liegt oder ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt. 

Letzterer ist beispielsweise anzunehmen, wenn gefälschte Belege verwendet werden oder Steuern in besonders großem Ausmaß hinterzogen wurden (ab 50.000 €).     


Welche Vorteile hat eine Selbstanzeige im Steuerstrafrecht?

Demjenigen, der sich selbst anzeigt, wird Straffreiheit versprochen, obwohl eigentlich eine strafbewehrte Steuerhinterziehung vorliegt. Die Staatsanwaltschaft verfolgt die Steuerhinterziehung bei Erfüllung der Voraussetzungen nicht mehr weiter, es sei denn in der Selbstanzeige wurden unvollständige oder unrichtige Angaben gemacht. 

Die Selbstanzeige hat aber auch für Selbstanzeigende Vorteile, obwohl die Voraussetzungen für die Straffreiheit nach § 371 AO nicht erfüllt sind. 

Für bestimmte Ausschlussgründe ist in einer weiteren Norm (§ 398a AO) geregelt, dass von der Strafverfolgung abgesehen wird, wenn die Steuern und Zinsen fristgerecht zurückgezahlt werden und ein zusätzlicher Geldbetrag in die Staatskasse eingezahlt wird. 

Dies gilt für Taten, in welchen mehr als 25.000 € pro Tat an Steuern hinterzogen wurden oder wenn ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt.  

Die Höhe des Zuschlags bemisst sich nach der Höhe des hinterzogenen Betrages und beträgt: 

  • 10 % der hinterzogenen Steuer bei Hinterziehungsbeträgen bis einschließlich 100.000 €
  • 15 % der hinterzogenen Steuer bei Hinterziehungsbeträgen zwischen 100.000,01 € und 1.000.000 €
  • 20 % der hinterzogenen Steuer bei Hinterziehungsbeträgen über 1.000.000 €

Eine Selbstanzeige, welche die strafbefreiende Wirkung nicht entfaltet hat, kann jedoch strafmildernd berücksichtigt werden. Auch in diesen Fällen lohnt sich daher die nachträgliche Berichtigung. 


Für welche Straftaten ist eine strafbefreiende Selbstanzeige vorgesehen?

Die strafbefreiende Selbstanzeige gilt ausschließlich für die vorsätzliche Steuerhinterziehung (§ 370 AO). 

Die vorsätzliche Steuerhinterziehung (§ 370 AO) liegt vor, wenn bewusst gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständig Angaben gemacht, Tatsachen verschwiegen oder Steuerzeichen oder -stempler nicht verwendet werden. 

Macht eine steuerpflichtige Person versehentlich falsche Angaben, besteht die Pflicht zur Berichtigung von Erklärungen (§ 153 AO), wenn sie Kenntnis von der Unrichtigkeit erlangt. Diese Verpflichtung trifft auch Erben, wenn sie von der Unrichtigkeit der Angaben des steuerpflichtigen Erblassers erfahren. 

Eine Verletzung kann eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen darstellen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO), für welche selbstverständlich auch die Selbstanzeige möglich ist. 

Bei der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO) werden besonders fahrlässig Steuern verkürzt. Es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit, für welche eine Selbstanzeige ebenfalls möglich ist. 

Hierbei sind die Anforderungen geringer als im Falle der vorsätzlichen Steuerhinterziehung, sodass kein Vollständigkeitsgebot gilt und daher Teilselbstanzeigen möglich sind. Zudem ist die Anzeige nur ausgeschlossen, wenn die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekanntgegeben wurde.  


Wann ist eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung sinnvoll?

Eine Selbstanzeige ist grundsätzlich immer sinnvoll, wenn alle strafbefreienden Voraussetzungen vorliegen. Diese sind im Einzelfall zuvor zu prüfen.

Sie kann daher insbesondere nicht zielführend sein, sofern bereits eine Strafverfolgungsverjährung für die Steuerstraftat eingetreten ist oder eine Steuernachzahlung wegen mangelnder Liquidität nicht fristgerecht erfolgen könnte. 


Wie hoch ist die Strafe für Steuerhinterziehung ohne wirksame Selbstanzeige?

Die Steuerhinterziehung (§ 370 AO) wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. 

Die Strafe kann höher ausfallen, wenn ein sogenannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt. Der Rahmen bewegt sich dann zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Freiheitsstrafe. 


Was unterscheidet die Selbstanzeige von der Berichtigungspflicht bei Steuerstraftaten?

Für die Berichtigung und die Selbstanzeige ist jeweils erforderlich, dass in der Steuererklärung unrichtige Angaben gemacht wurden. 

Eine Berichtigung der Erklärung (§ 153 AO) kommt nur in Betracht, wenn die steuerpflichtige Person versehentlich falsche Angaben gemacht hat und dies erst im Nachhinein erkennt. Zum Zeitpunkt der Abgabe hat sich die Person noch keiner Steuerhinterziehung strafbar gemacht, da es am erforderlichen Vorsatz oder der Leichtfertigkeit fehlte. 

Nachdem die Erklärung berichtigt wurde, kommt es lediglich zur Nachzahlung zu wenig gezahlter Steuern.

Ein Verstoß gegen die Berichtigungspflicht kann eine strafbare Steuerhinterziehung durch Unterlassen darstellen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO). 

Die Selbstanzeige (§ 371 AO) führt zur Straffreiheit desjenigen, der bewusst gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder unvollständig Angaben gemacht, Tatsachen verschwiegen oder Steuerzeichen oder -stempler nicht verwendet hat und dies im Nachhinein korrigiert.

Prinzipiell kann daher auch derjenige Straffreiheit erlangen, der zunächst versehentlich eine unrichtige Steuererklärung abgegeben hat und es nach Erkenntnis unterlassen hat, seiner Berichtigungspflicht nachzukommen, sofern die Voraussetzungen des § 371 AO erfüllt sind. 


Welches Risiko besteht bei der Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung? 

Die Straffreiheit bezieht sich ausschließlich auf die begangene Steuerhinterziehung.

Bei der Verwendung gefälschter Belege kommt beispielsweise weiterhin eine Strafe wegen Urkundenfälschung in Betracht, die trotz dessen strafrechtlich verfolgt werden kann. Auch wenn es sich um „Schwarzgeld“ handelt, welches aus einer rechtswidrigen Tat wie einem Betrug, Glücksspiel oder Schwarzarbeit stammt, kommt eine Strafverfolgung wegen dieser Taten in Frage.  

Darüber hinaus besteht das allgemeine Risiko, dass die Selbstanzeige unwirksam ist, da sie nicht den gesetzlichen Voraussetzungen genügt. Dadurch wirkt sie sich insofern zu Lasten des Anzeigenden aus, da die Ermittlungsbehörden nunmehr einen begründeten Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung von Steuerstraftaten haben, welchem sie verpflichtet sind, nachzugehen. 


Wie lang sind die Verjährungsfristen bei Steuerhinterziehung?

Bei der Steuerhinterziehung ist zu unterscheiden zwischen der strafrechtlichen und der steuerrechtlichen Verjährung. 

Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige kommt es auf die strafrechtliche Verjährungsfrist an, d.h. die Möglichkeit der Strafverfolgung der Tat. 

Diese liegt bei fünf Jahren, in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung sogar bei 15 Jahren. 

Die steuerliche Verjährungsfrist erfasst die sogenannte Festsetzungsverjährung. Diese regelt, ob das Finanzamt für bestimmte Besteuerungszeiträume noch steuerliche Nachforderungen stellen kann oder der Erlass von solchen Bescheiden für das betreffende Jahr nicht mehr möglich ist.  

Die Frist beträgt normalerweise vier Jahre, verlängert sich jedoch auf fünf oder zehn Jahre, wenn eine leichtfertige Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung vorliegt. 


Ist ein Anwalt erforderlich, um Selbstanzeige zu erstatten? 

Zwar ist eine Selbstanzeige in vielen Fällen zu empfehlen, jedoch gibt es Ausnahmefälle, in welchen davon abzuraten ist. 

Damit die Anzeige zudem ihre vorteilhafte Wirkung entfaltet, müssen die erläuterten Voraussetzungen erfüllt sein. Besonders auf Grund der erforderlichen Vollständigkeit und den unterschiedlichen Verjährungsfristen, ist die Expertise von Experten hilfreich. Um in den Genuss der Straffreiheit zu kommen und nicht bloß einen Anfangsverdacht gegen sich selbst zu begründen, der in einem Strafverfahren resultiert, ist eine anwaltliche Beratung sinnvoll. Auch im Hinblick auf regelmäßig stattfindende Wohnungsdurchsuchungen, im Anschluss an eine Selbstanzeige, ist ein bestehendes Mandatsverhältnis vorteilhaft.    

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