Containern und Strafrecht

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1. Problemstellung

Recht und Moral können sich gerade im Bereich des Containern und des Strafrechts gegenüber stehen. Das sogenannte Containern ist vor einiger Zeit „in Mode gekommen“ und regelmäßig in den Medien zu finden. Aktivisten öffnen zur Rettung von noch genießbaren Lebensmitteln schwer zugängliche Müllcontainer – zumeist von Supermärkten – und nehmen die dort entsorgten Lebensmittel zum Verzehr an sich. Wegen des immer wichtiger werdenden Umwelt- und Klimaschutzes scheinen die Aktivisten gefühlt im Recht, zumindest aber nicht vollständig auf der Seite der „Bösen“. Demgegenüber steht jedoch die derzeitige Gesetzeslage. Das „Räubern“ der weggeworfenen Lebensmittel aus Müllcontainern kann sich als rechtswidriger Eingriff in das Eigentum anderer darstellen und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Die Rechtslage ist aber nicht unumstritten.

Das bayerische Oberlandesgericht hatte sich mit dieser umstrittenen Rechtslage zu beschäftigen (BayOLG, Beschl. v. 02.10.2019 – 206 StRR 1013/19, 206 StRR 1015/19).

2. Entscheidung des BayOLG

Der Sachverhalt der Entscheidung stellt sich wie folgt dar:

Im Jahr 2018 öffneten zwei Studentinnen mithilfe eines Sechskantschlüssels in einem Hinterhof eines Supermarktes einen abgeschlossenen Container, um diesem Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) zu entnehmen. Die Studentinnen erachten die Entsorgung von noch genießbaren Lebensmitteln als Verschwendung von Ressourcen. Der Supermarkt hat in Folge eines Shitstorms die Strafanzeige zurückgezogen. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch das besondere öffentliche Interesse bejaht und deshalb weiter ermittelt.

Das BayOLG bestätigte die Entscheidung des AG Fürstenfeldbruck, also einen Diebstahl im besonders schweren Fall nach § 242 Abs. 1, § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB mit einer Verwarnung mit Strafvorbehalt. Grund für die Entscheidung ist kurz gefasst, dass das Wegwerfen der Lebensmittel in einen abgeschlossenen, nur schwer zugänglichen Müllcontainer, das Eigentum des Supermarktes nicht entfallen lässt und deshalb der Besitz durch den Supermarkt nicht aufgegeben wurde. Dadurch ist jede Wegnahme von Lebensmitteln weiterhin als Diebstahl anzusehen.

3. Auswirkungen der Entscheidung

Die Entscheidung des BayOLG stellt eine Einzelfallentscheidung für den Bereich des „Containerns“ dar. Es wurde durch die Entscheidung jedoch nicht die flächendeckende Strafbarkeit ausgerufen. Die Entscheidung beruht jedoch auf einer langjährigen Rechtsprechung zum Eigentumsschutz. Es drohen deshalb strafrechtliche Risiken. Zu beachten ist jedoch, dass das „Containern“ zuweilen als Bagatelldelikt angesehen wird.

Die beiden Studentinnen haben beim Kampf gegen Lebensmittelverschwendung also weiterhin mit strafrechtlichen Risiken zu kämpfen. Eine moralisch als positiv anzusehende Sache zu vertreten schützt (leider) nicht vor einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit.

Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Problematik des „Containerns“ bleibt abzuwarten.

Ihr Rechtsanwalt
Christian Keßler

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