Corona - Erstattung der Stornogebühren auch ohne Reisewarnung

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Mit Urteil vom 14.07.2020 (Geschäftszeichen: - 32 C 2136/20 -) hat das Amtsgericht Frankfurt am Main entschieden, dass Stornogebühren vom Reisenden im Einzelfall auch dann nicht an den Veranstalter zu zahlen sind, wenn im Zeitpunkt des Rücktritts  keine Reisewarnung ausgesprochen wurde. Eine solche Reisewarnung sei keine zwingende Voraussetzung für die Vollerstattung des gezahlten Reisepreises bzw. geleisteter Anzahlungen. Ausreichend sei vielmehr 

"eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung ",  

so das Amtsgericht in seinem kürzlich veröffentlichten Urteil. Ausschlaggebend sei hier die Bewertung der Situation zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. 

Voraussetzung für einen "kostenlosen" Rücktritt, ohne Erhebung von Stornierungskosten seitens des Reiseveranstalters, ist grundsätzlich das Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände am Bestimmungsort der Reise oder in dessen unmittelbarer Nähe, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. 

Im vorliegenden Fall erfolgte die Stornierung einer Pauschalreise nach Italien aufgrund gesundheitlicher Bedenken  durch Erklärung des Reisenden Anfang März 2020. Hierbei bewertete das Gericht die Situation im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung als außergewöhnliche, so dass der Reisende nach Rücktritt nicht zur Zahlung einer Stornogebühr verpflichtet sei. Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich bereits die ersten Anzeichen einer umfangreichen Ausbreitung des Virus und einer Überlastung des Gesundheitssystems. Schulen und Universitäten wurden bereits geschlossen. Die ersten Ausgangsverbote wurden ausgesprochen. Von weiteren Verschlechterungen der Lage konnte zum damaligen Zeitpunkt ausgegangen werden. Im Ergebnis durfte der Kläger zum damaligen Punkt von außergewöhnlichen Umständen ausgehen, die die Pauschalreise nach Italien erheblich beeinträchtigen werden.

Stets ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, so dass sich eine pauschale Übertragung der Entscheidung verbietet. Im Falle eines „übereilten“ Rücktritts fällt in aller Regel eine Entschädigung gemäß § 651h Abs.1 Satz 3 BGB an. Hierbei stellte das Frankfurter Gericht klar, dass nachträgliche Änderungen nicht zu berücksichtigen sind. Wenn sich also im Nachhinein eine Betroffenheit der konkreten Reise von außergewöhnlichen Ereignissen ergibt, auf die sich der Reisende stützen könnte, seien diese nicht zu berücksichtigen. In diesem Fall könne der Kunde die Stornogebühren nicht zurückverlangen.

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