Corona-Krise in Thailand: Was thailändische Unternehmen beachten müssen

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Insolvenz in der Corona-Krise: Müssen thailändische Unternehmen Insolvenz anmelden?

Im Zuge der Asiatischen Finanzkrise von 1997 hat Thailand sein Insolvenzrecht reformiert. Damals zwang die Wirtschaftskrise viele thailändische Unternehmen in die Knie. Eine ähnlich schwere Krise droht nun 23 Jahre später durch die aktuelle Corona-Epidemie. Dies spüren als erstes Unternehmen im Fremdenverkehrs- und Reisesektor. Das trifft die thailändische Wirtschaft besonders hart, weil der Tourismussektor einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes überhaupt ist und erheblich zum Wachstum der thailändischen Wirtschaft in den letzten Jahren beitrug. Das 1998 und 1999 in Kraft getretene neue Insolvenzrecht, das seitdem stetig weiterentwickelt wurde, und die Verfahrensweise des ebenfalls 1999 geschaffenen Zentralen Insolvenzgericht folgen dem Vorbild US-amerikanischen „Bankruptcy Law” insbesondere bezüglich der Möglichkeiten und Verfahrensweise bei der Unternehmensrestrukturierung.

Thailändische Unternehmen in finanzieller Schieflage müssen selbst keinen Antrag auf Insolvenz stellen. Das thailändische Insolvenzrecht sieht als Antragsteller vornehmlich die Gläubiger vor. Diese dürfen einen Insolvenzantrag stellen, wenn die Höhe der Gesamtforderung THB 2 Millionen erreicht, bzw. bei einer natürlichen Person als Schuldner ab THB 1 Million.

Entscheidet das Insolvenzgericht, dass eine Insolvenz vorliegt, so wird das Unternehmen unter die Aufsicht eines gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters gestellt, der das Vermögen des Unternehmens kontrolliert.

Ein verschuldetes Unternehmen hat die Möglichkeit, einen Antrag auf „business reorganization“ bzw. Sanierung zu stellen. Auch bei diesem soll eine weitgehende Befriedigung der Gläubiger erreicht werden. Während jedoch das durch die Gläubiger eingeleitete Insolvenzverfahren in der Regel auf eine Liquidation des Unternehmens hinausläuft, bietet die gerichtlich erlaubte „business reorganization“ die Chance einer Rettung des Unternehmens, indem es dieses vorübergehend vor dem Zugriff der Gläubiger schützt einschließlich Insolvenzverwaltung, Zivilklagen oder Zwangsvollstreckung. Allerdings müssen am Ende die Gläubiger und das Gericht einem im Rahmen dieses Verfahrens zu erstellenden Sanierungsplan zustimmen. Die Annahme des Plans durch die Gläubiger erfolgt durch ein Quorum, dass mindestens 75 % der Gesamtschuld repräsentiert.

Gibt es eine Haftung des Managements einer thailändischen Gesellschaft?

Eine Haftung von Direktoren und Management kommt theoretisch nur bei einer Pflichtverletzung in Betracht. Die Pflichten insbesondere der Direktoren sind aber vielfältig und ergeben sich aus unterschiedlichen Gesetzen, vor allem dem thailändischen „Civil and Commercial Code”, Verbraucherschutzvorschriften, Steuergesetzen wie dem „Revenue Code” und zahlreichen anderen Rechtsquellen, sodass sich das Haftungsrisiko in der Praxis für den Laien als nicht ganz leicht ueberschaubar darstellt.

In dem Fall dass die Gläubiger nach thailändischen Verbraucherschutzvorschriften als Verbraucher gelten, kommt etwa neben der Direktorenhaftung in bestimmten Fällen sogar ein Durchgriff auf die Anteilseigner einer Private Company Limited in Betracht.

Ferner ordnen die einschlägigen Gesetze bei Verletzung bestimmter Direktorenpflichten sogar eine strafrechtliche Haftung mit zum Teil erheblichen Freiheitsstrafen an. Hierzu ein Beispiel statt vieler: So setzt sich im Fall dass das Unternehmen als Arbeitgeber Forderungen von aktuellen oder ausgeschiedenen Mitarbeitern nicht bezahlt, das Management dem Risiko auch strafrechtlicher Schritte der (ehemaligen) Mitarbeiter aus.

Der thailändische „Bankruptcy Act” selber sieht eine Haftung der Direktoren und anderer „Unternehmensinsider” bei Vermögensverschiebungen zum Nachteil von Gläubigern vor, und auch Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes wie Arrest des Direktors. Ferner können die entsprechenden Verfügungen durch das Insolvenzgericht für unwirksam erklärt werden.

Da verschuldete Unternehmen aber keine Rechtspflicht zum Stellen eines Insolvenzantrags haben, haftet der Manager oder Direktor nicht unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung per se.

Welche Hilfsmaßnahmen gibt es in Thailand für von der Corona-Krise betroffene Unternehmen?

Bisher hat die thailändische Regierung branchenübergreifend unter anderem folgende Hilfsmaßnahmen für Unternehmen aufgrund der Corona-Krise beschlossen:

  • Finanzielle Hilfe in Form von unbürokratischen und zinsgünstigen Darlehen und Stundung von bestehenden Zahlungspflichten;
     
     
  • Steuerliche Vergünstigungen um die Liquidität zu erhöhen wie Reduzierung der „withholding tax” (Quellensteuer abzuführen bei Entgeltzahlungen zwischen Unternehmen) von 3 % auf 1,5 % von April bis September 2020, dreifache Abschreibung von Arbeitnehmerlöhnen im Rahmen der Körperschaftssteuer bei kleinen und mittelständischen Unternehmen;
     
     
  • Reduzierung und Stundung bei Zahlungsansprüchen von Strom- und Wasserversorgern und anderen staatlichen Unternehmen und Behörden, Reduzierung der Sozialversicherungsabgaben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf drei Monate.

Weitere, branchenspezifische Hilfsmaßnahmen werden augenblicklich diskutiert.

Was sollten thailändische Unternehmen tun, die von der Corona-Krise betroffen sind?

Zum einen gilt natürlich auch für thailändische Unternehmen was angesichts der Corona-Krise für Unternehmen weltweit gilt: es sind alle denkbaren Maßnahmen zu ergreifen um kurz- und mittelfristig die Liquidität sicherzustellen, Worst-Case-Szenarien sind durchzurechnen, zusätzliche Cash Flow Quellen zu eruieren, Gespräche mit aktuellen und alternativen Vertragspartnern upstream und downstream zu führen um beispielsweise das Risiko von Versorgungsengpässen („supply chain disruptions”) zu minimieren etc. In unserer Praxis sehen wir jetzt schon eine Zunahme von Anfragen betreffend die außerordentliche Kündigung von langfristigen Verträgen angesichts der aktuellen Krise.

Wie oben erläutert bietet ein Antrag auf „business reorganization“ für ein Unternehmen, das Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann, die Chance einer Sanierung und Rettung des Unternehmens, indem es das Unternehmen vorübergehend vor einem Zugriff der Gläubiger schützt und im Rahmen eines Sanierungsplans unter Umständen vor der Liquidation bewahrt werden kann. 

Sollte das Unternehmen bereits in die Krise geraten sein, so ist ansonsten unbedingt Vorsicht geboten bei einer Bewegung von Vermögenswerten, will man sich nicht dem Vorwurf der strafrechtlich sanktionierten Schädigung der Gläubiger aussetzen. Das trifft übrigens auch auf bestimmte Transaktionen vor Stellung eines Insolvenzantrags durch die zu.

Zum anderen ergeben sich in Thailand besondere Problemstellungen aus den Beschränkungen denen ausländische Unternehmer bei ihrer Geschäftstätigkeit unterliegen. Zwar fördert die thailändische Regierung bestimmte geschäftliche Aktivitäten ausdrücklich neben steuerlichen Vergünstigungen auch durch Befreiung von diesen Beschränkungen.

Jedoch sind ausländische Unternehmer, die nicht in den Genuss dieser Privilegien kommen, oft auf lokale thailändische Partner angewiesen. Hierbei bedient man sich in der Praxis verschiedener legaler und illegaler rechtlicher Strukturen. Ist die gewählte Struktur nicht rechtlich „wasserdicht” macht sich der solcherart prekäre ausländische Unternehmer, der in Thailand zwischen Skylla und Charybdis segelt, nämlich dem Risiko behördlicher Sanktionen einerseits und dem sich absprachewidrig verhaltender lokaler Partner andererseits ausgesetzt ist, angesichts einer solch ernsten Krise umso mehr angreifbar.

Die aktuelle Corona-Krise zeigt deswegen, wie wichtig eine professionelle anwaltliche Planung im Vorfeld jeder unternehmerischen Tätigkeit in Thailand ist. Aber auch hinsichtlich bestehender Unternehmungen sollte angesichts der Corona-Krise bei den leisesten Zweifeln mit Blick auf Gesellschaftsstruktur und lokale Partner nun der Zeitpunkt gekommen sein, eine anwaltliche Beratung nicht länger hinauszuzögern.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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