Die häufigsten Fehler im internationalen Erbrecht und bei der internationalen Nachfolgeplanung

  • 4 Minuten Lesezeit

Viele Menschen scheuen sich, die Themen Testament und Nachlassplanung anzugehen, weil es bedeutet, sich auch mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen. Den Preis dafür zahlen dann meist die Erben, wenn sie sich nicht selten in einem kompletten Chaos wiederfinden. Der künftige Erblasser wiederum beraubt sich so der vielfältigen Möglichkeiten, das Schicksal des eigenen Nachlasses zu gestalten und eine unterschwellig schwelende Ungewissheit zu beseitigen.

Diese Probleme und Herausforderungen existieren für jede Nachfolgeplanung. Kommen aber unterschiedliche, internationale Jurisdiktionen ins Spiel, potenzieren sich die Herausforderungen und Risiken schnell. Fragen des internationalen Erbrechts entstehen typischerweise wenn

● der Erblasser seinen Wohnort im Ausland hat undoder dort verstirbt,

● Erben und Erblasser in verschiedenen Ländern leben,

● Vermögensgegenstände in verschiedenen Staaten vorhanden ist.

Ohne durchdachte globale Nachfolgeplanung drohen den Erben Komplikationen, nicht selten alle zugleich:

● Erbstreitigkeiten unter den Erben, bisweilen auch wegen Pflichtteilsansprüche von enterbten Verwandten in der alten Heimat.

● Langwierige und kostspielige Verfahren vor staatlichen Behörden oder Gerichten, um den Erbteil ausgekehrt zu bekommen, etwa über zum Nachlass gehörende Bankguthaben zu verfügen oder Immobilien, Fahrzeuge oder Schiffe zu überschreiben. Das thailändische Recht  etwa kennt keinen Erbschein und erkennt auch keinen deutschen Erbschein an.

● Streit mit Nachlassgläubigern, einschließlich alter Steuerschulden. Die deutschen Finanzämter und der amerikanische IRS nehmen ihnen bekannt gewordene Todesfälle regelmäßig zum Anlass einer Wiedervorlage alter Akten.

● Last but not least: Erbschaftssteuern. Die Erbschaftssteuersysteme sind weltweit nicht aufeinander abgestimmt, so dass in Einzelfällen eine absurde Steuerbelastung von über 100% möglich ist. Im schlimmsten Fall können die Erben in einem alptraumhaften „Erbchaos“ versinken.

Überblicken sie die Situation nicht rechtzeitig oder werden nicht kompetent beraten, droht bei einer Überschuldung des Nachlass manchmal sogar eine persönliche Haftung des Erben mit seinem nicht zum Nachlass gehörenden Vermögen. Wir haben es in unserer Praxis erlebt, dass es Erben bereuen – trotz erheblicher Werthaltigkeit des Nachlasses –, ein Erbe nicht frühzeitig ausgeschlagen zu haben.

Selbst Rechtsanwälte kennen sich bisweilen nicht mit den komplizierten Regeln des internationalen Privatrechts der einzelnen Länder aus, und die Erben gehen fälschlich von der Anwendbarkeit eines bestimmten Erbrechts aus, obwohl tatsächlich das Erbrecht eines anderen Landes anzuwenden ist. Die Nachlassgerichte prüfen bei Erbfällen mit Auslandsbezug, welches Erbrecht anwendbar ist – angeknüpft wird beispielsweise daran, wo ein Nachlassgegenstand gelegen ist, oder wo der Erblasser wohnte, welche Staatsangehörigkeit der Erblasser hatte etc. Bisweilen gibt es gar eine sogenannte Nachlassspaltung, bei der beispielsweise deutsches Erbrecht für einen Nachlassteil anzuwenden ist, thailändisches Erbrecht für einen zweiten und US-amerikanisches für einen dritten. Ohne Prüfung durch einen Fachmann drohen überraschende Ergebnisse!

Bei der internationalen Nachfolgeplanung bzw. der Auseinandersetzung und Einbringung eines Erbes sehen wir in der Praxis regelmaessig Probleme in drei Bereichen:

1. Fehlende Berücksichtigung internationaler Aspekte der Nachfolgeregelung:

● Die Beratung zur globalen Planung bei Vermögen in mehreren Ländern unterbleibt. Stattdessen gibt es nur ein Testament, etwa am Wohnort.

● Die erbschaftssteuerlichen Bestimmungen der relevanten Länder werden nicht genügend beachtet.

● Relevante Rechtsgebiete der betroffenen Länder – neben dem Erbrecht etwa Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht, Ehegüterrecht – werden nicht ausreichend berücksichtigt und aufeinander abgestimmt.

2.  Mängel letztwilliger Verfügungen:

● Es wird nicht von der Möglichkeit einer Rechtswahlbestimmung Gebrauch gemacht.

● Unkenntnis von Formvorschriften oder Geltungsbereich führen dazu, dass Testamente unwirksam oder nicht bezüglich aller Vermögensgegenstände wirksam sind.

● Notarielle Vorsorgevollmachten und Bankvollmachten entsprechend der landesrechtlichen Formvorschriften werden nicht oder nicht wirksam erteilt.

● Testamente werden nicht bei verlässlichen Stellen hinterlegt. Von der Möglichkeit zu Lebzeiten einen Nachlassverwalter zu ernennen, wird kein Gebrauch gemacht.

3. Mangelhafte Gesamtstruktur:

● Gehören auch Firmenanteile zum Vermögen, werden Gesellschaftsverträge und lebzeitige oder letztwillige Verfügungen nicht oder nicht genug aufeinander abgestimmt. 

● Mit einer altersgerechten Vermögensumstrukturierung wird nicht oder nicht rechtzeitig begonnen. Die Vermögensumstrukturierung wird nicht ausreichend auf die Nachfolger zugeschnitten.

● Alternative Instrumente, die in anderen Rechtsordnungen vorgesehen sind, wie der Trust angloamerikanischer Rechtsordnungen oder eine Stiftung/Foundation anderer Länder werden nicht kreativ genug in die Überlegungen einbezogen, oder werden zwar einbezogen, aber ohne deren rechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen für die Erben im Heimatland zu berücksichtigen, etwa mit welchen steuerrechtlichen Konsequenzen sie am Wohnort der bedachten Erben verbunden sind. So kann beispielsweise die Einbringung von Vermögen in einen neuseeländischen Trust bisweilen eine Steuer bei einem Begünstigten in Deutschland auslösen, obwohl an diesen noch gar kein Vermögen ausgekehrt wird.

● Es wird nicht oder nicht ausreichend Gebrauch gemacht von der Möglichkeit lebzeitiger Verfügungen auf den Todesfall oder der vorweggenommenen Erbfolge im Wege der Schenkung. Es werden dadurch hohe Steuerfreibeträge verschenkt. Der Erblasser lässt die Chance ungenutzt, in seinem Sinne gestalterischen Einfluss auf die Erben auszuüben.

Infolge unzureichender Berücksichtigung der Rechtsordnungen der verschiedenen Länder droht ein bürokratischer "Behördenwahnsinn", wenn bei erheblichen Vermögenswerten in verschiedenen Ländern kein verlässlicher Rechtsrat für jedes der betroffenen Länder eingeholt wird. Im schlimmsten Fall dauert es Jahre bis die Erben auch tatsächlich an den Nachlass „rankommen“. Banker und Vermögensverwalter überblicken oft nicht, welche Regeln beim Tod des Kunden bezüglich der Übertragung auf die Erben zu beachten sind. Die internationale Nachlassplanung sollte zur Vermeidung solcher Fehler nur durch einen erfahrenen Fachmann erfolgen.

Die häufigsten Fehler im internationalen Erbrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Moser

Beiträge zum Thema