Coronavirus – Auswirkungen auf Verträge, Arbeitsrecht und Reiserecht

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Seit geraumer Zeit bestehen seitens des Auswärtigen Amtes Reisewarnungen für sämtliche Industrieländer, die meisten Länder verbieten die Einreise von Deutschen und Europäern. Seit Samstag besteht im Bayern nach Ausrufen des Katastrophenalarms eine „Ausgangsbeschränkung“ gem. § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG) i. V. m. § 65 der Zuständigkeitsverordnung (ZuStV).

Ausgangssperre in mehreren Bundesländern.

Nach Bayern ziehen mehrere Bundesländer nach (Sachsen, Saarland, Baden-Württemberg und andere). Dabei handelt es sich um eine Ausgangssperre mit Ausnahmen. Dieser Begriff soll, so die Politik, möglichst vermieden werden, inhaltlich ist dies aber das gleiche wie eine „Ausgangsbeschränkung“. In Bayern dürfen die Bürger prinzipiell nur noch zur Arbeit fahren, Apotheken, Ärzte, Tankstellen und Lebensmittelgeschäfte aufsuchen.

Bei Verstoß: Ordnungswidrigkeiten und Straftaten

Ordnungswidrigkeiten ergeben sich aus §§ 73, Abs. 1a, Nr. 1 bis 24 IfSG. Straftaten ergeben sich aus §§ 74 und 75 IfSG. Bei Ordnungswidrigkeiten sind Geldbußen bis zu 25.000,00 EUR vorgesehen. Bei Straftaten drohen Geldstrafen (Einkommensabhängigkeit) oder sogar Haft bis zu fünf Jahren.

Grundregel: Objektive Unmöglichkeit und Betriebsrisiko

In der gegenwärtigen Situation (siehe oben) gilt für Arbeitsrecht, Reiserecht, Hotel- und Gastronomiegewerbe, Fitnessstudioverträge usw. grundsätzlich für den Unternehmer das Betriebsrisiko und für den Vertragspartner die objektive Unmöglichkeit.

So können Reisen kostenlos storniert werden, auf Umbuchungen oder Gutscheine muss man sich nicht einlassen. Fordern Sie Anzahlungen zurück und zahlen Sie keine Restzahlungen. Dies gilt nicht für Inlandsreisen ohne Beschränkungen oder wenn Sie aus reiner Angst die Reise nicht antreten wollen.

Ist das Fitnessstudio geschlossen, besteht kein Anspruch auf das entsprechende Entgelt.

Im Arbeitsrecht gilt: Im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung bleibt es dabei, dass der Arbeitgeber grundsätzlich weiter zur Entgeltzahlung verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit ist, aber aus Gründen nicht beschäftigen werden kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen. Das ist vorliegend gegeben. Wenn Sie aus Angst zu Hause bleiben, haben Sie keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Der Arbeitgeber muss Sie ggf. bezahlt freistellen oder im Homeoffice arbeiten lassen.

Kurzarbeit kann erfolgen, wenn dies tarifvertraglich vorgegeben oder arbeitsvertraglich vereinbart ist oder nachträglich wird. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Kurzarbeitergeld kann für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt werden. Kurzarbeitergeld wird in derselben Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 % der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, das ohne Arbeitsausfall gezahlt worden wäre, und dem pauschaliertem Nettoentgelt aus dem tatsächlich erhaltenen Arbeitsentgelt.

Sofern Sie unter Quarantäne gestellt werden, greift die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (6 Wochen). Anschließend müssen Sie Krankengeld beantragen. Kann der Beschäftigte aufgrund von allgemein angeordneten Maßnahmen seinen unbelasteten Arbeitsplatz nicht erreichen und somit seine Arbeitsleistung nicht erbringen, hat er grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung. Denn der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er sowohl zum Betrieb als seinem Arbeitsort gelangt (Wegerisiko).

Die Verbindlichkeiten müssen weiter bedient werden

Für Selbständige und Angestellte gilt: Geschäftliche und private Verbindlichkeiten (Miete, Kredite usw.) müssen weiter bedient werden. Das gleiche gilt für die steuerlichen Verbindlichkeiten.

Sicherstellung der Liquidität

Der Bund und der Freistaat Bayern versuchen gerade mit diversen Vergünstigungen (z. B. sog. Soforthilfe, Steuerstundungen, Herabsetzen der Steuervorauszahlungen) die Liquidität von Unternehmen sicher zu stellen. Diese Maßnahmen verschieben das Liquiditätsproblem aber nur in die Zukunft, sämtliche Steuerzahlungen müssen nachgeholt werden und ob dies dann möglich ist, ist fraglich. Es davon auszugehen, dass mehr Umsatz generiert werden muss, der dann in der Zukunft wieder zu höheren Steuerzahlungen führt.

Die hunderte von Milliarden Euro, die der Bund z. B. zur „Stärkung von Großunternehmen“ bereitstellen will, wären besser angelegt für einen totalen und ersatzlosen Steuererlass bis mindestens Ende 2020, und zwar z. B. für die Mehrwertsteuer, Einkommenssteuer, Lohnsteuer und Unternehmenssteuern.

Bedenken Sie, dass beide Seiten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Mieter und Vermieter) unter der Situation leiden. Selbst wenn nun beschlossen würde, dass Mieter für eine gewisse Zeit u. U. ihre Miete nicht mehr zahlen müssen, würde dies z. B. zu Lasten eines seine Eigentumswohnung finanzierenden Vermieters gehen. Kann dieser seinen Kredit nicht mehr bedienen, wird dies zu einer Belastung der Bank.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg, Wolfratshausen, München

Bundesweite Tätigkeit, Mitgliedschaft im Deutschen Anwaltsverein



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