Coronavirus und Arbeitsrecht – Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen sollten

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Das Coronavirus beherrscht die aktuelle Diskussion wie wohl kein zweites Thema. Dennoch besteht bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern nach wie vor Unsicherheit in Bezug auf viele arbeitsrechtliche Fragen. Einige versuchen wir nachfolgend zu beantworten:

1. Muss Gehalt gezahlt werden, obwohl die Behörde den Betrieb geschlossen hat?

Höchstwahrscheinlich ja. Es dürfte sich – etwa nach Einschätzung des Arbeitsministeriums – um einen Fall des sog. Betriebsrisikos handeln. Dieses trägt der Arbeitgeber.

Ob in diesem Falle ein Erstattungsanspruch gegenüber dem anordnenden Bundesland besteht ist fraglich, da es sich bei der Zahlung nicht um die Erfüllung der Entschädigungspflicht des jeweiligen Bundeslandes nach dem Infektionsschutzgesetz, sondern um die Erfüllung einer eigenen Zahlungspflicht des Arbeitgebers handeln würde.

2. Haben Mitarbeiter, die tatsächlich an Covid-19 erkrankt sind, Anspruch auf Gehalt?

Ist der Mitarbeiter tatsächlich erkrankt, hat er bis zur Dauer von maximal 6 Wochen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach den üblichen Grundsätzen (vgl. EFZG). Danach erhält er ggfs. Krankengeld.

3. Haben Mitarbeiter, die sich vorsorglich in Quarantäne befinden, Anspruch auf Gehalt?

Ist der Arbeitnehmer nicht erkrankt und kann er seine Arbeitsleistung in Quarantäne nicht erbringen, kann er dennoch Anspruch auf Gehalt haben, da ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund (vgl. § 616 BGB) vorliegen könnte.

Allerdings ist fraglich, bis zu welcher Dauer noch von einer „vorübergehenden“ Verhinderung gesprochen werden kann. In der Rechtsprechung wird in Anlehnung an die Dauer der Entgeltfortzahlungspflicht bei Krankheit ein Zeitraum von bis zu 6 Wochen wohl noch als „vorübergehend“ erachtet.

Fällt der Mitarbeiter jedoch länger aus, besteht kein Lohnfortzahlungsanspruch (auch nicht anteilig). Der Arbeitnehmer hätte in diesem Fall wegen seines Verdienstausfalles einen Anspruch auf Entschädigung gegenüber dem anordnenden Bundesland. Die Entschädigung wäre für die Dauer von 6 Wochen in Höhe des Gehaltes, anschließend in Höhe des Krankengeldes, zu zahlen. Der Arbeitgeber müsste die Entschädigung „vorschießen“ und bekäme diese auf Antrag vom Land erstattet.

Sollte ein Anspruch gem. § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen worden sein, bestünde bei Nichterkrankung und Nichtleistung auch kein Anspruch auf Gehaltszahlung. Der Arbeitnehmer hätte unmittelbar einen Entschädigungsanspruch gegen das jeweilige Land, der zunächst vom Arbeitgeber zu erfüllen wäre (s.o.).

4. Dürfen bzw. müssen Mitarbeiter im Home-Office arbeiten?

Ein gesetzlicher Anspruch auf Home-Office besteht nicht. Mitarbeiter dürfen also nur dann im Home-Office tätig werden, wenn es eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber gibt. 

Ist ein Mitarbeiter nicht erkrankt, sondern nur vorsorglich unter Quarantäne gestellt, ist er arbeitsfähig und somit grundsätzlich zur Arbeitsleistung verpflichtet. Dennoch ist der Arbeitgeber nicht befugt, einseitig Home-Office anzuordnen, da er kein Verfügungsrecht über die Wohnung hat. Kommt eine Einigung nicht zustande, ist der Mitarbeiter also nicht zur Arbeit im Home-Office verpflichtet. Hinsichtlich des Entgeltfortzahlungsanspruchs gilt dann das unter Ziffer 3 Gesagte. 

5. Darf ein Betrieb wegen der Befürchtung von Ansteckungen aus eigenem Antrieb vorübergehend schließen?

Eine vorübergehende Schließung des Betriebes ist möglich. Allerdings haben die Arbeitnehmer für die Dauer der Schließung Anspruch auf Gehalt (Annahmeverzugslohn, vgl. § 615 BGB). Ein Entschädigungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem jeweiligen Bundesland besteht in diesem Falle nicht.

Die Verrechnung mit Urlaubsansprüchen ist in einem solchen Falle nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer möglich.

6. Darf der Arbeitgeber einzelne Mitarbeiter wegen des Verdachtes auf Erkrankung nach Haus schicken?

Nein. Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung. Sind sie nicht arbeitsunfähig erkrankt, dürfen sie nur mit ihrem Einverständnis nach Hause geschickt werden. Selbstverständlich ist das Gehalt in diesem Falle jedoch weiterhin zu zahlen.

Auch eine Verrechnung mit Urlaubsansprüchen ist in einem solchen Falle nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer möglich.

7. Dürfen Mitarbeiter aus Angst vor einer möglichen Ansteckung zu Hause bleiben?

Grundsätzlich nein. Sind die Mitarbeiter selbst nicht arbeitsunfähig krank und besteht weder objektiv eine erhebliche Gefahr noch der objektiv begründete Verdacht einer erheblichen Gefahr für Leib und/ oder Leben, dürfen sie der Arbeit nicht fernbleiben.

Sollten sie dennoch unentschuldigt fehlen, würde dies arbeitsrechtliche Maßnahmen (insbesondere Abmahnungen) bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

8. Dürfen Mitarbeiter zu Hause bleiben, wenn keine Betreuungsmöglichkeit für Kinder besteht (Schließung von Kita, Schule o.ä.)?

Ja. Allerdings sollte dies dem Arbeitgeber so frühzeitig wie möglich mitgeteilt werden. Andernfalls könnte jedenfalls eine Abmahnung gerechtfertigt sein.

Fraglich ist allerdings, ob Mitarbeiter für die Zeit der Kinderbetreuung Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben:

Sofern die Schließung überraschend eintritt und eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit (z. B. Großeltern) nicht besteht, kann bei lediglich „vorübergehender“ Verhinderung ein Entgeltfortzahlungsanspruch bestehen (vgl. § 616 BGB). Unter einer vorübergehenden Verhinderung dürften in diesem Falle allerdings nur einige Tage zu verstehen sein. Dauert die Schließung länger, besteht kein Anspruch.

Ist § 616 BGB vertraglich ausgeschlossen, besteht ohnehin kein Anspruch auf Gehaltszahlung.

Die Kanzlei Maurer – Kollegen aus Mainz berät Sie gerne hinsichtlich sämtlicher Fragen des Arbeitsrechts. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.


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