Coronavirus und Kurzarbeit

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Restaurants geschlossen, Autobauer fahren die Produktion und ganze Standorte runter. Hotels, Sportveranstaltungen und viele mehr sind betroffen. Das Coronavirus bringt ganze Wirtschaftszweige zum Erliegen. Viele Betriebe und Jobs sind wegen der Corona-Krise in Gefahr. Um die Situationen aufzufangen, melden viele Unternehmen Kurzarbeit an.

Die Lungenkrankheit hat massivste Auswirkungen auf die Wirtschaft und den geregelten Arbeitsablauf in vielen Unternehmen. Je mehr Arbeitnehmer wegen Verdacht auf Coronavirus in Quarantäne müssen oder gar an Covid-19 erkrankt sind, desto mehr Firmen müssen die Arbeit drosseln und im Notfall die Kurzarbeit einführen.

Kurzarbeit ist ein wichtiges Instrument, das Entlassungen verhindern soll. Die Bundesregierung erwartet bis zu zwei Millionen Kurzarbeitende. Was bedeutet dies für die betroffenen Arbeitnehmer? Wie hoch und wie lange werden Leistungen ausgezahlt und darf ich einem Nebenjob nachgehen zum „Aufstocken“? Was für Arbeitnehmer jetzt wichtig ist:

Wer kann Kurzarbeit beantragen?

Kurzarbeit beantragt der Arbeitgeber. Der Bundestag hat dazu im Zuge der Corona-Krise ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das befristet bis zum 31.12.2020 einen leichteren Zugang zur Leistung regelt. Rückwirkend zum 1. März können Betriebe Kurzarbeitergeld nun bereits nutzen, wenn zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bislang musste das ein Drittel der Arbeitnehmer sein. Außerdem wird auf den Aufbau negativer Arbeitszeitkonten verzichtet.

Der Arbeitgeber muss Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit anzeigen. Davor muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Entscheidung ankündigen.

Dafür werde üblicherweise eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen. In Unternehmen ohne Betriebsrat muss sich der Arbeitgeber in der Regel eine Einverständniserklärung der von Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten einholen.

Der Arbeitgeber kann die Arbeitnehmer nicht zur Zustimmung und Einwilligung zur Kurzarbeit zwingen. Wenn ein Arbeitnehmer dem nicht zustimmt, dann kann der Arbeitgeber diesen nicht einseitig in Kurzarbeit schicken. Jedoch sollte sich jeder Arbeitnehmer dessen bewusst sein, dass der Arbeitgeber – sollte eine Vielzahl von Arbeitnehmern die Einführung der Kurzarbeit ablehnen – dann vielleicht Insolvenz anmelden muss oder zumindest im weiteren Fortgang Kündigungen aussprechen muss, um seine Zahlungsverpflichtungen zu verringern

Was bedeutet das für meine Gehalt?

Arbeitnehmer erhalten 60 Prozent ihres Nettolohnausfalls, wenn sie Kurzarbeit machen müssen bzw. 67 Prozent, wenn Sie Kinder haben. Wer also beispielsweise statt wie üblicherweise fünf Tage nur noch drei Tage pro Woche arbeiten würde, bekäme 60 Prozent des Lohns weiter vom Arbeitgeber. Für die übrigen 40 Prozent erhalten Beschäftigte die anteilige Kompensationszahlung von der Arbeitsagentur in Höhe von 60 bzw. 67 Prozent.

Im Extremfall kann die Arbeitszeit auf null reduziert werden und vorübergehend vollständig eingestellt werden. Kurzarbeitergeld kann zurzeit für maximal zwölf Monate bezogen werden.

Zur genauen Berechnung des Kurzarbeitergelds stellt die Bundesagentur für Arbeit eine Tabelle zur Verfügung. Der Arbeitgeber kann das Kurzarbeitergeld zudem freiwillig aufstocken. Es besteht aber kein Rechtsanspruch auf eine solche Aufstockung. Vielerorts werden gerade Verhandlungen zu solchen Aufstockungen geführt. Dies kann im Wege einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag erfolgen. Bei Arbeitnehmern, die weder einem Tarifvertrag unterfallen noch einen Betriebsrat im Betrieb haben, können die Arbeitnehmer versuchen, dies als Bedingung für ihre Zustimmung zur Einwilligung in die Kurzarbeit machen. Ob dies dann jedoch noch dem Arbeitgeber wirklich soviel hilft und in diesen – für alle – schweren Zeiten wirklich sinnvoll ist, muss jeder selbst entscheiden.

Wie kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Firmen müssen die Kurzarbeit beim Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur am Firmensitz schriftlich angeben. Dafür bietet die Bundesagentur für Arbeit einen Vordruck (PDF) an. Auch der Betriebsrat hat das Recht, die Kurzarbeit anzuzeigen. Welche Unterlagen von den Unternehmen eingereicht werden müssen, hat die Agentur für Arbeit auf ihrer Website zusammengestellt.

Wie sieht es mit Nebenjobs aus?

Wer bereits vor Beginn der Kurzarbeit einer Nebentätigkeit nachgegangen ist, kann dies weiter tun. Der Verdienst hat keine Auswirkungen auf die Höhe des Kurzarbeitergelds, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in einem FAQ erklärt.

Für Beschäftigte, die eine Nebentätigkeit neu aufnehmen, wird das daraus erzielte Entgelt auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Eine Ausnahme gilt bis zum 31.10.2020 in "systemrelevanten" Bereichen. Nebenverdienste, etwa im Gesundheitsbereich, werden hier nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Das gilt, sofern Beschäftigte die Höhe des Lohns nicht überschreiten, den sie vor der Kurzarbeit bekommen haben.

Kann der Arbeitgeber mich zwingen, erstmal Urlaub abzubauen?

Die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld sind im Sozialgesetzbuch III genau geregelt. Kurzarbeit kann der Arbeitgeber demnach anmelden, wenn der Arbeitsausfall unvermeidbar ist und der Betrieb alles getan hat, um ihn zu vermindern oder zu beheben. Das bedeutet, dass zunächst auch Zeitguthaben, Überstunden oder Ähnliches "abgefeiert" werden müssen. Zudem sei es möglich, Urlaub anzuordnen, soweit die betreffenden Urlaubstage nicht schon genehmigt sind. Urlaub, der schon genehmigt ist, könne vom Arbeitgeber nicht ohne weiteres wieder gestrichen werden. Dies gilt aber auch für den Arbeitnehmer, der nun bereits bewilligten Urlaub nicht einseitig „widerrufen“ kann. Einvernehmliche Regelungen sind natürlich immer möglich.

Kann mein Arbeitgeber auswählen, wen er in Kurzarbeit oder Zwangsurlaub schickt?

Bei der Auswahl der Arbeitnehmer wird es entscheidend darauf ankommen, in welchen Bereichen der Arbeitsausfall eintritt. Wenn dann noch eine Auswahlmöglichkeit für den Arbeitgeber verbleibt, wird die Auswahl nach billigem Ermessen erfolgen müssen. Der Arbeitgeber kann also nicht willkürlich verfahren.

In Betrieben mit Betriebsräten unterliegen die Einführung der Kurzarbeit und die Regelung der Einzelheiten zudem der Mitbestimmung des Betriebsrats. Hier kann der Arbeitgeber also nicht einseitig die Dinge festlegen.

Was passiert eigentlich, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf die Einführung von Kurzarbeit verständigen können?

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kurzarbeit. Das bedeutet konkret: Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat in der Frage, ob und wie Kurzarbeit eingeführt werden soll, nicht einigen, kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 87 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz).

Wie lange wird Kurzarbeitergeld eigentlich gezahlt?

Grundsätzlich gilt: Der Staat zahlt an berechtigte Unternehmen bis zu einem Jahr lang Kurzarbeitergeld. Eine Höchstgrenze für das Kurzarbeitergeld gibt es nicht.

Können Beschäftigte während der angemeldeten Kurzarbeit gekündigt werden?

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Kündigung als letztes Mittel) kann die Einführung von Kurzarbeit bei vorübergehendem Arbeitsausfall als milderes Mittel eine betriebsbedingte Kündigung unzulässig machen. Kurzarbeit schließt jedoch betriebsbedingte Kündigungen nicht aus, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit der betreffenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Dauer entfällt. Falls tatsächlich eine Kündigung erfolgt, kann Kurzarbeitergeld nicht mehr gezahlt werden.

Bekommen Auszubildende auch Kurzarbeitergeld?

Bislang bekommen Auszubildende kein Kurzarbeiterentgelt. Denn Kurzarbeit ist eine Maßnahme, um Arbeitsplätze zu erhalten. Einbußen müssen Azubis dennoch nicht befürchten. Sie bekommen ihre Ausbildungsvergütung in voller Höhe weiter bezahlt.

Hat Kurzarbeitergeld Auswirkungen auf den Anspruch und die Höhe von Arbeitslosengeld?

Kurzarbeit hilft in vielen Fällen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Sollte es dennoch dazu kommen, entstehen den Beschäftigten durch Kurzarbeit keine Nachteile. Zeiten des Bezuges von Kurzarbeitergeld wirken sich nicht negativ auf einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld aus. Der Bezug von Kurzarbeitergeld führt nicht dazu, dass eine grundsätzlich zur Arbeitsförderung versicherungspflichtige Beschäftigung versicherungsfrei wird. Dies ist selbst dann nicht der Fall, wenn Beschäftigte im Rahmen der Kurzarbeit keine Arbeitsleistung mehr erbringen.

Zeiten des Kurzarbeitergeldbezuges tragen wie „normale“ Beschäftigungszeiten zur Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei und werden auch bei der Ermittlung der Anspruchsdauer berücksichtigt. Falls Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer nach dem Bezug von Kurzarbeitergeld arbeitslos werden, berechnet sich das Arbeitslosengeld nach dem Arbeitsentgelt, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre. Damit ist grundsätzlich gewährleistet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine leistungsrechtlichen Nachteile erfahren, wenn sie nach dem Kurzarbeitergeldbezug arbeitslos werden sollten.

Hat das gekürzte Arbeitsentgelt Auswirkungen auf die spätere Rente?

Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, sind weiter rentenversichert. Doch die Rentenversicherungsbeiträge werden während der Kurzarbeit auf der Basis des tatsächlich gezahlten (also des reduzierten!) Arbeitsentgeltes gezahlt. Das hat zwar Auswirkungen auf die spätere Rente, allerdings keine gravierenden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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