Darf der Chef eine Corona-Impfung verlangen? (10.3.2021)

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Heike ist bei einem privaten Pflegedienst beschäftigt. Nach ihrer Mitteilung werden die Mitarbeiter seit längerer Zeit regelmäßig auf Corona getestet. Jetzt verlangt der Chef von ihr, dass sie sich impfen lässt. Damit hat Heike ein großes Problem. Nicht, weil sie die Impfung grundsätzlich für unsinnig hält, sondern weil sie an einer sehr speziellen Krankheit leidet und aus dem Grund auch keine Grippeschutzimpfung vornehmen lässt. Nun wurde Heike erstmal „beurlaubt“. Nur ist das ja auch keine Dauerlösung, oder?

Ganz bestimmt nicht. Spätestens bei nächsten Gehaltsabrechnung stellt sich die Frage, wer denn die Freistellung im Ergebnis bezahlt. Für Heike ist zunächst einmal wichtig zu wissen, ob sie sich nun impfen lassen muss oder nicht. Besteht schon keine Verpflichtung zum Impfen, kommt es nicht darauf an, ob sie das Impfen vertragen würde.

Impfung – schwerwiegender Persönlichkeitseingriff

Die Impfung stellt einen schwerwiegenden Persönlichkeitseingriff dar. Es mag zwar sein, dass die Schmerzen beim Impfvorgang eher harmlos und daher zu vernachlässigen sind, die Impfung kann aber durchaus erhebliche Nebenwirkungen haben. Da die Impfstoffe allesamt relativ neu auf dem Markt sind, dürften sämtliche in Betracht kommende Nebenwirkungen zum jetzigen Zeitpunkt (10.3.2021) auch noch nicht erforscht sein. Wegen der mit dem Impfen unter Umständen verbundenen Nebenwirkungen unterscheidet sich eine Impfung ganz wesentlich von einer ärztlichen Untersuchung.

Duldungspflicht bei ärztlichen Untersuchungen

Ärztliche Untersuchungen zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit hat der Arbeitnehmer hinzunehmen, wenn der Arbeitgeber an der Feststellung der Arbeitsfähigkeit ein berechtigtes Interesse hat. Nach der Rechtsprechung kann sich die Duldungspflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben. Auch aus der allgemeinen Treuepflicht kann sich die entsprechende Duldung nach Ansicht diverser Arbeitsgerichte ergeben.

Für Impfung Gesetzesgrundlage erforderlich

Wegen des mit der Impfung verbundenen Eingriffs bedarf es für die Impfung einer entsprechenden Gesetzesgrundlage. Eine solche enthält beispielsweise das Soldatengesetz. Hiernach sind Soldaten (Beamte) unter Umständen verpflichtet, eine Impfung zu dulden. Für den normalen Arbeitnehmer gibt es aktuell keine gesetzliche Impfpflicht.

Impfanordnung nicht vom Direktionsrecht gedeckt

Besteht aktuell keine gesetzliche Pflicht zum Impfen, kann die Impfung auch nicht vom Arbeitgeber angeordnet werden. Die Anordnung ist daher weder vom Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) gedeckt, noch lässt sich die Anordnung mit § 618 BGB rechtfertigen.

Wenn allerdings die Impfung nicht wirksam durch den Arbeitgeber angeordnet werden kann, so geht die Freistellung des sich weigernden Arbeitnehmers zu Lasten des Arbeitgebers.

Aufschub ist keine Lösung

Da sich das Covid-19-Problem möglicher Weise noch eine Weile hinziehen wird, würden wir allerdings keinesfalls empfehlen, die Beine hochzulegen und abzuwarten, was passiert. Im Sinne der Beteiligten wäre wohl eine zeitnahe Klärung die optimalere Variante. Lässt sich diese mit dem Arbeitgeber außergerichtlich und einvernehmlich nicht erzielen, bleibt leider nur der Gang zum Arbeitsgericht.

Sie selbst betroffen oder haben eine Frage zum Thema? Sprechen Sie uns gern an.


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