Das neue Widerrufsrecht 2022

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Das neue Widerrufsrecht 2022

Angesichts der sich immer weiter modernisierenden Gesetzeslage, durch die versucht wird, die Digitalisierung und die mit ihr kommenden Chancen und Probleme zu regeln, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch das für Unternehmer so elementare Widerrufsrecht an das digitale Zeitalter angepasst wird.

Mit der jüngsten Gesetzesänderung soll der Umsetzung der sogenannten „Omnibus-Richtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/2161) Rechnung getragen werden, welche für einheitliche und modernere Verbraucherschutzrichtlinien innerhalb des europäischen Binnenmarktes sorgen soll.

Relevant sind hierbei vor allem Änderungen der Widerrufsbelehrung sowie des Widerruf-Musterformulars, des Widerrufrechts bei digitalen Dienstleistungen und Produkten, der Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, des Wertersatzes im Falle eines erfolgten Widerrufs sowie die Einigung auf eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen.

1. Neue Widerrufsbelehrung nach Anlage 1 EGBGB

Lange, stets und ständig war die Angabe einer Faxnummer in weiten Teilen der juristischen Arbeit unerlässlich. Nun entfällt die Pflicht, eine Faxnummer auf der Widerrufsbelehrung anzugeben. Anstelle dieser muss nun eine Telefonnummer und eine E-Mail Adresse aufgeführt werden. Zudem müssen künftig auf der Widerrufsbelehrung jegliche Kommunikationskanäle genannt werden, über welche das Unternehmen kommuniziert und in üblicher Weise den Kunden zur Kontaktaufnahme zur Verfügung gestellt wird. Dabei ist zu beachten, dass dadurch keine Pflicht entsteht, neue Kommunikationskanäle zu schaffen, sondern lediglich die bereits vorhandenen anzugeben.

Schließlich ist die geänderte Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 1 EGBGB zu beachten.

2. Digitale Dienstleistungen und Produkte

Ab sofort wird im Rahmen des Widerrufrechts zwischen zwei Vertragstypen unterschieden: Verträge, bei denen Verbraucher mit Geld und Verträge, bei denen Verbraucher mit personenbezogenen Daten, zu denen unter anderem auch die Einwilligung in eine Newsletter-Bestellung zählt, bezahlen. In diesen Bereichen sind vor allen Dingen die Möglichkeiten zum frühzeitigen Erlöschen des Widerrufrechts interessant.

Zahlt ein Verbraucher mit personenbezogenen Daten o.ä., so erlischt sein Widerrufsrecht, wenn die Dienstleistung vollständig erbracht wurde. Bei digitalen Inhalten erlischt es, wenn der Unternehmer bereits mit der Vertragserfüllung begonnen hat.

Zahlt er hingegen eine digitale oder nicht digitale Dienstleistung mit Geld, erlischt sein Widerrufsrecht, wenn

  • der Verbraucher zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Erbringung der Dienstleistung beginnt,
  • bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, wenn die Zustimmung zur Erbringung der Dienstleistung vor Ablauf der Widerrufsfrist auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt wurde, und
  • wenn der Verbraucher bestätigt und zur Kenntnis nimmt, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht mit der vollständigen Vertragserfüllung seitens des Unternehmers erlischt.

Bei der Zahlung von digitalen Inhalten mit Geld erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers dann, wenn

  • dieser zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Erfüllung des Vertrags beginnt,
  • dieser bestätigt und zur Kenntnis nimmt, dass das ihm zustehende Widerrufsrecht mit Beginn der Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt, und
  • wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Bestätigung über das Erlöschen des Widerrufsrechts auf einem dauerhaftem Datenträger zur Verfügung gestellt hat.

3. Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Die bisher geltenden Informationspflichten nach Art. 246 a EGBGB werden um weitere Informationspflichten ergänzt.

Zum einen sieht der neue Art. 246 a EGBGB vor, dass nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB darauf hingewiesen werden muss, wenn Preise in einem Onlineshop auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert werden, beispielsweise durch sog. Profiling. Der Informationspflicht wird allerdings nicht alleine dadurch Rechnung getragen, dass ein allgemeiner Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf diese Vorgehensweis hinweist. Vielmehr muss diese klar und verständlich sein und vor Abschluss eines Vertrages mit dem Verbraucher diesen individuell darauf hinweisen.

Nach Art. 264 a § 1 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ist der Unternehmer zudem dazu verpflichtet, dem Verbraucher eine Telefonnummer, eine E-Mail Adresse und mögliche andere Kommunikationskanäle mitzuteilen. Vor der Umsetzung der Omnibus-Richtlinie stellte dies lediglich eine Freiwilligkeit dar, welche nun jedoch obligatorisch ist. Die verpflichtende Angabe einer Faxnummer entfällt hingegen auch hier vollständig.

4. Wertersatz bei erfolgtem Widerruf

Künftig wird § 357 Abs. 8 BGB auf den seit 01.01.2022 in Kraft getretenen § 327 p BGB verweisen, welcher die Nutzung digitaler Produkte nach Vertragsbeendigung regelt. Zudem enthält nun § 357 a Abs. 1-3 BGB die Bestimmungen zu Wertersatz von Waren, Dienstleistungen und digitalen Inhalten.

5. Drohende Bußgelder bei Nichtbeachtung

Der neue Art. 246 e EGBGB enthält bei Nichtbeachtung der neuen Vorschriften die Möglichkeit, Bußgelder bis zu einer Höhe von 50.000 € zu verhängen. Zudem kann bei EU-Staaten übergreifenden Verstößen ein Bußgeld in Höhe von bis zu 4% des Jahresumsatzes fällig werden, sodass eine Beachtung auch im Interesse von Unternehmern ist.

Foto(s): Ulrike Schmidt-Fleischer

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