Das Umgangsrecht und Corona

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Die aktuellen Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes können auch Auswirkungen auf das Umgangsrecht haben. Zu Recht erhalte ich daher Anfragen von Mandanten, wie denn nun das Umgangsrecht wahrgenommen werden kann, bzw. überhaupt noch darf.

Stand heute (23.03.2020) gibt es bis auf wenige Ausnahmen keine landesweite Ausgangssperre, sondern lediglich massive Kontaktverbote, sodass unter Einhaltung der weiteren Anordnungen, auch grundsätzlich einem Umgangsrechts nichts im Wege steht.

1. Umgang bei Ausgangssperre

Ob der Umgang bei einer angeordneten Ausgangssperre wahrgenommen werden kann, hängt von den Regelungen der erlassenden Behörde ab.

Bayern gestattet die Ausübung des Umgangsrechts auch während der derzeit laufenden Ausgangssperre als „Wahrnehmung des Sorgerechts“.

2. Grenzen des Umgangs

Was gilt aber ohne Ausgangssperre?

Gem. § 1684 BGB hat das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil. Der jeweilige Elternteil ist hierzu berechtigt, aber auch verpflichtet.

Der Umgang ist am Kindeswohl auszurichten und kann daher nur dann eingeschränkt, verringert oder abgeändert werden, soweit dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist, vgl. § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB.

Dass die Gesundheit des Kindes unter diesen Begriff fällt, dürfte völlig klar sein.

Die abstrakte Gefahr genügt hierbei allerdings nicht, sondern es muss eine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliegen. Die Bedenken aufgrund der derzeitigen Situation, das Kind könne infiziert werden, werden daher für sich allein nicht zu einem Wegfall des Umgangs führen. Dies auch unter dem Aspekt, dass Kinderärzte für Kinder, die nicht den Risikogruppen unterfallen, keine große Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs sehen.

Es müssen also weitere Umstände hinzutreten, die eine Kindeswohlgefährdung begründen. Doch wann liegen solche Umstände vor?

  • Sofern der umgangsberechtigte Elternteil unter amtlich angeordneter Quarantäne steht, muss der Umgang selbstverständlich ausfallen.
  • Auch bei häuslicher Isolation des Umgangsberechtigten wegen Vorliegens von Symptomen (Husten, Fieber) ohne positiven Test.
  • Leidet das Kind selbst unter Symptomen muss der Umgang entfallen.

Dies sind eindeutige Fälle. Schwieriger wird es, wenn es keine amtlichen Anordnungen gibt und auch (noch) keine Symptome vorliegen, folglich daher auch kein positives oder negatives Testergebnis vorliegt.

Bei Kindern mit entsprechender Vorbelastung, die also zur Risikogruppe für schwere Verläufe gehören, muss das Risiko entsprechend den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts größtmöglich gemindert werden. Hier sollte auf jeden Fall der behandelnde Arzt hinzugezogen werden. In die Betrachtung sodann mit einzubeziehen sind weiter die Umgangsverhältnisse beim Umgangsberechtigten, also wird der Umgang alleine zuhause wahrgenommen oder hat das Kind weiteren Kontakt mit anderen, im Haushalt des Umgangsberechtigten lebenden Personen. Wie werden dort allgemeine Hygienemaßahmen umgesetzt und eingehalten? Gab es dort Kontakt zu Personen, die sich in Risikogebieten aufgehalten haben? Welcher Kontakt besteht zu Dritten? 

Die Einschätzung kann dann auch zu einem Entfallen des Umgangs führen.

3. Verfahrensrechtliche Konsequenzen

Zunächst empfiehlt es sich, dass die Eltern miteinander sprechen und versuchen, möglichst einvernehmlich die Situation zu regeln.

Gelingt dies nicht, ist zu unterscheiden, ob bereits eine gerichtliche Regelung existiert oder nicht.

Liegt eine solche vor und wird diese nicht eingehalten, so kann vom Umgangsberechtigten wegen des Verstoßes hiergegen, ein Ordnungsgeld beantragt werden. Ein solches würde aber nur dann verhängt werden, wenn der Umgangsverpflichtete die Zuwiderhandlung zu vertreten hat (§ 89 Abs. 4 FamFG). Hier wären nun die kindeswohlbezogenen Gründe darzulegen und nachzuweisen und würden im Fall des Vorliegens einer Kindeswohlgefährdung zur Zurückweisung des Ordnungsgeldantrags führen.

Der Umgangsverpflichtete hat hingegen dem zuvorzukommen und die Möglichkeit, vorab eine Abänderung der Regelung bei Gericht zu erwirken. Inwieweit dies bei den derzeitigen Einschränkungen auch bei Gericht insbesondere schnell möglich ist, kann schwer abgeschätzt werden. Allerdings dürfte gerade in Kindschaftssachen die gerichtliche Erreichbarkeit gegeben sein.

Liegt keine gerichtliche Regelung vor, so kann der Umgangsverpflichtete letztlich faktisch den Umgang aussetzen. Dem Umgangsberechtigten bleibt dann nur einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Festsetzung des Umgangs bei Gericht einzureichen. Doch auch bis hierüber entschieden ist, dauert es in der Regel wenige Wochen, auch wenn Kindschaftssachen dringlich und zeitnah behandelt werden müssen.

4. Folgen

Auch wenn im Ergebnis der Umgang in persona auszusetzen sein sollte, so sollte aber dennoch daran gedacht werden, für diese Zeit andere Wege des Kontakts zu etablieren. Insbesondere der Videochat wird hier Bedeutung erlangen. Um den Kontakt des Kindes zum umgangsberechtigen Elternteil aufrechtzuerhalten, ist es Pflicht des betreuenden Elternteils, hier zu unterstützen. 

Nutzt der betreuende Elternteil aber die Situation, um den Kontakt und das Verhältnis des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil zu verschlechtern, kann dies Rückschlüsse auf seine Erziehungsfähigkeit zulassen. Solche „Spielchen" sollten daher im Interesse des Kindeswohls dringend unterlassen werden.

Bedauerlich ist, dass bei begleitet durchgeführten Umgangskontakten die Termine derzeit leider von der begleitenden Einrichtung abgesagt werden und womöglich erzielte Fortschritte gefährdet werden. Dies ist leider nicht zu ändern. Es sollte jedoch der Einzelfall betrachtet werden. Und auch hier gilt es, dass Alternativen zu suchen sind, um den Kontakt zu halten. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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