DAUER DES AUFENTHALTS - DIE STAATSBÜRGERSCHAFT DES ANTRAGSTELLERS MACHT DEN UNTERSCHIED -

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EuGH, 10. Februar 2022  Nr. 27/22 , Urteil in der Rechtssache C-522/20, OE

Ein italienischer Staatsbürger, der etwas mehr als sechs Monate in  Österreich lebt, hat vor den österreichischen Gerichten einen Scheidungsantrag gegen seine deutsche Ehefrau, mit der er in Irland  gelebt hatte, gestellt.

In den beiden ersten Instanzen wurde sein Antrag abgelehnt, da sich die österreichischen Gerichte nicht für zuständig erachteten, weil der Antragsteller kein österreichischer Staatsbürger ist und   sich deshalb  mindestens dort ein Jahr hätte aufhalten müssen, um die Zuständigkeit der österreichischen Gerichten zu begründen.Für den  Antragsteller stellte die Tatsache, dass er im Vergleich zu österreichischen Staatsbürgern einen längeren Aufenthalt in Österreich haben muss, um in den Genuss der Zuständigkeit der österreichischen Gerichte zu kommen,  eine verbotene Diskriminierung  aus Gründen  der Staatsangehörigkeit dar.

Er  bat  den österreichischen  Obersten Gerichtshof einen Antrag auf Vorabentscheidung vor dem EuGH zu stellen.

Wir erinnern, dass  Artikel 3 der Verordnung (EU) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die  die Zuständigkeit in Ehesachen, Anknüpfungspunkte zur Begründung der gerichtlichen Zuständigkeit vorsieht.

Die zuständigen Gerichte sind entweder, die Gerichte des gewöhnlichen Aufenthalts oder die der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute.

Haben die Eheleute weder einen gemeinsamen Aufenthalt, noch eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, kann der Antragsteller, die Gerichte  des Mitgliedstaats für zuständig erklären,  in dessen Hoheitsgebiet

-  er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder

-  er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist.

Auf die Frage, ob die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts für die gerichtliche  Zuständigkeit für die Entscheidung über einen Antrag auf Ehescheidung  von der Staatsangehörigkeit abhängt, hat der EuGH bejahend geantwortet. 

Für den europäischen Richter  trägt der Besitz der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaats dazu bei, dass eine tatsächliche Beziehung zu diesem besteht, ist es nicht offensichtlich unangemessen, in einem solchen Fall nur einen mindestens sechsmonatigen (statt einjährigen) gewöhnlichen  Aufenthalt im Inland zu verlangen.


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