Der Ablauf des Zwangsversteigerungsverfahrens in Spanien

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I.    Was ist die Zwangsversteigerung und wo ist sie geregelt?

Mit dem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens steht fest, welche Partei den Prozess gewonnen hat. Dennoch kann es vorkommen, dass die unterlegene Partei dem gerichtlich bestätigten Anspruch, beispielsweise die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, nicht nachkommt. Um dennoch der obsiegenden Partei die Möglichkeit zu geben, den ihr zugesprochenen Anspruch durchzusetzen, gibt es das Zwangsvollstreckungsverfahren. In der Zwangsvollstreckung werden mithilfe von staatlichem Zwang die Ansprüche von Privatpersonen durchgesetzt. Der Anspruchsinhaber wird dann als Vollstreckungsgläubiger, der Anspruchsgegner als Vollstreckungsschuldner bezeichnet. Das Zwangsversteigerungsverfahren ist eine besondere Form der Zwangsvollstreckung. Es bezieht sich stets auf Immobilien, die versteigert werden, um aus dem Erlös die Ansprüche befriedigen zu können. Das Zwangsversteigerungsverfahren schließt sich in logischer Konsequenz damit stets an ein Gerichtsverfahren an. Die Zwangsversteigerung von Immobilien ist in Spanien in den Art. 655 ff. Ley de Enjuiciamiento Civil, Gesetz 1/2000 vom 7. Januar, kurz LEC geregelt. Dieses Gesetz ist mit der deutschen Zivilprozessordnung vergleichbar. Auf die Zwangsversteigerung von Immobilien finden die Vorschriften über die Zwangsversteigerung von beweglichen Gegenständen (Art. 643 ff. LEC) entsprechend Anwendung, sofern nichts anderes geregelt ist, Art. 655 Abs. 2 LEC.

II.    Wie wird das Zwangsversteigerungsverfahren in Spanien eingeleitet und was wird geprüft?

Aus Art. 656 LEC geht hervor, dass das Versteigerungsgericht bei der Einleitung des Verfahrens eine Eigentümer- und Lastenbescheinigung des Versteigerungsobjekts, der Immobilie, beim zuständigen Grundbuchamt beantragt. Aus dieser Bescheinigung ergibt sich, wer der aktuelle Eigentümer ist und welche Lasten, beispielsweise eine Hypothek oder eine Grundschuld, auf dem Grundstück eingetragen sind. Der Registerbeamte vermerkt im Grundbuch, dass die Immobilie Gegenstand eines Zwangsversteigerungsverfahrens ist, um dies für Dritte einsehbar und erkennbar zu machen. Gleichzeitig informiert er die im Grundbuch eingetragenen Gläubiger über die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens, um diesen die Möglichkeit zu geben, mitzuteilen, ob die im Grundbuch eingetragenen Forderungen noch bestehen, Art. 657 LEC. Weiterhin kann er vom Vollstreckungsschuldner die Vorlage des Eigentumstitels (in der Regel die notarielle Kaufvertragsurkunde) verlangen, Art. 663 Abs. 1 LEC.

III.    Was geschieht, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht der Eigentümer der Immobilie ist?

Sollte die Eigentümerprüfung ergeben, dass eine andere Person als der Vollstreckungsschuldner als Eigentümer der Immobilie eingetragen ist, so hebt das Vollstreckungsgericht die Beschlagnahme der Immobilie wieder auf, Art. 658 LEC. Aus diesem Grund ist es immens wichtig, das Zwangsversteigerungsverfahren unverzüglich im Anschluss an das gerichtliche Verfahren zu betreiben, um dem Vollstreckungsschuldner nicht die Möglichkeit zu geben, die Immobilie auf eine dritte Person, etwa auf die Ehefrau, den Ehemann oder die Kinder, umschreiben zu lassen.

 IV.    Was geschieht, wenn die Immobilie bewohnt ist?

Sollte die Immobilie bewohnt sein, so werden auch die Bewohner über das Zwangsversteigerungsverfahren informiert und vom Gericht aufgefordert, innerhalb von zehn Tagen einen Nachweis über ihr Besitzrecht (in der Regel der Mietvertrag) zu erbringen, Art. 661 Abs. 1 LEC. Der Vollstreckungsgläubiger hat die Möglichkeit, schon vor der Versteigerung von dem Gericht feststellen zu lassen, ob die Bewohner ein Recht haben, in der Immobilie zu verbleiben oder ob sie die Immobilie räumen müssen, Art. 661 Abs. 2 LEC. Ist der letztere Fall gegeben, so setzt das Gericht nach der Versteigerung auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers den Bewohnern eine zehntägige Räumungsfrist, Art. 675 Abs. 3 LEC.

V.    Wie hoch ist der Versteigerungswert?

Der Versteigerungswert der Immobilie ergibt sich aus dem Wert der Immobilie selbst, von dem noch die eingetragenen Lasten und Belastungen abgezogen werden. Handelt es sich um eine Immobilie, die mit einer Hypothek belastet ist, so ergibt sich der Wert der Immobilie aus dem von den Parteien festgesetzten Wert in der Hypothekenbestellungsurkunde, Art. 682 Abs. 2 Nr. 1 LEC i.V.m. Art. 129 Ley Hipotecaria (Hypothekengesetz). Sollte sich bei dieser Wertermittlung herausstellen, dass die Lasten und Belastungen den Wert der Immobilie übersteigen, setzt das Gericht die Vollstreckung in das Vermögen aus, Art. 666 LEC.

VI.    Wie wird der Versteigerungstermin bekannt gegeben?

Nach Art. 667 Abs. 1 i.V.m. Art. 645 LEC wird die Versteigerung eines Grundstücks und damit auch von Immobilien auf dem Portal der Justizverwaltung (Staatsanzeiger), sog. „Boletín Oficial Estado“ elektronisch bekannt gemacht und angekündigt. Eine gesonderte Mitteilung an die Beteiligten des Verfahrens erfolgt nicht. Sofern es sich jedoch um die Versteigerung eines hypothekarisch belasteten Grundstücks handelt, muss der Versteigerungstermin mindestens 20 Tage vor der Versteigerung bekannt gegeben werden, Art. 691 LEC. Dem Vollstreckungsschuldner wird Ort, Datum und Zeit der Versteigerung mitgeteilt. Inhaltlich muss die Bekanntmachung alle Informationen enthalten, die zur Herbeiführung des Versteigerungserfolgs notwendig sind, Art. 668, 646 LEC. Insbesondere muss auch auf die Rechtsfolgen des Bietens und Ersteigerns hingewiesen werden, u.a. auch darauf, dass ein Bieter bei Zuschlag in die unmittelbare Rechtsnachfolge hinsichtlich der Lasten eintritt, Art. 668 Abs. 2 LEC.

VII.    Wie nehme ich an der Versteigerung teil?

Um als Bieter bei einer Versteigerung teilnehmen zu können, müssen zuvor 5 % des Versteigerungswerts bei der Gerichtskasse hinterlegt werden. Dies kann entweder mit Bargeld oder mittels Bankbürgschaft erfolgen, Art. 669 Abs. 1, 647 Abs. 1 Nr. 3 LEC. Außerdem muss man sich hinreichend ausweisen können und erklären, dass man die Versteigerungsbedingungen kennt, Art. 655 Abs. 1, 647 Abs. 1 Nr. 2 LEC. Liegen diese Voraussetzungen vor, können Gebote auch schon vor dem eigentlichen Versteigerungstermin, und zwar ab Bekanntmachung der Versteigerung in einem geschlossenen Umschlag abgegeben werden, Art. 655 Abs. 1, 648 LEC. Der Umschlag wird dann vom Urkundsbeamten im Termin geöffnet und wie ein normales Gebot gewertet. Da das Zwangsversteigerungsverfahren mittlerweile elektronisch durchgeführt wird, werden die Vorschriften über das elektronische Verfahren entsprechend angewendet.

VIII.    Wie erhalte ich den Zuschlag?

Wie ein Zuschlag genau erfolgt, unterscheidet sich. Abhängig von der Höhe des Höchstgebots, erfolgt der Zuschlag auf anderem Weg.

Liegt das Höchstgebot bei mindestens 70 % des ermittelten Versteigerungswerts der Immobilie, erhält der Höchstbietende noch am gleichen oder am darauffolgenden Tag den Zuschlag per Gerichtsbeschluss, Art. 670 Abs. 1 LEC. Innerhalb einer Frist von 40 Tagen muss der Ersteher der Immobilie die Differenz zwischen seinem Gebot und dem schon hinterlegten Geld bei der Gerichtskasse einzahlen. Ersteigert der Vollstreckungsgläubiger die Immobilie selbst zu einem Preis, der bei mindestens 70 % des ermittelten Versteigerungswerts der Immobilie liegt, so berücksichtigt der für die Versteigerung zuständige Urkundsbeamte Hauptforderung, Zinsen und Kosten und zahlt einen möglichen Überschuss an den Vollstreckungsschuldner aus, Art. 670 Abs. 2 LEC. Werden nur Gebote abgegeben, die über 70 % des Versteigerungswerts der Immobilie liegen, es soll aber eine Ratenzahlung erfolgen, so kann der Vollstreckungsgläubiger innerhalb einer Frist von 20 Tagen den Zuschlag für 70 % des Versteigerungswerts an sich selbst verlangen, Art. 670 Abs. 3 LEC. Ansonsten erhält derjenige Bieter den Zuschlag, der die besten Sicherheiten vorweisen kann.

Liegen alle abgegebenen Gebote dagegen unter 70 % des Versteigerungswerts der Immobilie, so kann der Vollstreckungsschuldner innerhalb einer Frist von zehn Tagen eine dritte Person benennen, die ein Angebot abgibt, das über 70 % des Versteigerungswerts liegt oder zumindest so hoch ist, dass der Vollstreckungsgläubiger vollständig befriedigt werden kann, Art. 670 Abs. 4 LEC. Verstreicht diese Frist tatenlos, so kann der Vollstreckungsgläubiger innerhalb einer weiteren Frist von fünf Tagen den Zuschlag der Immobilie an sich selbst verlangen, sofern er entweder 70 % des Versteigerungswerts oder genau so viel zahlt, wie ihm geschuldet wird, wobei im letzten Fall die Summe nicht weniger als 60 % des Versteigerungswerts der Immobilie betragen darf und über dem Höchstgebot liegen muss. Macht der Vollstreckungsgläubiger hiervon keinen Gebrauch, dann erhält das abgegebene Höchstgebot den Zuschlag, sofern dieses bei über 50 % des ermittelten Versteigerungswertes liegt oder zumindest Haupt- und Nebenforderung sowie die Kosten der Zwangsversteigerung deckt. Erfüllt das Höchstgebot diese Kriterien nicht, so liegt die Erteilung des Zuschlags im Ermessen des Urkundsbeamten des Gerichts, welcher eine umfassende Interessensabwägung vorzunehmen hat. Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten kann Einspruch bei dem Gericht eingelegt werden, das die Zwangsversteigerung angeordnet hat.

Lehnt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hingegen den Zuschlag ab oder gibt es kein Gebot, so kann der Vollstreckungsgläubiger den Zuschlag an sich fordern. Wenn es sich bei dem Versteigerungsobjekt nicht um die Hauptwohnung des Vollstreckungsschuldners handelt, muss der Vollstreckungsgläubiger dafür entweder 50 % des Versteigerungswertes oder den Betrag, der ihm geschuldet wird, inklusive Zinsen und Kosten zahlen. Handelt es sich um die Hauptwohnung des Vollstreckungsschuldners, liegt der Betrag entweder bei 70 % des Versteigerungswertes oder bei 60 %, falls die Schulden geringer sind als 70 % des Versteigerungswertes, Art. 671 LEC.

IX.    Was geschieht, nachdem ich den Zuschlag erhalten habe?

Derjenige, der den Zuschlag erhält, tritt neben der Stellung als Eigentümer auch die Rechtsnachfolge sämtlicher Lasten und Belastungen der ersteigerten Immobilie an, Art. 670 Abs. 5 LEC. Daher ist es enorm wichtig, eine genaue rechtliche Prüfung des Versteigerungsobjekts schon vor Abgabe eines Angebotes durchführen zu lassen. Eine rechtliche und baurechtliche Überprüfung des Versteigerungsobjekts wird nämlich durch das Gericht gerade nicht vorgenommen.

Der endgültige Beschluss über den Zuschlag, der z.B. für die Änderung des Eigentümers im Grundbuch notwendig ist, wird erst erlassen, wenn die Differenz zwischen dem hinterlegten Geld und dem Endpreis der Ersteigerung bei der Gerichtskasse hinterlegt wurde, Art. 670 Abs. 8, 674 LEC.

Sollte es nach Abzug aller Kosten und der Auszahlung an alle Gläubiger einen Versteigerungserlös geben, wird dieser an den Vollstreckungsschuldner ausgezahlt, Art. 672 Abs. 1 LEC. Zu diesem Zeitpunkt kann der Vollstreckungsschuldner seine Immobilie auslösen, sofern er seine Schulden gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger begleicht. Dabei hat er auch Zinsen und die Kosten der Versteigerung zu zahlen, Art. 670 Abs. 7 LEC.


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