Der Anspruch auf einen Kitaplatz – Was tun, wenn mein Kind keinen Kita-Platz bekommt

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Die wenigsten Eltern haben das Glück, dass sie sich um die Betreuung ihres Kindes keine Gedanken machen müssen, etwa weil Großeltern oder ein Elternteil das Kind betreuen können.

Die Realität sieht vielmehr so aus, dass sich Eltern schon kurz nach der Geburt um die Organisation der Betreuung des Kindes kümmern müssen. Um einen Kita-Platz zu bekommen, müssen Eltern von Neugeborenen schon frühzeitig Kindergärten abklappern und den Kita-Platz anmelden, Info-Nachmittage der Kitas besuchen, Kindertageseinrichtungen besichtigen oder Gespräche mit den Verantwortlichen der Gemeinde und der Kitas führen. Es werden dutzende Wartelisten, Exceltabellen, Telefonlisten und Mail-Verläufe geführt, um die Eigenbemühungen für den Betreuungsplatz nachweisen zu können. Den Suchenden ist dabei bereits von Anfang an bewusst, dass der Wunsch-Kita-Platz utopisch sein wird und sind froh, wenn sie am Ende überhaupt einen erreichbaren Kita-Platz zugesprochen bekommen.

Studie der Bertelsmann-Stiftung – 2023 fehlen fast 400.000 Kitaplätze

In Deutschland gibt es nicht ausreichend viele Kita-Plätze, um die (gestiegene) Nachfrage zu decken. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen im Jahr 2023 voraussichtlich bis zu 383.600 Plätze bundesweit. Davon entfallen 362.400 im fehlende Kita-Plätze auf den Westen und 21.200 auf den Osten der Bundesrepublik. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen fehlen dabei über 100.000 Betreuungsplätze.

Die Gründe sind vielseitig. Neben der gestiegenen Nachfrage an Kita-Plätzen kommt der Fachkräftemangel hinzu. Die Städte und Gemeinden haben es zudem schlicht versäumt, ausreichend Kita-Plätze zu schaffen oder die Kindertagespflege attraktiv zu machen und zu fördern.

Was tun, wenn das eigene Kind keinen Kita-Platz erhält?

Bereits seit dem 01.08.2013 besteht ein flächendeckender Kitaplatzanspruch für alle Kinder ab der Vollendung des ersten bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres. Nach § 24 Sozialgesetzbuch VIII hat grundsätzlich jedes Kind mit Vollendung des ersten Lebensjahres einen Anspruch auf einen Kita-Platz. Die frühkindliche Förderung hat in einer (geeigneten) Tageseinrichtung oder Kindertagespflege stattzufinden. Der Rechtsanspruch kann daher auch durch Förderung des Kindes in der Kindertagespflege, also bei einer Tagesmutter, erfüllt werden.

Der Anspruch auf den Kitaplatz ist ein rechtlicher Anspruch des Kindes und nicht der Eltern selbst. Dies bedeutet, dass bereits Kinder vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung dieses Recht, vertreten durch Ihre Eltern, außergerichtlich und gerichtlich u.a. gegen die Kindertageseinrichtung, den Träger der Kindertageseinrichtung und die Kommune (z.B. die Stadt Köln) durchsetzen können.

In § 24 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII heißt es dazu wie Folgt:

§ 24 Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege

[…]

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

[…]

Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz, KitaPlatz bzw. Kindergartenplatz ist also ab Vollendung des ersten Lebensjahres jederzeit und nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. zum 01.08 oder 01.09. eines Jahres begründet. Diese zeitpunktabhängige Vergabe von Kitaplätzen wird den Eltern aber oftmals (fälschlicherweise) von den zuständigen Ämtern suggeriert.

Das Bundesgesetz legt zwar den Grundstein für den Anspruch auf einen Kita-Platz, in der konkreten Ausgestaltung dieses Anspruchs sind die Bundesländer dann aber grundsätzlich frei (vgl. § 24 Abs. 2, 3 SGB VIII). Jedes Bundesland hat daher ein eigenes Kindergartengesetz bzw. Kita-Gesetz und gegebenenfalls dazugehörige Verordnungen, Richtlinien usw.

Derzeit gibt es in den Bundesländern folgende Kindergarten-, Kita-, Betreuungsgesetze:

  • Baden-Württemberg: Gesetz über die Betreuung und Förderung von Kindern in Kindergärten, anderen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege (Kindertagesbetreuungsgesetz – KiTaG)
  • Bayern: Bayerisches Gesetz zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (Bayerisches Kinderbildungs- und betreuungsgesetz – BayKiBiG)
  • Berlin: Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz – KitaFöG)
  • Brandenburg: Kindertagesstättengesetz – KitaG
  • Bremen: Bremisches Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (Bremisches Tageseinrichtungs- und Kindertagespflegegesetz – BremKTG)
  • Hamburg: Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG)
  • Hessen: Hessisches Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB)
  • Mecklenburg-Vorpommern: Gesetz zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz – KiföG M-V)
  • Niedersachsen: Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG)
  • Nordrhein-Westfalen: Kinderbildungsgesetz (KiBiz)
  • Rheinland-Pfalz: Kindertagesstättengesetz
  • Saarland: Saarländisches Kinderbetreuungs- und -bildungsgesetz (SKBBG)
  • Sachsen: Gesetz über Kindertageseinrichtungen
  • Sachsen-Anhalt: Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz – KiFöG)
  • Schleswig-Holstein: Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen (Kindertagesstättengesetz – KiTaG)
  • Thüringen: Thüringer Gesetz über die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (Thüringer Kindertagesbetreuungsgesetz -ThürKitaG)

Welche Voraussetzungen müssen für die Durchsetzung des Kitaplatz-Anspruch erfüllt sein?

Grundsätzlich besteht der Anspruch auf einen Kitaplatz bereits mit Erreichen der Altersgrenze.

§ 24 Abs. 5 S. 2 SGB VIII enthält jedoch eine Rechtsgrundlage für die Landesgesetzgeber. Danach können die Landesgesetzgeber im Landesrecht vorsehen, dass die in § 24 SGB VIII vorgesehenen Ansprüche nicht schon mit Erreichen der Altersgrenzen, sondern erst nach Ablauf einer bestimmten Frist entstehen. Diese Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn die Träger das zuständige Amt von der beabsichtigten Inanspruchnahme der Förderungsleistung von den Erziehungsberechtigten in Kenntnis gesetzt worden sind. Ob der jeweilige Landesgesetzgeber von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht hat, lässt sich durch Einsicht in die vorstehenden Gesetze ermitteln.

Die Frist muss geeignet sein, den zuständigen Trägern Gelegenheit zur Erfüllung ihrer Pflichten zu geben. Vielfach werden dazu sechs Monate vorgesehen (vgl. § 3 Abs. 2a S. 1 BWKiTaG; § 4 S. 2 SächsKiTaG; § 3b Abs. 1 NRWKiBiz). Bayern verlangt dagegen lediglich drei Monate, vgl. Art. 45a BayAGSG.

In Sondersituation kann diese Frist verkürzt werden. Etwa in Fällen, in denen die Aufnahme einer Berufstätigkeit notwendig ist oder vergleichbarer kurzfristiger individueller Bedarf besteht, ergibt sich eine besondere Eilbedürftigkeit.

Der Bedarf auf einen Kitaplatz ist gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder einer beauftragten Stelle anzumelden. Die Zuständigkeiten ergeben sich ebenfalls durch das jeweilige Landesrecht. Da die für den Wohnort des Kindes und die Einrichtung jeweils örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe auseinanderfallen können, darf durch Landesrecht auch geregelt werden, dass der Bedarf gegenüber beiden Stellen angemeldet werden muss.

Bereits bei der Bedarfsanmeldung sollten Eltern also aufpassen, denn hier können bereits weitreichende Fehler erfolgen, die den Erfolg einer möglicherweise notwendigen Klage auf Einräumung eines Kitaplatzes gefährden. So ist die bloße Anmeldung bei einer Wunscheinrichtung für die Bedarfsmeldung oftmals ebenfalls nicht ausreichend. Denn es muss deutlich werden, dass der Bedarf nicht nur für diese Wunscheinrichtung, sondern allgemein angemeldet wird.

Eltern sollten sich zudem eigenverantwortlich um einen Kitaplatz bemühen. Zunächst steigert dies die Chancen, einen Kitaplatz auch ohne anwaltliche oder gerichtliche Hilfe zu erhalten, gleichzeitig können diese Eigenbemühungen auch die Erfolgsaussichten für das anschließende (anwaltliche / gerichtliche) Vorgehen stärken.

Welche Ansprüche habe ich, wenn der Kitaplatz-Anspruch nicht erfüllt wird?

Es ist zwischen sog. Primär- und Sekundäransprüchen zu unterscheiden.

Primäranspruch: Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege

Wird Ihrem Kind trotz rechtzeitiger Anmeldung kein geeigneter Betreuungsplatz zugewiesen, kann das anspruchsberechtigte Kind (vertreten durch die Erziehungsberechtigten) seinen Anspruch auf einen Betreuungsplatz gerichtlich durchzusetzen. Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz ergibt sich je nach Alter des Kindes aus § 24 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 SGB VIII.

Regelmäßig wird der Anspruch auf einen Betreuungsplatz im Rahmen eines Eilverfahrens geltend gemacht werden können. Die Erfolgsaussichten eines solchen Eilverfahrens sind von einer Abwägung aller konkreten Umstände des Falles, insbesondere im Hinblick auf die familiäre Situation, abhängig. 

Der Anspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII besteht unabhängig von weiteren Voraussetzungen und gibt jedem Kind aus dieser Altersgruppe ein Recht auf Förderung in Kindertagespflege oder in einer Kindertageseinrichtung. Anders als nach § 24 Abs. 1 SGBVIII besteht damit ein einklagbarer Anspruch auf einen Betreuungsplatz, der nicht unter Kapazitätsvorbehalt gestellt ist. Die zuständige Behörde kann sich also nicht dadurch ihren Verpflichtungen entziehen, dass sie angibt, nicht genügend Kitaplätze zu Verfügung zu haben. Leider wird auch diese „Ausrede“ von Behörden oftmals genutzt und Eltern suggeriert, dass schlicht keine Kita-Plätze mehr zu Verfügung stehen würden und ein Kitaplatz daher nicht erteilt werden könne. Viele Eltern gehen leider davon aus, dass sie „Pech“ gehabt haben und verzichten auf die Rechtsverfolgung.

Der Anspruch auf einen Kita-Platz beginnt am Tag des ersten Geburtstages des Kindes, die Inanspruchnahme muss deswegen während des ganzen Jahres möglich sein.

Achtung: Eine kleinere Einschränkung gibt es dann doch. Nach § 20 Abs. 9 IfSG hat das zu betreuende Kind vor der Aufnahme in eine Kindertagesstätte ab dem ersten Geburtstag ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder seine Immunität nachzuweisen. Dies gilt auch im Falle eines Einrichtungswechsels.

Die zuständige Stelle muss nach der Bedarfsanmeldung innerhalb einer angemessenen Frist einen Kita-Platz zur Verfügung stellen. Wie lange die Behörde für einen Rückmeldung auf Ihren Antrag Zeit hat, hängt auch von landesrechtlichen Regelungen ab. In NRW ist dies etwa ausdrücklich im Kinderbildungsgesetz geregelt. Demnach hat die zuständige Stelle die Eltern in der Regel acht Wochen, spätestens aber sechs Wochen vor dem Zeitpunkt, für den der Bedarf angemeldet wurde, über die Zuweisung des Betreuungsplatzes zu benachrichtigen.

Sekundäransprüche: Anspruch auf Aufwendungsersatz, Schadenersatz

Dem anspruchsberechtigten Kind stehen ggf. auch sogenannte Sekundäransprüche zu. In Betracht kommen Aufwendungsersatz und Schadensersatzansprüche. Hierzu hat der BGH im Jahr 2016 erstmals Aussagen getroffen.

a) Aufwendungsersatz

Kosten, die durch die selbst organisierte und finanzierte Förderung des Kindes infolge des nicht erfüllten Primäranspruchs (s.O.) entstanden sind zu ersetzen. Anspruchsinhaber ist das Kind.

Der Anspruch setzt zunächst voraus, dass eine den §§ 22 ff. entsprechende Förderungsleistung selbst beschafft worden ist. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist jedoch zum Ersatz nur verpflichtet, wenn

  1. Der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat;
  2. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
  3. die Deckung des Bedarfs entweder bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat;
  4. Teilweise wird das vorherige Bemühen um Primärrechtsschutz verlangt, wenn dieses nicht aussichtlos erscheint.

Der vorherige Versuch gerichtlicher Durchsetzung des Primäranspruchs ist nicht erforderlich. Die selbst organisierte Betreuung des Kindes muss geeignet gewesen sein, den Anspruch auf Förderung zu erfüllen. Förderung in privaten Angeboten, die nach §§ 43 ff. genehmigt worden sind, wird dem regelmäßig genügen. Den Anspruch auf Förderung dagegen nicht genügen bloße Betreuungsleistungen, etwa durch Babysitting oder die Aufsicht durch Verwandte.

Dem Umfang nach ist jedenfalls der Kostenaufwand ersatzfähig, der dem öffentlichen Träger bei rechtzeitiger Gewährung der Hilfe entstanden wäre. Auch höhere Kosten können angemessen sein, wenn sie zur Bedarfsdeckung notwendig waren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass infolge der Nichterfüllung und damit verbundenem Zeitdruck den Eltern häufig wenig Gelegenheit zum Vergleich mehrerer Angebote bleibt. Daher sind auch eventuelle Zusatzkosten, die für die Inanspruchnahme teurerer privater Einrichtungen oder Tagespflegepersonen entstehen, erstattungsfähig.

Der Aufwendungsersatz besteht mindestens bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen zumutbaren Kita-Platz zur Verfügung stellt. Bei der Zumutbarkeit des „neuen“ Kita-Platzes ist zu berücksichtigen, dass u.a. abrupte Kitawechsel aufgrund des erhöhten Kontinuitäts- und Bindungsbedürfnisses vor allem für Kinder unter drei Jahren regelmäßig unzumutbar sein können.

b) Schadensersatz

Der ggf. neben dem Anspruch auf Aufwendungsersatz zustehende Anspruch auf Schadenersatz kann sowohl den Erziehungsberechtigten als auch dem Kind zustehen. Der dem Kind durch die entgangene Förderung erwachsene Schaden ist aber immaterieller Art und ist in der Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Kindes begründet, weil das Kind keine Förderung im Sinne des § 22 SGB VIII in Anspruch nehmen konnte.

Ersatzfähiger Schaden der Eltern ist regelmäßig der Verdienstausfall, der den Erziehungsberechtigten durch die verspätete Aufnahme der Erwerbstätigkeit entstanden ist. Hiervon abzuziehen sind aber die ersparten Aufwendungen der Eltern, etwa die Ersparnisse bei den Förderungskosten. Außerdem sind Zusatzleistungen des Staates, insbesondere weiterbezogenes Elterngeld, anzurechnen.

Die Verankerung von Rechtsansprüchen auf einen Förderungsplatz dient auch Belangen der Eltern (insbesondere erwerbsbezogene, vgl. § 22 Abs. 2 Nr. 3) und entfaltet daher Drittschutz zu ihren Gunsten. Die Nichterfüllung des eigentlich allein dem Kind zustehenden Anspruchs verletzt somit auch eine gegenüber den Eltern bestehende Amtspflicht. Den Geschädigten Eltern kommt hierbei eine Beweiserleichterung zugute: Das Verschulden des zuständigen Trägers ist zu vermuten, wenn nicht rechtzeitig ein zumutbarer Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt worden ist. Diesen Beweis zu erschüttern – etwa durch einen geeigneten und uU zu beweisenden Vortrag zur unverschuldeten Unmöglichkeit der Einräumung eines Kita-Platzes – ist schwierig und Sache des zuständigen Trägers.

Voraussetzung für den Erfolg einer Schadenersatzklage ist der Versuch der gerichtlichen Geltendmachung des primären Erfüllungsanspruchs. Diese Voraussetzung gilt aber nicht uneingeschränkt für jeden Fall. Sofern sicher ist, dass auch dieser Versuch nicht zur Erfüllung des Primäranspruchs geführt hätte, was regelmäßig bei fehlender Leistungsfähigkeit des Jugendamtes der Fall ist, kann auf eine vorherige gerichtliche Geltendmachung des Primäranspruchs– ausnahmsweise – verzichtet werden.

Der Schadensersatzanspruch für Verdienstausfälle endet nicht automatisch mit dem späteren Angebot eines Kita-Platzes, sondern ab dem Zeitpunkt des möglichen Wiedereinstiegs des betreuenden Elternteils. Den Geschädigten trifft jedoch nach § 254 Abs. 2 BGB eine Schadensminderungsobliegenheit. Die Selbstbeschaffung von Betreuung kann danach nicht nur zulässig, sondern geboten sein, um Verdienstausfälle möglichst gering zu halten.

Und wie kann ein Anwalt bei der Erlangung des Kita-Platzes helfen?

Ein Rechtsanwalt kann Ihnen zunächst in einem Beratungsgespräch weiterhelfen und dabei alle Ihre (rechtlichen) Fragen zum Thema Kitaplatz beantworten. Sofern Sie sich bei der Verfolgung des Anspruchs auf einen Kita-Platz für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes entscheiden, sollte zunächst die außergerichtliche Vertretung gegenüber dem zuständigen Amt angezeigt und dabei die rechtlichen Gegebenheiten erläutert werden. Ferner ist es ratsam, den Anspruch auf einen Kita-Platz durch ein anwaltliches Forderungsschreiben schriftlich geltend zu machen.  

Das weitere Vorgehen hängt von der Antwort des zuständigen Amtes ab. Es kann etwa zu einem persönlichen oder telefonischen Gespräch mit den zuständigen Bearbeitern kommen. Dabei sollte deutlich werden, dass es für den Anspruch auf einen Kita-Platz nicht darauf ankommt, ob genügend räumliche oder personelle Kapazitäten zur Verfügung stehen.

In vielen Fällen reicht bereits dieses Vorgehen aus, damit freiwerdende Kita-Plätze vorrangig an anwaltlich vertretende Eltern bzw. deren Kinder vergeben werden. Sollte trotzdem auch nach Ablauf einer angemessenen Frist keine Zuweisung eines Kita-Platzes erfolgen, kann der Kitaplatz eingeklagt werden.

Kitaplatz einklagen - Eilverfahren möglich

In vielen Fällen besteht auch eine besondere Dringlichkeit, so dass die gerichtliche Geltendmachung des Kita-Platzes dann auch im Rahmen eines gerichtliches Eilverfahren möglich ist. In der Regel dauert es bei Einleitung eines Eilverfahrens bis zum ersten Beschluss des Gerichts wenige Wochen.

Die Erfolgsaussichten für einen positiven Ausgang des Gerichtsverfahrens sind sehr gut, in den meisten Fällen wird das Gericht das zuständige Amt zur Zuweisung eines Kita-Platzes verpflichten. Dennoch sollte der Kita-Platz-Anspruch nicht auf „eigene Faust“ geltend gemacht werden, da es weiterhin viele rechtliche Besonderheiten gibt, die lediglich durch Rechtskundige angemessen berücksichtigt werden können.

Wie sollten Sie also vorgehen, um rechtssicher einen Kitaplatz zu erhalten

  • Zunächst sollten Sie wissen, ab wann und in welchem Umfang eine Betreuung des Kindes in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege notwendig ist.
  • Sie sollten den Bedarf für Ihr Kind in der Folge mindestens sechs Monate vor Bedarfsbeginn bei der bzw. den zuständigen Stellen wirksam anmelden. Eine frühere Anmeldung kann grundsätzlich nicht schaden. Bitte beachten Sie hier, dass teilweise offeriert wird, dass die Anmeldung in einem eigens hierfür bereitgestellten „Portal“ ausreichend sei. Teilweise ist das nicht richtig, aus Gründen der Rechtssicherheit sollten Sie unbedingt eine (schriftliche) Anmeldung nachweisbar an die zuständigen Stellen senden. Ein derartiges Schreiben könnte wie folgt aussehen:


Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit zeigen wir an, dass wir die Interessen unseres Kindes, _______________________________ [Vorname, Nachname, Wohnhaft in, geboren am], vertreten. Entsprechende Nachweise haben wir diesem Schreiben angehangen. 

Unser Kind ________ hat/wird am ________ das erste Lebensjahr vollendet/vollenden. Als entsprechenden Nachweis legen wir diesem Schreiben eine Kopie der Geburtsurkunde unseres Kindes bei. Damit steht ihm/ihr gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII zum ________ ein Platz zur frühkindlichen Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege zu.

Deshalb beantragen wir hiermit einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege ab dem ________. 

Die Betreuung unseres Kindes soll einen Umfang von _____Wochenstunden haben und von _______ Uhr bis ______ Uhr erfolgen. Die Betreuung soll außerdem in zumutbarer Nähe, nämlich maximal in 30min mit den öffentlichen Verkehrsmitteln / dem Auto von unserem Wohnort (___________________) [Wohnort angeben] aus erreichbar sein.

Bevorzugt wird eine Betreuung in der Einrichtung ____. Selbstverständlich sind wir aber auch mit der Betreuung unseres Kindes in einer anderen zumutbaren Einrichtung einverstanden. Insofern ist dies Schreiben als allgemeine Bedarfsanmeldung zu verstehen. 

Wir haben uns bereits selbstständig um einen Betreuungsplatz bemüht. Dabei haben wir ___________________________. [Eigenbemühungen skizzieren] 

Nachweise für unsere Eigenbemühungen finden Sie in der Anlage zu diesem Schreiben. 

Dieser Antrag wird bereits vor Vollendung des ersten Lebensjahres unseres Kindes gestellt, um Ihnen ausreichend Zeit für die notwendige Bedarfsrealisierung zu ermöglichen.

Wir weisen Sie eindringlich daraufhin, dass der der Anspruch aus § 24 SGB VIII unter keinem Kapazitätsvorbehalt steht. Einwände der fehlenden Erfüllbarkeit und Unmöglichkeit können Ihrer Gewährleistungspflicht daher nicht entgegengehalten werden. Von der gesetzlichen Pflicht zur Bereitstellung eines angemessen Betreuungsplatz für unser Kind kann Sie auch kein Fachkräftemangel noch andere vergleichbare Schwierigkeiten entbinden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.11.2022 - 12 S 2224/22; BVerwG Urteil vom 26.10.2017 -BVerwG 5 C 19.16). 

Bitte teilen Sie uns Ihre Entscheidung über diesen Antrag schriftlich mit. 

Sollte es widererwarten zu einem ablehnenden Bescheid kommen, bitten wir um eine begründete Ablehnungsentscheidung samt Rechtsmittelbelehrung.

Falls der Anspruch nicht oder nicht zum gewünschten Zeitpunkt erfüllt werden kann, behalten wir uns die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche unseres Kindes vor.

In so einem Fall wird um entsprechende Information und Beratung (vgl. § 24 Abs. 5 SGB VIII) gebeten.


Mit freundlichen Grüßen


Name Eltern 


Anlage:

Nachweis des Sorgerechtes gegebenenfalls Vollmacht des anderen Elternteils

Geburtsurkunde

Ggf. Nachweis Eigenbemühungen


[Bitte beachten Sie, dass das Schreiben ggf. angepasst werden muss, wenn sich der Anspruch Ihres Kindes aus § 24 Abs. 1 oder Abs. 3 SGB VIII ergibt.]

  • Sie sollten sich nicht auf die Bedarfsanmeldung verlassen. Bemühen Sie sich zusätzlich eigenständig um einen Kita-Platz für Ihr Kind. Hierbei sollten Sie Kitas anschreiben, anrufen und vor Ort vorstellig werden. Achten Sie darauf, dass Sie dies Eigenbemühungen dokumentieren.
  • Sofern nach Ihrer Bedarfsanzeige eine angemessene Frist fruchtlos abgelaufen ist und der Bedarfszeitpunkt nunmehr in weniger als sechs Monate erreicht sein wird, sollten Sie die zuständige Stelle zur Erfüllung Ihrer Forderungen erinnern.
  • Haben Sie auch auf dieses Schreiben keine oder keine ausreichende Antwort erhalten oder haben Sie einen Ablehnungsbescheid erhalten, sollten Sie sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens anwaltlich beraten lassen und danach über eine anwaltliche Vertretung entscheiden. Sofern Sie einen ablehnenden Bescheid erhalten haben, sollten Sie unbedingt die in der Rechtsmittelbelehrung aufgeführten Fristen beachten und unverzüglich kontakt zu einem Rechtsanwalt aufnehmen.

Kurz notiert:

  1. Einen Anspruch auf Betreuung in einer Kita oder bei einer Tagesmutter hat grundsätzlich jedes Kind nach Vollendung des ersten Lebensjahres.
  2. Bevor dieser Anspruch auf einen Platz in einer Kita oder bei einer Tagesmutter eingeklagt werden kann, müssen die Erziehungsberechtigten die zuständige Stelle (rechtzeitig) über den Bedarf informieren.
  3. Sollte die zuständige Stelle keinen Betreuungsplatz zur Verfügung stellen, kann beim zuständigen Verwaltungsgericht ein zumutbarer Betreuungsplatz eingeklagt werden.

Hinweis: 

Die vorliegende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und soll lediglich einen ersten Überblick über die Gesetzeslage schaffen. Sie kann daher eine auf den Einzelfall bezogene Beratung nicht ersetzen.


Ich berate Sie gerne in allen Fragen rund um das Thema Kita-Platz-Vergabe und vertrete Sie als erfahrener Rechtsanwalt bundesweit - sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht.

Ihr Rechtsanwalt Marek van Hattem 

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