Der Arbeitnehmer zwischen dem Recht auf Zurückbehaltung und der beharrlichen Verweigerung der Arbeitsleistung

  • 2 Minuten Lesezeit

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 01.06.2021 – 7 Sa 473/20

Kommt der Arbeitgeber mit seinen Zahlungen in Verzug, braucht der Arbeitnehmer doch nicht mehr zu arbeiten, bis der Zahlungsrückstand ausgeglichen ist, oder? Und welches Risiko geht der Arbeitnehmer ein, wenn er die Situation falsch beurteilt?

Der Sachverhalt

Die Klägerin war bei der Beklagten, der Betreiberin eines Möbelhauses, beschäftigt. Nach dem Ende ihrer Elternzeit und einer sich anschließenden Pflegezeit, hätte die Klägerin nach einer rund siebenjährigen Unterbrechung am 17.06.2018 ihre Arbeit bei der Beklagten wiederaufnehmen sollen. Dies tat sie jedoch nicht, sondern reichte für einen Zeitraum bis zum 22.09.2018 diverse Krankmeldungen ein. Da die Beklagte für die Monate Juli und August 2018 keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geleistete hatte und die Klägerin der Ansicht war, ihr stehe Urlaubsgeld für das Jahr 2018 zu, ließ sie von ihrem Anwalt am 26.09.2018 mitteilen, dass sie ihr Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung ausübe. Die Arbeit nahm sie nicht wieder auf. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin daraufhin am 28.01.2019 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Das Arbeitsgericht Würzburg hatte dem Kündigungsschutzantrag der Klägerin in erster Instanz stattgegeben, den Zahlungsanträgen jedoch nur teilweise. Es war der Ansicht, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für September 2018 und auch kein Lohn für die Zeit der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts vom 23.09.2018 bis zum 31.12.2018 zu. Gegen das Urteil legten beide Parteien Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg ein.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg änderte das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg teilweise ab und erklärte die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin für wirksam. Das Arbeitsverhältnis der Parteien fand somit am 30.06.2019 sein Ende. Das Landesarbeitsgericht war der Ansicht, die Klägerin habe aufgrund des Urteils in einem weiteren Rechtsstreit vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg (es ging um vermeintliche Entgeltfortzahlungsansprüche für Juli und August 2018) im Ergebnis beharrlich ihre Arbeit verweigert. Ein solches Verhalten rechtfertige eine Kündigung, ohne dass es einer vorherigen Abmahnung bedurft hätte.

Hinweise für die Praxis

Erfahren Sie in unserer ausführlichen Urteilsbesprechung unter https://www.ra-wittig.de/urteile-arbeitsgericht/zurueckbehaltung-und-verweigerung-der-arbeitsleistung/, wieso das Urteil in dem Parallelverfahren, welche lediglich vermeintliche Zahlungsansprüche zum Gegenstand hatte, einen solchen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung nehmen konnte. Weitere interessante Informationen rund um die verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht erhalten Sie in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht“ unter https://www.ra-wittig.de/ratgeber/ratgeber-arbeitsrecht/kuendigung/verhaltensbedingte-kuendigung/vertragsverletzung/.

Foto(s): Wittig Ünalp Rechtsanwälte PartGmbB

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Tim Varlemann

Beiträge zum Thema