Der Auszug aus der Ehewohnung entbindet nicht automatisch aus dem gemeinsamen Mietvertrag

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Regelmäßig unterschätzen Eheleute die Wirkung des Mietvertrags, wenn sie sich trennen und einer der beiden aus der gemeinsamen Ehewohnung auszieht. Immer wieder kommt es vor, dass die Person, die auszieht, der Meinung ist, nicht mehr an den gemeinsamen Mietvertrag gebunden zu sein und hört auf, die Miete zu zahlen.

Aber der Auszug eines Ehepartners aus der Wohnung hat nicht automatisch zur Folge, dass er von den Verpflichtungen des Mietvertrages frei wird, wenn der Mietvertrag mit beiden Eheleuten als Mieter geschlossen wurde. Deshalb haben weder die Trennung des Paares noch der Auszug eines Ehegatten eine unmittelbare Auswirkung auf den Mietvertrag. Derjenige, der auszieht, bleibt zunächst auch weiterhin mietvertraglich verpflichtet und muss insbesondere auch weiter dafür sorgen, dass die Miete an den Vermieter gezahlt wird. Dies hat häufig die negative Konsequenz, dass derjenige, der die Ehewohnung verlassen hat, nun für zwei Wohnungen aufkommen muss, nämlich für die alte und auch die neue. Es ist nachvollziehbar, dass derjenige, der ausgezogen ist, so schnell wie möglich aus dem alten Mietverhältnis ausscheiden möchte.

Unproblematisch sind die Fälle, in denen sich die Eheleute und auch der Vermieter einig sind, dass das Mietverhältnis nach Auszug des einen nur noch mit dem anderen Ehegatten weitergeführt werden soll. Dies sollten aber alle drei Beteiligten schriftlich festhalten.

Häufig besteht eine solche Einigkeit jedoch gerade nicht. Eine Lösung hält das Familienrecht bereit: Mit der Scheidung jedenfalls wird derjenige, der in der Wohnung verblieben ist, automatisch alleiniger Mieter der Wohnung – auch gegen den Willen des Vermieters. 

Allerdings zieht sich eine Scheidung hin, sodass das Warten auf den Zeitpunkt der Scheidung meistens auch keine befriedigende Lösung darstellt. 

Einen Ausweg hat möglicherweise das OLG Hamm gefunden: Dieses Gericht hat am 21.01.2016 beschlossen (Az. 12 UF 170/15), dass derjenige, der auszieht, gegen den anderen Ehegatten zumindest einen Anspruch darauf hat, dass der in der Wohnung verbliebene Ehegatte dem Vermieter mitteilt, dass der andere ausgezogen ist und der Mietvertrag nun mit ihm alleine weitergeführt wird. Nach Ansicht des OLG Hamm wird dann bereits in dem Zeitpunkt, in dem dem Vermieter diese Mitteilung zugeht, der in der Wohnung Zurückgebliebene alleiniger Mieter. Den Anspruch auf Mitwirkung könne derjenige, der auszieht, gegen den anderen Ehegatten sogar gerichtlich einklagen.

Ob sich der Ansicht des OLG Hamm auch weitere Gerichte anschließen werden, ist derzeit noch nicht absehbar.

Rechtsanwältin Chantal Stockmann hält die Rechtsansicht des OLG Hamm jedenfalls für wenig überzeugend, denn familienrechtlich beträgt die Trennungsfrist mindestens ein ganzes Jahr, bis die Scheidung durchgeführt werden kann. Dies hat den Hintergrund, dass Ehe und Familie besonders schützenswert sind und das Trennungsjahr soll den Ehepartnern dazu dienen, sorgfältig in sich zu gehen und zu prüfen, ob sie eine endgültige Trennung und Scheidung tatsächlich wünschen. Nicht selten finden Ehepaare während dieser Phase wieder zueinander. In der Konsequenz des OLG Hamm würde dies jedoch bedeuten, dass der „Rückkehrer“ keine eigenen Rechte aus dem Mietvertrag mehr geltend machen könnte. Dies ist sicherlich nicht im Interesse eines Paares, dass wieder zueinandergefunden hat und läuft damit den familienrechtlichen Zielsetzungen entgegen.


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