Der Begriff des (bewaffneten) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

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Drogenhandel wird schwer bestraft. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass bestimmte Umstände die Strafandrohung weiter erhöhen können, ist es wichtig, sich über die einzelnen Begriffe im Klaren zu sein. Insbesondere steigt die Strafandrohung, wenn bewaffnet Handel mit Drogen betrieben wird. Auch die Menge der Drogen beeinflusst die Höhe der angedrohten Strafe.


Welche Strafe droht für bewaffneten Drogenhandel?

Wer bewaffnet Handel mit Betäubungsmitteln treibt, hat gem. §§ 29 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2, 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG eine Freiheitsstrafe von nicht unter 5 Jahren zu erwarten. 

Die Höhe der Strafe richtet sich grundsätzlich nach der Menge des Betäubungsmittels sowie den weiteren Umständen der Tat. 

Der Umstand des Vorhandenseins von Waffen oder anderen gefährlichen Gegenständen sorgt dabei für eine deutlich höhere Strafe.

Das „einfache“ Handeltreiben – also ein „unbewaffnetes“ Handeltreiben - wird gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Eine zusätzliche Strafschärfung des Handeltreibens im Sinne des § 29 Abs. 1 BtMG tritt gem. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für den Fall ein, dass die Tat eine „nicht geringe Menge“ von Betäubungsmitteln betrifft. Für diesen Fall ist eine Mindeststrafe in Form einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr vorgesehen. 


Was gilt alles als Betäubungsmittel im Sinne des BtMG?

Betäubungsmittel werden umgangssprachlich als „Drogen“ betitelt. Die typischen Drogen wie beispielsweise Cannabis, Heroin und Cocain sind vom Begriff der Betäubungsmittel umfasst. Jedoch gibt es weit mehr Chemikalien, die als Betäubungsmittel kategorisiert werden.

Als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes gelten gem. § 1 BtMG alle Stoffe und Zubereitungen, die in den Anlagen I-III des Gesetzes aufgeführt werden. 

Es ist somit ein Katalog vorhanden, der aufzeigt, welche Stoffe eine Strafbarkeit auslösen können. 


Was bedeutet Handeltreiben mit Betäubungsmitteln?

Der Begriff des Handeltreibens wurde durch den Bundesgerichtshof (BGH) im Zuge seiner Rechtsprechung definiert. 

Unter Handeltreiben ist demnach jede eigennützige, auf Umsatz gerichtete Tätigkeit zu verstehen, auch wenn diese sich nur als gelegentlich, einmalig oder ausschließlich vermittelnd darstellt (Vgl. BGHSt 6, 246; BGHSt 63, 1; BGH Beschl. v. 6. 11. 2019 – 2 StR 246/19, BeckRS 2019, 40390; BGH NStZ 2021, 53).


Strafbares Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, auch wenn keine Drogen gefunden wurden? 

Wichtig zu wissen ist, dass ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht voraussetzt, dass bei einer Person tatsächlich Betäubungsmittel zu finden sind. 

Der Begriff ist bewusst weit gehalten, um viele Handlungen im Zusammenhang mit der Weitergabe von Betäubungsmitteln sanktionieren zu können. 

Es reicht bereits eine ernste Anfrage des Ankaufs von Betäubungsmitteln zum gewinnbringenden Weiterverkauf aus. Auch die Erstellung von Verträgen, die auf einen gewinnbringenden Absatz von Betäubungsmitteln abzielen, ist vom Begriff des Handeltreibens erfasst.

Auf die tatsächliche Möglichkeit der Umsatzgenerierung durch die konkrete Handlung kommt es dabei nicht an. Die Strafbarkeit setzt nicht voraus, dass ein Umsatz entstanden ist. Eine Strafbarkeit wegen Handeltreibens kann auch bei unentgeltlicher Weitergabe von Betäubungsmitteln vorliegen, wenn dies der Förderung des Geschäftes z.B. durch Akquise neuer Kunden oder Rückführung alter Kunden dient. 

Erst kürzlich führte der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung an, dass auch die Beitreibung eines Kaufpreises aus einem Drogengeschäft ein Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG darstellen kann (vgl. BGH, Beschluss v. 10.05.2023 – 4 StR 340/22 m.w.N.).

Doch nicht jede Handlung ist strafbar.

Das Handeltreiben ist beispielweise von bloßem Informationsbemühen abzugrenzen. Nicht jedes Gespräch über „Drogen“ und deren kommerzielle Weitergabe stellt ein Handeltreiben dar. Unverbindliche Unterhaltungen über Drogen werden von den Strafnormen nicht erfasst. 

Auch Voranfragen oder allgemeine Angebote wie „Hast du Stoff?“ oder „Willst du Stoff“ stellen kein Handeltreiben, sondern (noch) straflose Vorbereitungshandlungen dar.

Eine Strafbarkeit beginnt mit ausreichender Konkretisierung und Verbindlichkeit des Angebotes des Verkaufes oder Ankaufes zum gewinnbringenden Weiterverkauf. 


Wer kann sich wegen Handeltreibens mit Drogen strafbar machen?

Grundsätzlich kann jeder Täter sein. Ein Handeltreiben setzt nicht voraus, dass ein entsprechendes Gewerbe geführt wird. Auch Berufsträger, die mit den gelisteten Betäubungsmitteln agieren, können sich strafbar machen, wenn eine entsprechende behördliche Genehmigung fehlt. 


Ab wann gelte ich beim Handel mit Drogen als bewaffnet?

Wer beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind, hat gem. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG eine besonders hohe Strafe zu erwarten. 

Doch ab wann gelte ich als „bewaffnet“ und was genau sind sonstige Gegenstände? 

Als Schusswaffe gelten in Anlehnung an die Definition des Waffengesetzes alle Geräte, bei denen Geschosse mit Gas oder Luftdruck durch einen Lauf getrieben werden (Maier in Weber/Kornprobst/Maier BtMG § 30 a Rn. 94).

Der Begriff der sonstigen Gegenstände ist nicht konkret definiert, sondern durch die Rechtsprechung geprägt. Er umfasst alle weiteren Waffen, waffenartige Gegenstände, sowie weitere Gegenstände in Anlehnung an ihr Gefährdungspotential. Nicht erforderlich ist es, dass es sich bei dem Gegenstand um einen verbotenen Gegenstand handelt. 

Das bedeutet jeder tragbare Gegenstand, der dazu geeignet und bestimmt ist, die Angriffs- und Abwehrfähigkeit eines Menschen zu mindern, unterfällt der Strafnorm. Die Minderung der Angriff- oder Abwehrfähigkeit kann sich aus der Beschaffenheit, der Handhabung oder der Wirkungsweise des Gegenstandes ergeben.

Auch erfasst werden Gegenstände, die normalerweise nicht zur Verletzung oder Minderung der Abwehrfähigkeit eines Menschen bestimmt sind, sofern sie nach ihrer objektiven Beschaffenheit geeignet sind, erhebliche Verletzungen bei einem Menschen herbeizuführen. 

Typische Beispiele sind: 

  • Steine
  • Holzknüppel 
  • Baseballschläger.

Die Waffe oder der Gegenstand muss während des Handeltreibens „bei sich geführt“ werden. Ein solches ist anzunehmen, wenn eine Person die Waffe oder den Gegenstand bewusst einsatzbereit in Griffweite hat, sodass er oder sie jederzeit darauf zugreifen können. 

Die Waffe oder der Gegenstand müssen sich während der Tat also in einer solchen räumlichen Nähe zur Person befinden, dass diese ohne nennenswerten Zeitaufwand auf diese zugreifen kann. 

Allerdings ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BGH es im Rahmen einer Strafbarkeit wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge genügt, wenn der Täter bei einem „Teilakt“ des Handelns auf die Schusswaffe bzw. den gefährlichen Gegenstand zugreifen kann. Also droht eine Strafe hiernach auch dann, wenn der Zugriff auf die Waffe lediglich während der Vorbereitung oder im Nachgang an den Handel mit Drogen besteht. BGH, Beschluss v. 10.05.2023 – 4 StR 340/22 m.w.N.


Was bedeutet eine „nicht geringe Menge“ von Betäubungsmitteln?

Bei der Menge kommt es nicht auf das Gewicht des konkreten Betäubungsmittels, sondern auf die Konsumeinheiten an. Es ist im Einzelfall die konkrete Wirkstoffmenge festzustellen. 

Auf einen potentiellen Eigenverbrauch des Betäubungsmittels kommt es bei der „geringen Menge“ nicht an. Maßgeblich ist die entsprechende Handelsmenge. Diese ist für jedes Betäubungsmittel unterschiedlich. Die Rechtsprechung hat deshalb für jedes Betäubungsmittel Grenzwerte aufgestellt. 

Nicht jede Handlung führt zwangsweise zur Annahme eines Handeltreibens. Es gibt auch strafloses Vorfeldverhalten. Sofern möglich, ist es unser Ziel die Annahme der Strafbarkeit eines Verhaltens im Zusammenhang mit „Drogen“ durch die Strafverfolgungsbehörden zu verneinen. Als Anwalt für Drogenstrafrecht setze ich mich mit dem Vorwurf auseinander und widerlege diesen soweit wie möglich. 

Eine sachgerechte Verteidigung kann dazu führen, dass frühzeitig strafschärfende Umstände aus dem Vorwurf gestrichen werden. 

So kann unter Umständen das Beisichführen einer Waffe oder eines anderen von der Norm umfassten Gegenstandes durch sachgerechte Argumentation widerlegt werden. 

Als auf das Drogenstrafrecht spezialisierter Strafverteidiger habe ich zusätzlich Kenntnis von den entsprechenden Handelsmengen und können gezielt gegen die Annahme einer „nicht geringen Menge“ vorgehen. 

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