Der besondere Kündigungsschutz behinderter Arbeitnehmer nach dem Bundesteilhabegesetz

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Schwerbehinderte Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 genießen – ebenso wie gleichgestellte Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30, aber weniger als 50 – besonderen Kündigungsschutz. Mit dem Bundesteilhabegesetz, das in Teilen zum 30.12.2016 in Kraft getreten ist, wurde dieser besondere Kündigungsschutz deutlich gestärkt.

Arbeitgeber sind gem. § 95 Abs. 2 S. 1 SGB IX (ab dem 01.01.2018: § 178 Abs. 2 SGB IX) verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung (z. B. vor Ausspruch einer Kündigung) anzuhören. Eine unterbliebene oder fehlerhafte Beteiligung führte bis zum 29.12.2016 nicht zur Unwirksamkeit der Maßnahme, da man sich seinerzeit im Gesetzgebungsverfahren nicht auf diese Rechtsfolge einigen konnte (BT-Drs. 10/5701 S. 7). Die unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung hatte insbesondere nicht die Unwirksamkeit einer Kündigung zur Folge (z. B. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. August 1993 – 10 Sa 332/93).

Seit dem 30.12.2016 gilt, dass eine Entscheidung (z. B. eine Kündigung), die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung trifft, gem. § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX unwirksam ist. Der Gesetzgeber wollte damit auf den Umstand reagieren, dass die Schwerbehindertenvertretung (insbesondere bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen) häufig nicht vom Arbeitgeber beteiligt wird (BT-Drs. 18/10523 S. 67). § 95 Abs. 2 S. 3 SGB IX entspricht § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Danach ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam.

Noch nicht geklärt ist, bis wann die Schwerbehindertenvertretung dem Arbeitgeber mögliche Einwände gegen die beabsichtigte Maßnahme mitteilen muss, und ob die Zustimmung im Fall des Schweigens fingiert wird, da eine § 102 Abs. 2 BetrVG entsprechende Regelung fehlt. Es bleibt abzuwarten, wie die Arbeitsgerichte hier entscheiden werden.

Arbeitgeber, die dauerhaft wenigstens fünf schwerbehinderte Arbeitnehmer beschäftigen, sind gut beraten, wenn sie (insbesondere vor Ausspruch der Kündigung) die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligen. Andernfalls können Arbeitnehmer die Kündigung unter diesem formalen Gesichtspunkt angreifen.

Die Timmerberg & Hoddow Rechtsanwälte sind für Sie im Arbeits- und Sozialrecht tätig. Wir beraten und vertreten Sie insbesondere

  • bei der Feststellung einer Behinderung vor den Versorgungsämtern und vor den Sozialgerichten,
  • im Zustimmungsverfahren vor den Integrationsämtern und vor den Verwaltungsgerichten sowie
  • in Bestandsstreitigkeiten vor den Arbeitsgerichten.

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