Der Bundesgerichtshof stärkt Mieterrechte bei den Betriebskostenvorauszahlungen

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Ein plötzlich erhöhter Wasserverbrauch, nicht nachvollziehbar angestiegene Heizkosten oder die „willkürlich kalkulierte Umlage sonstiger Kosten" - welcher Abrechnungsmaßstab gilt denn überhaupt? - Droht die Kündigung durch den Vermieter, wenn die angepasste Betriebskostenabrechnung nicht in voller Höhe bezahlt wird? Hierüber hat der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen mit grundsätzlicher Bedeutung entschieden.

Rechtsprechungswandel zur Betriebskostenvorauszahlung - Mieterrechte gestärkt

Die alljährliche Betriebskostenabrechnung führt regelmäßig zu rechtlichen Problemen. Entweder steigen die Kosten für den Wasserverbrauch oder die Heizkosten. Dennoch ist ein unverhältnismäßiger und plötzlicher Anstieg nicht nachvollziehbar; oder der Vermieter legt sonstige Kosten auf die Mieter um. Abrechnungen können unterschiedliche Fehler enthalten. Dennoch werden diese oftmals zu Begründung der Anpassung der Betriebskostenvorauszahlung herangezogen. Von dieser Praxis haben viele Vermieter Gebrauch gemacht und die Betriebskostenvorauszahlungen auf der Grundlage „fehlerhafter" Abrechnungen angepasst. Vor allem die Hauptposten Wasserverbrauch und Heizkosten sorgen stets erneut für Diskussionen über die „korrekte Abrechnung". Besteht ein Vermieter auf dem Standpunkt, es handele sich um eine inhaltlich korrekte Abrechnung, darf diese Auffassung nicht auf irgendeinem „Schätzfaktor" beruhen. Zulässiger Abrechnungsmaßstab ist der Durchschnittsverbrauch vorangegangener Abrechnungsperioden. Darauf hat der Mieter bis zur Klärung einen Anspruch.

Mieter, die solche Abrechnungen für „falsch" hielten, gingen dazu über, den aus Ihrer Sicht angepassten Betriebskostenbetrag (reduzierte Kosten oder den Vorjahresdurchschnitt) zu bezahlen. Dies hatte zur Folge, dass Vermieter wegen Zahlungsrückständen die fristlose oder fristgerechte Kündigung aussprachen. Die meisten Instanz- und Berufungsgerichte haben diese Auffassung bestätigt und über Räumungsklagen von Vermietern positiv entschieden.

Auch der Bundesgerichtshof hat bislang diese Rechtsauffassung geteilt. Bislang reichten „formal korrekte" Abrechnungen für den Anspruch auf Anpassung der Betriebskostenabrechnung aus. Hier hat er nunmehr einen Rechtsprechungswandel vollzogen. Der Bundesgerichtshof hat am 15.05.2012 seine Rechtsprechung zugunsten der Mieter geändert:

In seinen Urteilen vom 15.05.2012 mit den Aktenzeichen (VIII ZR 245/11 und VIII ZR 246/11) hat der für das Wohnraummietrecht zuständige 8. Zivilsenat geurteilt, dass der Vermieter pflichtwidrig handelt, wenn er die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung auf eine inhaltlich fehlerhafte Abrechnung stützt. Allein die formell korrekte Abrechnung reicht nicht dafür aus. Der Vermieter ist zu einer inhaltlich korrekten Abrechnung der Nebenkosten verpflichtet. Es kann nicht sein, dass eine Vertragspartei aus der Verletzung von Vertragspflichten Vorteile zieht.

Fazit

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen. Zugleich wird dadurch der Anspruch des Mieters auf eine inhaltlich korrekte Betriebskostenabrechnung gestärkt:

  • Mietern darf nicht das Risiko auferlegt werden, dass sich zum Teil durch ungeklärte Umstände die Betriebskosten-Vorauszahlungen unverhältnismäßig erhöhen.
  • Der Abrechnungsmaßstab muss nachvollziehbar bleiben.
  • Räumungsklagen dürfen nicht pauschal auf die Verweigerung der Zahlung erhöhter Betriebskosten-Vorauszahlungen v.a. für Kaltwasser und Heizkosten gestützt werden
  • Sonstige Kosten müssen nach einem nachvollziehbaren Verteilungsschlüssel auf die Mietparteien umgelegt werden
  • Mietern steht ein Anspruch auf die fehlerfreie Abrechnung der Betriebskosten zu.

Betriebskostenabrechnungen sollten in Zweifelsfällen durch einen auf Mietrecht spezialisierten Rechtsanwalt überprüft werden. Bestehen Zweifel am Abrechnungsmaßstab, sollte Widerspruch beim Vermieter eingelegt werden. Dieser muss die Rechnung überprüfen. Eine Anpassung der Betriebskostenabrechnung auf der Grundlage einer fehlerhaften Abrechnung ist unzulässig.



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