Formelle und materielle Fragen der Mieterhöhung – Mietspiegel und Gutachten

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Für den wirtschaftlich denkenden Vermieter stellt sich regelmäßig die Frage, wie er die Miete für einzelne Wohnungen erhöhen kann. Die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität eines Mietshauses hängen maßgeblich davon ab, dass Mietforderungen auf einer anerkannten Ermittlungsgrundlage anzusetzen sind. Wie hoch die „ortsübliche Vergleichsmiete“ im Einzelfall ist, kommt darauf an, ob für die Ermittlung der Miethöhe eine taugliche Grundlage u.a. ein Mietspiegel zur Anwendung gelangt.

In Ballungszentren z.B. in Berlin, gibt es einen anerkannten Mietspiegel. Ist eine solche Vergleichsgrundlage nicht verfügbar, müssen im Streitfall Gutachten eingeholt werden, um die Vergleichsmiete – die ortsübliche Vergleichsmiete - zu ermitteln. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in den §§ 558ff. BGB. Gemäß § 558 Abs.1 BGB kann der Vermieter die Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert ist.

Die Begründung der Mieterhöhung kann gemäß § 558a Abs.2 ZIff.1 BGB unter Bezugnahme auf einen Mietspiegel erfolgen. Im Bundesgebiet gibt es jedoch auch Regionen, in denen die Mieterhöhung auf „Erfahrungswerte“ und – sofern keine Vergleichsgrundlage vorhanden – auf Gutachten oder auf die Auskunft aus einer Mietdatenbank gestützt wird. (§ 558e BGB). In Ballungszentren wie Berlin wird die Mieterhöhung typischerweise mit dem Örtlichen Mietspiegel begründet. In keiner Deutschen Stadt existiert hinsichtlich der Frage, ob der Mietspiegel als „qualifiziert“ zu bewerten sein dürfte, so viel Streit wie in Berlin. Zwischen den Berliner Mietberufungskammern war der Streit über die Frage „qualifizierter Mietspiegel“ lange umstritten.

Zwischenzeitlich ist anerkannt, dass der Berliner Mietspiegel eine zulässige „Schätzgrundlage“ und somit eine Orientierungshilfe zur Ermittlung der Ortsüblichen Vergleichsmiete darstellt (vergleiche Landgericht Berlin Beschluss vom 13.07.2016 – 65 S 199/16 und LG Berlin 67 S 166/16 beide zu finden in GE 2016, 1119 und 1120). Der Berliner Mietspiegel 2015 darf somit weiter als „einfacher Mietspiegel“ zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden. Zur Beurteilung der materiellen Begründetheit stellt der Mietspiegel das am besten geeignete Mittel dar. Auf die Frage, ob hier eine Qualifizierung anzunehmen ist oder eben nicht, kommt es somit im Einzelnen nicht an. Anhand der einzelnen Merkmalgruppen ist die jeweilige Wohnung individuell einzuordnen.

Ausgehend von der in Berlin gültigen Kappungsgrenzenverordnung darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 15 Prozent erhöhen. Dies gilt nicht für Modernisierungsmieterhöhungen. Die wirtschaftliche Härte – vergleichbar der Modernisierungsmieterhöhung – ist nach den Vorschriften der §§ 558ff. BGB nicht zu prüfen. Maßgeblich bleibt jedoch die Einordnung der Wohnung anhand der einzelnen Merkmalgruppen – dort wiederum anhand der einzelnen Kriterien. Betroffenen Vermietern und Eigentümern ist zu empfehlen, die Wohnung möglichst der Ausstattung nach zu kennen. Offen ist der Ausgang der Mieterhöhung, wenn es keinen Mietspiegel gibt oder wenn es auf ein Gutachten ankommt bzw. auf vergleichbare Wohnungen oder Wohnhäuser.

Bei Mietern handelt es sich zum größten Teil um Verbraucher. Umso wichtiger ist die Frage ob dem Mieter ggf. auch die verbraucherspezifischen Rechte u.a. Widerrufsrecht zustehen. In der Beratungspraxis kommt es – wie so oft auf den Einzelfall an. Fraglich ist, ob es sich bei einer Mieterhöhung um ein Fernabsatzgeschäft handelt. Das Amtsgericht Gelsenkirchen hat in einem Urteil vom 27.04.2016 (AG Gelsenkirchen 202 C 3/16 vom 27.04.2016) entschieden, dass eine Mieterhöhungserklärung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete kein Widerrufsrecht auslöst. Dieser Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Wäre eine Mieterhöhungserklärung ohne weiteres widerrufbar, würde dies für einen vermietenden Eigentümer zu einem unüberschaubaren Prozessrisiko führen; ganz abzusehen von weiteren rechtlichen Risiken.

Die gesetzliche Mieterhöhung hat den Vorteil, dass der Mieter zwar „widersprechen“ kann. Grundsätzlich schuldet er allerdings ab dem dritten Kalendermonat nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens (§ 558b Abs.1 BGB) die Zahlung der erhöhten Miete. Zahlt der Mieter die erhöhte Miete nicht, muss der Vermieter binnen drei weiterer Monate Klage auf Zustimmung erklären.

Dennoch verbleibt eine Mieterhöhung ein zumindest teilweise mit einem rechtlichen Restrisiko behaftetes Vorhaben, das einer guten und inhaltlich fundierten Vorbereitung bedarf. Ein Mietspiegel bietet eine ausreichende Schätzgrundlage und somit Orientierungshilfe, um die Miete zu erhöhen.

Kommt es auf ein Gutachten oder Vergleichswohnungen an, ist eine Vielzahl an vergleichbaren Objekten erforderlich, um dem Gericht eine Schätzgrundlage gemäß § 287 ZPO zu unterbreiten. Wir beraten Sie bundesweit bei der Durchsetzung Ihrer Mieterhöhungsverlange, prüfen und setzen Ihre Mieterhöhungen für Sie durch.


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