Der Immobilienbetrug und seine Folgen

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Der Immobilienmarkt

Die Wertung von Niki Lauda zu den Umständen der Übernahme der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin durch die Lufthansa gilt auch für zahlreiche andere Lebensbereiche. So auch für den Immobilienmarkt, in denen vornehmlich private Kunden durch geradezu skrupellose Verkäufer oder Vermieter, denen es nur auf ihren eigenen höchstmöglichen wirtschaftlichen Gewinn ankommt, unbedacht in einen wirtschaftliche Ruin und in eine von Aussichts- und Hoffnungslosigkeit geprägte psychische Notlage gezogen werden. Die Vorgehensweisen und Instrumente der Verkäufer wie auch Vermieter von Häusern oder Wohnungen sind dabei sehr kreativ und vielfältig. Das Vorgehen erfüllt in vielen Einzelfällen den Straftatbestand des Betruges. Zur Warnung von Kaufinteressenten und Mietern wird hierauf sowohl in den Medien wie auch in Informationen der Polizei mit Nachdruck aufmerksam gemacht.

 

Schrottimmobilien

Angefangen von dem Angebot und dem Immobilienverkauf überhaupt tatsächlich nicht vorhandener Häuser oder Wohnungen (Rip-Deal), von großformatigen Angeboten unhaltbarer Finanzierungsmodelle zur Vermarktung von Schrottimmobilien, bis hin zum bewussten Verschweigen erheblicher, für den Kauf- oder Mietinteressenten selber nicht ohne die Hilfe eines Dritten, insbesondere eines Bausachverständigen, vor und bei Abschluss des Vertrages erkennbarer massiver baulicher Mängel direkt durch einen privaten Verkäufer, auch unter Vermittlung eines Maklers, reicht das Spektrum der ausschließlich auf den eigenen wirtschaftlichen Vorteil angelegten, letztlich überwiegend betrügerischen Vorgehensweisen von unseriösen Anbietern von Immobilien.

 

Alte Bauschäden und Rechtsmängel

Mag auf den ersten Blick und nach einer Besichtigung der Wert eines Einfamilienhauses, eines Reihen- oder Doppelhaus sowohl von ihrer örtlichen Lage und Verkehrsanbindung und von ihrem Baujahr her mit einem Kaufpreis von 850.000 € oder bei einer Eigentumswohnung mit 390.000 € angemessen erscheinen oder sich sogar als ein Schnäppchenangebot darstellen, so bedeutet dies in fachlicher und bautechnischer Hinsicht vielfach jedoch nicht zugleich, dass diese Immobilien bei einer näheren bautechnischen Betrachtung und genaueren Untersuchung auch tatsächlich diesen Wert besitzen, sondern tatsächlich einen Sachmangel oder gleich mehrere Baumängel und Bauschäden aufweisen können.
Hierzu zählt umgangssprachlich auch ein versteckter Baumangel oder auch Schäden, deren Ursachen in der Vergangenheit nicht ausreichend aufgeklärt und saniert worden sind. Dies können beispielhaft zeitlich zurückliegende Schadensereignisse an der Bausubstanz, wie der Eintritt von Wasser in Wände oder durch Decken, an Dächern, in Tiefgaragen oder in den Fußbodenaufbau von Räumen, wie auch das Auftreten von Schimmelbefall an Wänden oder Decken, von Fäulnis an Holzbauteilen usw. sein. Bauschäden, deren Ursachen weder von dem Verkäufer oder Vermieter eines Hauses oder einer Eigentumswohnung selber, noch von der Gemeinschaft von Wohnungseigentümern (WEG) ermittelt um zum Erhalt der Bausubstanz dauerhaft und den anerkannten Regeln der Technik entsprechend beseitigt worden sind.

 

Pinselsanierung

Zur Steigerung des Angebotspreises werden in diesem Zusammenhang vielfach Häuser und Wohnungen nur mit billigen Materialien und – insbesondere bei einer Selbstvornahme oder der Inanspruchnahme von Leistungen fachlich unqualifizierter Handwerker − zu Preisen von häufig nur 10.000 bis 20.000 € saniert. So werden zur rein optischen Auffrischung und damit zugleich des Angebotspreis in alte Räumlichkeiten neue Bodenbeläge (z.B. ein helles, freundlich aussehendes Laminat) verlegt, werden alte gegen modern aussehende Sanitärobjekte ausgetauscht, Bäder mit hellen, großformatigen neuen Boden- und Wandfliesen versehen und die Decken und Wände neu gespachtelt oder tapeziert und Türen neu gestrichen oder komplett getauscht. Diese Art der Sanierung wird auch als Pinselsanierung bezeichnet.
Dies alles, ohne dass zuvor -nur beispielhaft – eine Untersuchung des zum Verkauf angebotenen Hauses oder der Wohnung auf bekannte und erkennbare statisch bedingte Rissbildungen, auf Feuchtigkeits- und Schimmel-/Hausschwammbildungen, auf eine Dichtigkeit der Fenster, eine funktionstüchtige Wärmedämmungen im Dach, das Vorhandensein von Bauteilen aus Asbest, das Alter und die Funktionstüchtigkeit von Heizungs- und Lüftungsanlagen, auf eine ausreichende Trittschalldämmung  untersucht worden ist und deren Ursachen fachgerecht und dauerhaft behoben worden sind.

 

Sittenwidrigkeit des Angebots- und des Verkaufspreis

Eine in dieser Form zur Steigerung des Verkaufspreises „sanierte“ Immobilie kann unter Berücksichtigung der Höhe der Kosten, die zur Herstellung eines dauerhaft mangelfreien Zustandes notwendig sind, schnell nur noch die Hälfte des Angebotskaufpreises oder gar nun noch weniger wert sein. Insbesondere die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden an Außenwänden eines Hauses, eines Kellers, einer Tiefgarage oder Schimmel- und Fäulnis an Bauteilen eines Daches oder einer Dachgeschoßwohnung, einschließlich der Ursachenfeststellung, können Kosten bis zu einem sechsstelligen Euro verursachen.
Vielfach wirken sich auch Rechtsmängel, wie z.B. das Fehlen einer Baugenehmigung für an einem Haus oder an einer Wohnung durchgeführte bauliche was Veränderungen, die Nichteinhaltung von Abständen zur Grenze des Nachbarn, zur benachbarten Bebauung oder ungesicherter Geh und Fahrtrechte den Wert einer Immobilie erheblich wertmindernd aus.
Wird ein Haus oder eine Wohnung unter Berücksichtigung des tatsächlichen baulichen Zustandes, der notwendigen Sanierungskosten, wertmäßig zum doppelten Preis verkauft, so stellt dieser Verkauf nach der Rechtsprechung ein sittenwidriges Geschäft dar, das gemäß § 138 BGB nichtig und auf Verlangen des Käufers rückabzuwickeln ist.

Ist ein Immobilienkaufvertrag nicht gemäß § 138 BGB von Anfang an wegen Verstoßes gegen die guten Sitten rechtlich nichtig, so hat der Käufer vielfach die Möglichkeit den geschlossenen Vertrag über eine Anfechtung nach § 123 BGB von an Anfang unwirksam werden zu lassen und den Verkäufer zusätzlich auf Zahlung von Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Dies unter der Voraussetzung, dass der Käufer nachweisen kann, dass der Verkäufer ihn bereits zeitlich vor oder zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages über den tatsächlichen Zustand des Hauses oder der Wohnung getäuscht hat. Dies dadurch, dass er dem Käufer das Vorhandensein wesentlicher Sachmängel oder Rechtsmängel oder eine Schadens- oder Mangelhistorie vorsätzlich verschwiegen hat. Tatsachen und Sachverhalte die den Kaufinteressenten davon abgehalten hätten, den Kaufvertrag überhaupt nicht oder nur zu erheblich anderen Bedingungen abzuschließen. Es muss sich dabei um die Kaufentscheidung erheblich beinflussbare Umstände, d. h. um sachlich nachprüfbare Tatsachen und nicht nur um subjektive Einschätzungen oder allgemeine Meinungsäußerungen handeln.

 

Arglistige Täuschung beim Immobilien kaufen

Die erforderliche Täuschungshandlung ist ein Verhalten, das darauf abzielt, in einer anderen Person eine unrichtige Vorstellung hervorzurufen, zu bestärken oder zu unterhalten. Die täuschende Handlung kann in einem aktiven, sogen. positiven Tun wie auch in einem Unterlassen bestehen.
Positives Tun liegt bei ausdrücklichen oder konkludent wahrheitswidrigen Behauptungen vor. Dies dann, wenn diese Behauptungen sich auf Tatsachen oder wertbildende, objektiv nachprüfbare Umstände beziehen, so z.B. die Angabe eines falschen Baujahres eines Hauses, die Angabe über das Alter einer Heizung, über den Zeitpunkt oder über die Art und Weise oder den Umfang der letzten baulichen Instandhaltung oder Sanierung. Alleine subjektive Werturteile oder überspitzte Anpreisungen eines Verkäufers reichen dagegen für ein täuschendes Handeln nicht aus.
Bei Vertragsverhältnissen, bei denen sich beide Vertragspartner ein erhöhtes Vertrauen entgegenbringen, kann eine umfassendere Aufklärungspflicht des Verkäufers gegenüber dem auf Interessenten angenommen werden. So z.B. eine Verpflichtung des Verkäufers zur Aufklärung über bauliche Verhältnisse, die bauliche Historie eines Hauses oder einer Wohnung, über zeitlich zurückliegende oder aktuelle Schadensereignisse, sofern die Umstände für den Vertragspartner nicht erkennbar sind und ohne Aufklärung mit einer Gefährdung des Vertragspartners oder des Vertragszwecks zu rechnen ist. Auf Nachfragen des Käufers hat der Verkäufer in jedem Fall dem Käufer wahrheitsgemäß zu antworten. Kommt der Verkäufer dieser Verpflichtung nicht nach, so kann auf Seiten des Verkäufers ein schuldhaftes Unterlassen vor Vertragsabschluss und damit zugleich ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 241 Abs. 2 BGB vorliegen. Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Vertragsteil zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteil verpflichten. Ist die Versorgung des Kaufinteressenten mit Informationen über Tatsachen und Geschehnissen unterblieben, die beim Kaufinteressenten ausschlaggebend dafür gewesen sind, die Immobilie zu einem ganz bestimmten Wert zu erwerben, so kann diese Unterlassung den Käufer gleichfalls ein Recht zu einer Vertragsanfechtung wegen einer arglistigen Täuschung geben.
Richtig ist auf jeden Fall, dass die täuschende Handlung oder das täuschende Unterlassen den Ausschlag dafür gewesen ist, dass sich der Käufer zur Beurkundung des Haus- oder Wohnungskaufes entschieden hat. Nicht ausreichend sind dagegen reine Vorstellungen oder Motive des Kaufinteressenten, die ihn zum Erwerb Immobilie Anlass haben. So z.B. die Vorstellung, dass ein Familienangehöriger in das Haus oder die Wohnung einziehen wird, es hierzu in der Folgezeit jedoch tatsächlich nicht kommt, wobei die Gründe hierfür in aller Regel ohne Bedeutung sind.
Die größte rechtliche Hürde, die für eine wirksame Anfechtung eines Vertrages wegen arglistiger Täuschung übersprungen werden muss ist der Nachweis, dass der Verkäufer den Kaufinteressenten vor oder bei der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages vorwerfbar, d. h. schuldhaft getäuscht hat. Eine Hürde, die bei einer sorgfältigen Sammlung und Bewertung von Informationen über die Immobilie, so z. B. durch Auswertungen von Protokollen früherer Eigentümerversammlungen und auch durch Informationen aus der unmittelbaren Umgebung der Immobilie, wie z. B. durch die Befragung von Nachbarn, von weiteren Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft etc. in sehr vielen Fällen genommen werden kann.
Haben Sie keine Scheu davor, den von Ihnen über ein Haus oder eine Wohnung geschlossenen Kaufvertrag nochmals durch einen hierfür qualifizierten Anwalt − gegebenenfalls mit Unterstützung eines Bausachverständigen − prüfen und bewerten zu lassen. Angesichts des wirtschaftlichen Erfolges für den über den tatsächlichen baulichen Zustand oder den tatsächlichen Wert getäuschten Erwerber eines Hauses oder einer Eigentumswohnung, lohnt sich in aller Regel der vorausgehend skizzierte Aufwand.

 

Unsere Hilfe bei Immobilienbetrug

Nutzen Sie hierbei die über 35-jährigen juristischen und zugleich in der Praxis erprobten Erfahrung des Rechtsanwaltes und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Andreas Paessler.
Lassen Sie durch die Anwaltskanzlei die Umstände prüfen, die zum Abschluss des Kaufvertrages geführt haben, wie auch die Gründe, welche aus Ihrer Sicht oder auch nur aus ihrem Empfinden heraus Anhaltspunkte dafür sind, dass Sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages durch den Verkäufer absichtlich über den Zustand oder den Wert der Immobilie getäuscht worden sind.
Fragen Sie die Anwaltskanzlei in diesem Zusammenhang auch nach einem Kostenangebote für die anwaltliche Erstberatung und für eine weitere, nachhaltige Verfolgung Ihrer Ansprüche.

Foto(s): https://immobilienkanzlei-maisach.de/wp-content/uploads/2019/10/Immobilienbertug-Wie-schwer-ko%CC%88nnen-die-Folgen-sein-1740x870.png

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