Der Urlaubsanspruch und was Sie beachten sollten - Entstehung, Verfall und Übertragung zum Jahresende.

  • 5 Minuten Lesezeit

Ob am Strand, in den Bergen, auf Städtetour oder in den eigenen vier Wänden - der Urlaub ist für fast jeden Arbeitnehmer die wohl wichtigste Zeit des Jahres, um sich von den Strapazen des Arbeitsalltags zu erholen. Doch hinsichtlich der Entstehung des Anspruchs und den Folgen, falls dieser nicht komplett aufgebraucht wird, bestehen oftmals Unklarheiten. Hier hat sich in den letzten Jahren, vor allem zugunsten der Arbeitnehmer, einiges getan.

Wie viele Urlaubstage stehen mir zu?

Als Arbeitnehmer haben Sie grundsätzlich Anspruch auf einen bezahlten, gesetzlichen Erholungsurlaub von mindestens vier Wochen im Jahr. Dies ergibt sich aus § 3 Bundesurlaubsgesetz [BUrlG], wonach ein jährlicher Urlaubsanspruch von 24 Tagen besteht. Das Bundesurlaubsgesetz geht hierbei jedoch noch von einer früher üblicheren 6-Tage Woche aus. Der Ihnen zustehende gesetzliche Urlaub ergibt sich daher aus der durchschnittlichen Anzahl der Arbeitstage pro Woche x 4. Dies bedeutet, wenn Sie durchschnittlich an fünf Tagen die Woche arbeiten, haben Sie einen Urlaubsanspruch von mindestens 20 Tagen.

Durch den Arbeitsvertrag, geltende Tarifverträge, eine Betriebsvereinbarung oder durch gesetzliche Bestimmungen kann der Urlaubsanspruch zugunsten des Arbeitnehmers jedoch erweitert werden, die aufgezeigte Formel stellt daher lediglich den Mindestanspruch dar. Ob für Sie ein zusätzlicher Urlaubsanspruch besteht müsste dann individuell geprüft werden.

Für wen besteht der Anspruch - und ab wann?

Der Urlaubsanspruch besteht grundsätzlich für jeden Arbeitnehmer, unabhängig von der genauen Art der Beschäftigung. Für den Urlaubsanspruch ist es somit zunächst egal, ob Sie Vollzeit, Teilzeit, befristet oder unbefristet tätig sind. Auch geringfügig Beschäftigte haben somit einen Anspruch auf Erholungsurlaub. Der Urlaubsanspruch besteht dabei zudem unabhängig von Ihrer tatsächlichen Arbeitsleistung, d.h. auch wenn Sie ein ganzes Jahr lang arbeitsunfähig erkrankt sind, erwerben Sie Ihren Urlaubsanspruch dennoch nach der oben aufgezeigten Formel. Lediglich in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis ruht oder ausgesetzt ist kann der Urlaubsanspruch entsprechend gekürzt werden - dies gilt insbesondere für Zeiten von Elternzeit oder Kurzarbeit Null.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der volle Urlaubsanspruch erst entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens sechs Monate besteht. Vor Ablauf dieser sechs Monate, also beispielsweise in den Fällen, in denen Sie das Arbeitsverhältnis erst ab Juli des Jahres begonnen haben, haben Sie nach den Regelungen des BUrlG zunächst lediglich einen anteiligen Urlaubsanspruch von 1/12 pro Monat.

Verfällt nicht genommener Urlaub am Jahresende?

Bislang war vor allem folgende Regelung bekannt: Der Urlaub muss nach den gesetzlichen Regelungen des § 7 Bundesurlaubsgesetz im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden. War dies aufgrund wichtiger betrieblicher oder persönlicher Gründe nicht möglich, so muss der Urlaub spätestens in den folgenden drei Monaten des nächsten Jahres genommen werden. Der Arbeitnehmer musste seinen Urlaub demnach beantragen und nur wenn der Urlaub aufgrund der benannten Gründe nicht wahrgenommen werden konnte, kam überhaupt eine Übertragung auf das Folgejahr in Betracht.

Diese Vorgehensweise wurde jedoch durch den Europäischen Gerichtshof [EuGH] und später auch durch das Bundesarbeitsgericht [BAG] beendet. Denn der Urlaub diene insbesondere dem Gesundheitsschutz und der Erholung der Arbeitnehmer von den Strapazen des Arbeitsalltags und sei daher als einer der wesentlichsten Grundsätze der europäischen Grundrechte-Charta anzusehen.

Die Gerichte nahmen sich hierbei vor allem das Kräfteungleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor, denn der Beantragung und Wahrnehmung des Urlaubs konnten insbesondere aus Sicht der Arbeitnehmer verschiedenste Gründe entgegenstehen. Um dieses Missverhältnis aufzulösen und die Wahrnehmung des Urlaubsanspruchs zu gewährleisten verlagerten die Gerichte die Initiative auf Seiten der Arbeitgeber. Der Arbeitgeber habe demnach gewisse Mitwirkungsobliegenheiten und -pflichten. Nur wenn Arbeitgeber diesen Pflichten nachkommen, sei der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage den Urlaub zu nehmen.

Arbeitgeber haben demnach die Pflicht, die Arbeitnehmer über ihre bestehenden Urlaubstage ausreichend zu informieren. Des Weiteren müssen sie die Arbeitnehmer auffordern, den Urlaub tatsächlich wahrzunehmen. Letztlich muss auch eine Belehrung erfolgen, dass der Urlaub am Ende des Jahres verfallen kann, wenn er nicht genommen wird. Nur wenn diesen Verpflichtungen ausreichend nachgekommen worden ist kommt daher ein Verfall des Urlaubsanspruchs in Betracht. Die Beweislast liegt hierbei auf Seiten des Arbeitgebers, was die Geltendmachung der Urlaubstage durch die Arbeitnehmer zumindest erleichtert.

Durch das Bundesarbeitsgericht wurde zudem aktuell entschieden, dass auch eine Verjährung der Urlaubsansprüche ohne Einhaltung der Mitwirkungspflichten ebenfalls nicht in Betracht kommt. Zwar könnte der Urlaub grundsätzlich nach Ablauf der Frist von drei Jahren verjähren und somit nicht mehr beansprucht werden. Diese drei Jahre beginnen jedoch frühestens am Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nachgekommen ist. Dies bedeutet, dass auch noch für die vergangenen Jahre durchaus ein Anspruch auf Erholungsurlaub bestehen kann - auch wenn beide Seiten von einem Verfall ausgingen.

Urlaubsübertragung bei ganzjähriger Krankheit

Doch was passiert, wenn der Urlaub nicht genommen werden kann, weil Sie krankheitsbedingt ganzjährig ausgefallen sind? Mit dieser Frage hatten sich die Gerichte in den vergangenen Jahren ebenfalls zu befassen. Nachdem der EuGH 2009 zunächst entschieden hatte, dass in diesen Fällen der Urlaub niemals verfallen kann, wurde diese Entscheidung aufgrund der enormen Belastung für Arbeitgeber wenig später revidiert.

Im Falle einer dauerhaften Erkrankung kann Ihr Urlaub zwar grundsätzlich verfallen, jedoch erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres in welchem der Urlaub erworben wurde. Das heißt beispielsweise, dass der Urlaub des Jahres 2021 frühestens Ende März 2023 verfällt, wenn Sie seitdem ganzjährig erkrankt sind. Auch hier wurde die Bedeutung des Erholungsurlaubs entsprechend gewürdigt und ein Verfall nur dann als möglich angesehen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war den Urlaub wahrzunehmen.

Die Mitwirkungspflichten der Arbeitgeber wurden jedoch auch in diesen Fällen als wesentliche Voraussetzung für einen möglichen Verfall angesehen. Sofern Sie nämlich im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet haben und erst anschließend dauerhaft arbeitsunfähig erkranken, so kommt es auch hier für den Verfall darauf an, ob Sie durch den Arbeitgeber entsprechen informiert, aufgefordert und belehrt worden sind. Sollte dies nicht der Fall sein verfällt der Urlaubsanspruch auch nach 15 Monaten nicht und kann folglich angesammelt werden.

Fazit

Die Entscheidungen der letzten Jahre waren für Arbeitnehmer äußerst positiv. Der gesetzliche Jahresurlaub kann hierbei zwar grundsätzlich verfallen, dies setzt jedoch eine umfassende Mitwirkung des Arbeitgebers voraus. Durch die Mitwirkungspflichten der Arbeitgeber ist eine Übertragung des Urlaubs in die Folgejahre durchaus möglich geworden. Ob dies in Ihrem Fall auch gilt und ob Sie somit auch noch den Urlaub vergangener Jahre wahrnehmen oder diesen gegebenenfalls abgelten lassen können, kann dabei in einem gemeinsamen Gespräch überprüft werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Robert Apitzsch

Beiträge zum Thema