Der Widerrufsvorbehalt in Arbeitsverträgen

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Der in einem Arbeitsvertrag verankerte Widerrufsvorbehalt erlaubt dem Arbeitgeber, einseitig die eigene – dem Arbeitnehmer versprochene – Leistung herabzusetzen oder entfallen zu lassen.

Die den Widerrufsvorbehalt beinhaltenden Klauseln unterliegen grundsätzlich der AGB-Kontrolle. Diese findet auf zwei Ebenen statt:

1. Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB:

Bereits seit der Entscheidung des BAG (Bundesarbeitsgericht) vom 12.01.2005 –5 AZR 364/04 – müssen die Voraussetzungen und der Umfang der vorbehaltenen Änderungen in den Widerrufsklauseln möglichst konkretisiert werden.

Diese Forderung ist nunmehr durch das BAG vom 24.01.2017 – 1 AZR 772/14 – für wirtschaftliche Gründe weiter eingeengt worden:

a) Wer wirtschaftliche Gründe angeben will, sollte dies konkretisieren auf eine wirtschaftliche Notlage.

b) Auch die Umgestaltung des Entgeltsystems ist ein anerkannter Widerrufsgrund, muss aber als solcher im Arbeitsvertrag angegeben werden.

Wichtig ist aber insgesamt, dass die einzelnen Widerrufsgründe in einem eigenständigen Satz niedergelegt werden, damit nicht der gesamte Widerrufsvorbehalt nichtig ist.

c) Der Widerrufsvorbehalt ist nach der vorzitierten neuen Entscheidung des BAG ferner dann unwirksam, wenn er in den Kernbereich des Arbeitsvertrages eingreift.

Die gebotene Interessenabwägung muss zu einer Zumutbarkeit der Klausel für den Arbeitnehmer führen. Diese beurteilt sich wiederum nach der Art und Höhe der Leistung, die widerrufen werden soll, nach der Höhe des verbleibenden Verdienstes und der Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte müsse der Widerrufgrund den Widerruf typischerweise rechtfertigen. Insbesondere darf nicht das Wirtschaftsrisiko des Unternehmers auf den Arbeitnehmer verlagert werden.

Dabei zieht das BAG folgende Grenzen: der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende widerrufliche Teil darf 25 % des Gesamtverdienstes nicht überschreiten; soweit Zahlungen nicht eine unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung darstellen, sondern Ersatz für Aufwendungen sind, die der Arbeitnehmer eigentlich selbst tragen muss, erhöht sich der widerrufliche Teil der Arbeitsvergütung auf 30 % des Gesamtverdienstes.

Auch diese Begrenzung sollte unbedingt in den Klauseltext mit aufgenommen werden.

2. Ausübungskontrolle gem. § 315 BGB

Selbst, wenn die Widerrufsklausel an sich wirksam ist, unterliegt der ausgesprochene Widerruf daneben der Ausübungskontrolle gem. § 315 BGB.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige, in dem das Widerrufsrecht ausgeübt wird.

Auch hierfür hat das BAG in seiner Entscheidung vom 24.01.2017 die maßgeblichen Parameter konkretisiert:

a) Zunächst ist zu prüfen, ob die im Widerrufsvorbehalt angegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen für den konkret ausgesprochenen Widerruf tatsächlich vorliegen, mithin ob tatsächlich von einer wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers im Zeitpunkt der Abgabe Widerrufserklärung auszugehen ist.

b) Der konkret erklärte Widerruf muss billigem Ermessen entsprechen (§ 315 I BGB).

Problematisch sind in diesem Zusammenhang die Fälle, in denen der Widerruf in einem sehr kurzen Abstand zum Fälligkeitszeitpunkt erklärt wird. Zwar gibt es hier bislang keine konkreten zeitlichen Vorgaben. Aber auch dies ist nur eine Frage der Zeit. Es wäre zu misslich, wenn bei einer zu kurzfristigen Ausübung des Widerrufsvorbehalts die Grenzen des billigen Ermessens überschritten würden.

Angemessen ist hier sicherlich eine Frist von 1 Monat, die auf jeden Fall auch in den Klauseltext mit aufgenommen werden sollte, um sich auch insoweit auf die sichere Seite zu begeben.

c) Es darf nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen werden.

Hier ist in erster Linie zu berücksichtigen, dass immer zu prüfen ist, ob die Arbeitnehmer, die die widerrufene Leistung noch erhalten haben, nicht vielleicht Altverträge haben, die überhaupt keinen Widerruf vorsehen. Nach der Entscheidung des BAG vom 24.01.2017 handelt es sich nämlich genau aus diesem Grund nicht um eine vergleichbare Gruppe von Arbeitnehmern. Es ist nämlich in jeder Hinsicht zulässig und Ausdruck der unternehmerischen Vertragsfreiheit, wenn ein Unternehmer sich entschließt, ab einem bestimmten Zeitpunkt freiwillige Leistungen auch gegebenenfalls widerrufen zu können.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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