Die Abfindungserklärung im Verkehrsrecht

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Nicht selten hält der Geschädigte, z. B. eines Verkehrsunfalls, eine Abfindungs- bzw. Abgeltungsvereinbarung der Gegenseite in den Händen, mit der das verlockende Angebot unterbreitet wird, die Angelegenheit bei Zahlung eines pauschalen Betrages ad acta zu legen. Geboten wird dabei ein häufig nicht unbeträchtlicher Betrag, der es dem Geschädigten erleichtern soll, das Schadensereignis und die hieraus resultierenden, oftmals weiterreichenden Folgen (Schmerzensgeld, Verdienstausfall etc.) „zu vergessen“. Hierbei ist Folgendes zu beachten:

Reichweite der Abfindungserklärung

Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer ist bestrebt, zeitnah den Schaden abschließend zu regeln. In diesem Sinne wird oftmals durchaus ein höherer Betrag zur Zahlung angeboten, wenn damit der Geschädigte erklärt, keine weiteren Ansprüche geltend zu machen. Solch eine Erklärung/Vereinbarung hat erhebliche Reichweite. Wird eine solche Vergleichs- und Abfindungserklärung abgegeben, bedeutet dies zum einen bereits begrifflich, dass damit sämtliche Ansprüche, die bis heute entstanden sind, abgegolten und erledigt sind. Daneben wird aber auch eine endgültige Regelung bewirkt bzgl. aller künftigen Schäden, die im Grunde bereits angelegt sind, aber noch gar nicht sichtbar oder sonst wie zu Tage getreten sind oder sich erst später, z. B. im Zusammenspiel mit anderen Faktoren auswirken. Für Personenschäden bedeutet dies, dass alle körperlichen Beeinträchtigungen, die aus dem Schadensereignis resultieren, insbesondere soweit diese aus medizinischer Sicht voraussehbar sind, mit umfasst sind. Wegen solcher künftigen Beeinträchtigungen können später somit keine Nachforderungen mehr gestellt werden.

Bewertung des Gesundheitszustandes

Vor Abgabe einer solch weitreichenden Erklärung sollte daher dringend abgeklärt werden, inwiefern ein Risiko weiterer erheblicher Beeinträchtigungen auch im Zusammenspiel mit anderen gesundheitlichen Faktoren (weitere Schäden/Vorschäden/Erkrankungen) besteht. Hierfür sollte auch eine vorherige Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/Facharzt stattfinden, da dieser die Gefahr weiterer, bislang möglicherweise noch nicht ersichtlicher Beeinträchtigungen, besser beurteilen kann. Zudem ist es damit möglich, eine geeignete Grundlage zur Entscheidung für oder gegen eine Abfindung, ggfs. auch bzgl. deren Höhe zu schaffen.

Sobald konkrete Anhaltspunkte für weitere Schäden, also für eine mögliche Verschlimmerung des Befundbildes/Gesundheitszustandes bestehen, sollte von einer vorbehaltlosen Abfindungserklärung im Zweifel Abstand genommen werden. Alternativ kann der Gegenseite eine Anpassung vorgeschlagen bzw. ein Vorbehalt aufgenommen werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Schädiger/Versicherer erfahrungsgemäß nicht hierauf einlassen wird, dies aber auch nicht muss. Denn eine solche Modifizierung des Vergleichs widerstrebt dem Interesse der Gegenseite, die Angelegenheit endgültig, d. h. auch für die Zukunft, zu regeln. Das Zahlungsangebot der Gegenseite erfolgt stets freiwillig; eine Anpassung ist nicht erzwingbar.

Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens

In die Vergleichserwägungen müssen natürlich immer auch die Erfolgsaussichten eines möglichen Klageverfahrens einbezogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei etwaigen späteren Folgen auch immer der Beweis der Kausalität zu erbringen ist. Es muss also belegbar sein, dass für die Spätfolge das ursprüngliche Ereignis die (wesentliche/alleinige) Ursache darstellt.

Fazit: Insbesondere sofern die letztgenannten Fragen für den Geschädigten nicht zu beurteilen sind, sollte sich vor Unterzeichnung einer Vergleichsvereinbarung rechtlicher Rat eingeholt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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