Die Anerkennung von ausländischen Urteilen nach türkischem Recht

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RAin Deniz Yildirim, Antalya/Türkei

Die Regelungen über die Anerkennung ausländischer Urteile in der Türkei sind überwiegend den internationalen Abkommen angepasst worden. Wenn die Gegenseitigkeit mit einem Abkommen oder mit der Rechtspraxis gegeben ist, ist die Anerkennung der ausländischen Gerichtsurteile in der Türkei möglich.

Die Voraussetzungen

  1. Das Urteil muss rechtskräftig sein bzw. auf dem Urteil muss vermerkt sein, dass das Urteil rechtskräftig ist. Das originale Urteil muss mit Apostille versehen werden.
  2. Das Urteil sollte möglichst eine Begründung beinhalten. Es kommt bei Versäumnisurteilen nicht selten vor, dass Urteile ohne Begründung verfasst werden. Es gab mehrere widersprüchliche Urteile von verschiedenen Kammern des türkischen Kassationsgerichts darüber. Die Sache ist mit der Rechtsprechung derart geklärt worden, dass ausländische Urteile, die keine Begründung beinhalten, auch anerkannt werden können. Falls vorauszusehen ist, dass das Urteil in der Türkei vollstreckt wird, wäre es trotzdem gut, dass das Urteil mit Begründung geschrieben wird. Die türkischen Richter kennen Urteile ohne Begründung nicht, weil es eine Verfassungsklausel ist, dass die Urteile mit Begründung geschrieben werden.
  3. Der Urteilsgegenstand darf nicht im absoluten örtlichen oder sachlichen Zuständigkeitsbereich der türkischen Justiz/Gerichten liegen.
  4. Die Gegenseite muss die Gelegenheit für rechtliches Verhör bekommen haben. Dazu gehört auch die rechtmäßige Zustellung nach türkischem Recht. Bitte vor allem bei Versäumnisurteilen darauf achten, dass alle Schritte der internationalen Zustellung in der Gerichtsakte vollständig protokolliert werden. Die Zustellungsprotokolle sollten auch den türkischen KollegInnen, die das Anerkennungsverfahren durchführen, übergeben werden.

Dabei bitte beachten: Die Türkei hat das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen mit Vorbehalt gegen die §§ 8 und 10 unterschrieben. Deswegen werden die Zustellungen durch Aufgabe zur Post nach § 184 ZPO nicht anerkannt. D. h., in allen Zivilsachen, die in der Türkei vollstreckt werden müssen, müssen die Zustellungen im Wege der internationalen Zustellung durchgeführt werden.

Das Urteil darf nicht gegen die öffentliche Ordnung verstoßen.

Welche Urteile können anerkannt werden?

  • Scheidungsurteile
  • Urteile über elterliche Sorge
  • Urteile über Vaterschaftsanfechtung oder Feststellung der Vaterschaft
  • alle zivilrechtlichen Urteile
  • Teile eines strafrechtlichen Urteils über die persönlichen Rechte
  • ausländische Schiedsurteile (Hierzu gibt es abweichende Regelungen, die in diesem Artikel nicht ausgeführt werden.)
  • Beschlüsse über Einrichtung der gesetzlichen Betreuung/Vormundschaft

Welche Urteile können nicht anerkannt werden?

Beschlüsse über Zivilsachen, die ausschließlich im Zuständigkeitsbereich der türkischen Justiz liegen, können nicht anerkannt werden. Einige Beispiele:

  • Beschlüsse im Insolvenzverfahren bzw. Benennung eines Insolvenzverwalters bzgl. einer türkischen Filiale einer ausländischen Firma
  • Beschlüsse über Eigentum der Immobilien in der Türkei
  • Beschlüsse über Erbschaftssachen, die auf Eigentum und/oder Nutzungsrechte einer Immobilie in der Türkei beruhen
  • Beschlüsse über eingetragene Nutzungsrechte oder Hypotheken bei Immobilien in der Türkei
  • Beschlüsse über Arbeitsverträge, wenn der Erfüllungsort des Arbeitsvertrages innerhalb der Türkei lag
  • Beschlüsse gegen in der Türkei ansässige Verbraucher nach den Verbraucherschutzgesetzen
  • Beschlüsse von Versicherungen gegen Versicherungsnehmer/innen oder Versicherungsberechtigten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei haben
  • Beschlüsse gegen Inhaber von Urheberrechten bzgl. Eintragung des Urheberrechts usw., die ihren Wohnsitz in der Türkei haben

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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