Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Aktivitäten deutscher Unternehmen in Belgien

  • 6 Minuten Lesezeit

Das Coronavirus hat einen zunehmenden Einfluss auf das tägliche Leben von Privatpersonen und Unternehmen. Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, begann am 2. November in Belgien eine neue Phase, in der die Föderalregierung Maßnahmen für ganz Belgien auferlegt hat. Diese Maßnahmen gelten auf jeden Fall bis zum 15. Dezember.

Zusammenfassend wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Alle nicht wesentlichen gewerblichen Einrichtungen (mit Ausnahme von Apotheken, Supermärkten, Zeitungsläden und dergleichen) bleiben geschlossen und Restaurants werden während dieser Zeit vollständig geschlossen (mit Ausnahme von Hotels, die weiterhin geöffnet bleiben).

Die Ausbreitung des Coronavirus und das Inkrafttreten der oben genannten Maßnahmen haben natürlich auch Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf in den Unternehmen. Ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Belgien entsenden oder eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft in Belgien haben, sind ebenfalls betroffen. Dieser Überblick über Maßnahmen und Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Coronavirus ist speziell für deutsche Unternehmen gedacht, die in Belgien tätig sind.

1. Arbeitsrechtliche Aspekte

Das Grundprinzip ist, dass Unternehmen offen bleiben können, der Arbeitgeber aber verpflichtet ist, den Mitarbeitern einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten. Das bedeutet, dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Verbreitung des Coronavirus am Arbeitsplatz zu verhindern (Desinfektion von Tastaturen, Empfehlung zum Händewaschen, …). Die Regierung hat jedoch einige zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

1.1 Förderung von Heimarbeit

In erster Linie wird die Heimarbeit von der Regierung gefördert. Tatsächlich müssen Unternehmen, die dazu in der Lage sind, Heimarbeit organisieren. Unternehmen, die dazu nicht in der Lage sind, müssen die Regeln der social distancing so weit wie möglich einhalten (Arbeitnehmer müssen mindestens 1,5 Meter von einander entfernt sein). Nicht wesentliche Unternehmen, die diese Regeln nicht einhalten können, müssen schließen. Wesentliche Unternehmen dürfen weiter arbeiten, müssen aber die oben genannten Regeln so weit wie möglich berücksichtigen. Wenn Unternehmen diese Maßnahmen nicht einhalten, können Geldbußen verhängt werden.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung, von zu Hause aus zu arbeiten, dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht einseitig auferlegt werden kann, sondern in gegenseitigem Einvernehmen beschlossen werden muss, falls in der Vergangenheit keine Vereinbarungen darüber getroffen wurden. Wenn Sie sich als Arbeitgeber dazu entscheiden, dass die Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten müssen, muss dem Arbeitsvertrag ein Zusatz beigefügt werden. Da jetzt jedoch die Heimarbeit zur Norm geworden ist, können die Mitarbeiter verpflichtet werden, von zu Hause aus zu arbeiten, wenn und insowiet dies möglich ist. Diese Situation betrifft dann gelegentliche Heimarbeit aufgrund höherer Gewalt. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber den Mitarbeitern eine sozialversicherungsfreie Bürozulage in Höhe von 126,94 EUR zur Deckung der Kosten für Heizung, Strom, Büroausstattung usw. gewähren.

Bitte beachten Sie, dass die Heimarbeit nicht immer standardmäßig versichert ist. Es ist daher wichtig, sich bei Ihrer Versicherungsgesellschaft über die Regelung der Heimarbeit zu informieren. Darüber hinaus kann die Zunahme der Heimarbeit Folgen für die sozialversicherungsrechtliche und steuerliche Situation von Grenzgängern haben.

1.2 Vorübergehende Arbeitslosigkeit aufgrund höherer Gewalt

Darüber hinaus hat die Regierung Maßnahmen ergriffen, um die finanziellen Auswirkungen des Coronavirus auf Unternehmen zu begrenzen. Der Ausbruch des Coronavirus kann vorübergehend die Zahl der Arbeitsplätze reduzieren und den Einsatz von Mitarbeitern unmöglich machen. Es ist auch möglich, dass Arbeitnehmer nicht arbeiten können, weil sie in Quarantäne gesetzt wurden.

Zu diesem Zweck können die Unternehmen das System der vorübergehenden Arbeitslosigkeit anwenden. Der Arbeitgeber muss den Antrag nicht mehr im Detail begründen, sondern kann einfach COVID-19 als Grund angeben. 

Bei vorübergehender Arbeitslosigkeit muss der Arbeitgeber nicht den Lohn zahlen, aber die Arbeitnehmer erhalten eine Zulage vom Arbeitsamt. Diese Zulage wurde auf 70% des Durchschnittsgehalts des Arbeitnehmers erhöht (mit einer Obergrenze von 2.754,76 EUR brutto pro Monat). Davon werden 26,75% Lohnsteuer abgezogen. Zusätzlich zu dieser Zulage zahlt das Arbeitsamt einen Beitrag von 5,63 EUR pro Tag der Arbeitslosigkeit, das sind etwa 150 EUR pro Monat. Darüber hinaus zählen die Tage der Arbeitslosigkeit als Arbeitstage für den Jahresurlaub. 

Der vorübergehend arbeitslose Arbeitnehmer kann einen vereinfachten Vordruck für die Beantragung der oben genannten Leistungen verwenden und wird ohne weitere Voraussetzungen zum Anspruch auf Arbeitslosengeld zugelassen. 

Bitte beachten Sie, dass diese Maßnahmen nur für Arbeitnehmer gelten, für die in Belgien Sozialversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Sie gelten daher nicht für nach Belgien entsandte Arbeitnehmer. Für diese Arbeitnehmer müssen mögliche Unterstützungsmaßnahmen in Deutschland geprüft werden.

1.3 Coronavirus-Erkrankung

Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmern den Zugang zum Arbeitsplatz verweigern, jetzt, wo das Coronavirus in Belgien wütet? Dies ist nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer keine ärztliche Bescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit besitzt. Um die Sicherheit der anderen Arbeitnehmer zu gewährleisten, kann der Arbeitgeber jedoch andere Maßnahmen ergreifen, wie z.B. die Bereitstellung eines separaten Arbeitsbereichs.

Wenn ein Mitarbeiter tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert ist und er/sie nicht in der Lage ist, die Arbeit fortzusetzen, gelten die normalen Regeln bezüglich Krankheit. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, den Lohn für einen Monat zu zahlen.

2. Konsequenzen für Handelsverträge

Das Coronavirus kann auch bestehende Vereinbarungen und Durchführungsmodalitäten beeinflussen.

2.1 Höhere Gewalt

Der Ausbruch des Coronavirus kann Ihr Unternehmen vorübergehend daran hindern, seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Ob das Coronavirus höhere Gewalt darstellt, hängt von der jeweiligen Situation ab. In erster Linie sollte die Klausel über höhere Gewalt in der Vereinbarung oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen in Betracht gezogen werden, um festzustellen, ob diese Situation abgedeckt ist. Wenn keine Klausel über höhere Gewalt enthalten ist, muss das anwendbare Recht überprüft werden. Nach belgischem Recht ist höhere Gewalt die absolute oder praktische Unmöglichkeit, die außerhalb der Kontrolle oder des Einflusses der Vertragspartei liegt, die Vereinbarung auszuführen. Die Sachlage muss geprüft werden, um festzustellen, ob höhere Gewalt vorliegt oder nicht. In diesem Fall ist es möglich, den Vertrag ohne jegliche Haftung vorübergehend auszusetzen, sofern Sie Ihren Vertragspartner darüber informieren.

2.2 Notlage

Wenn die Erfüllung Ihres Vertrages nicht (vorübergehend) unmöglich ist (siehe höhere Gewalt), sondern sehr erschwert wird und das Gleichgewicht zwischen den Parteien gestört wird, liegt eine Notlage vor. Das Coronavirus könnte sicherlich zu einer solchen Situation führen. Nach belgischem Recht wird jedoch eine Notlage nicht anerkannt, sodass eine Partei grundsätzlich verpflichtet ist, die Vereinbarung zu erfüllen, es sei denn, es gelten besondere Rechtsvorschriften, wie das UN-Kaufrecht, oder die Parteien haben vertraglich etwas anderes vereinbart.

2.3 MAC-Klausel

Die Corona-Krise kann auch Folgen für eine Fusion oder Übernahme haben. Ein Übernahmevertrag kann eine Klausel über material adverse change (sog. MAC-Klausel) enthalten, die dem Begünstigten das Recht gibt, von der effektiven Umsetzung des Vertrags abzusehen oder den Vertrag im Falle wesentlich veränderter wirtschaftlicher Umstände neu auszuhandeln. Je nach Wortlaut der Klausel könnte der Ausbruch des Coronavirus ein wesentlich veränderter wirtschaftlicher Umstand darstellen und damit weitreichende Folgen für die weitere Durchführung des Vertrags haben.

* * *

Dieser Beitrag gibt einen allgemeinen Überblick über die Maßnahmen bezüglich des Coronavirus in Belgien. Wir verstehen jedoch, dass diese Übersicht nicht alle Ihre Fragen beantwortet. Wenn Sie konkrete Fragen zu den rechtlichen und steuerlichen Folgen dieser Krise für Ihr Unternehmen haben, können Sie sich telefonisch (+32 11 29 47 00) oder per E-Mail (m.wirtz@euregio.law) an uns wenden.


Foto(s): Pixabay.com


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Marco Wirtz

Beiträge zum Thema