Wer ist der Vater des Kindes? Ein Überblick über gesetzliche Regelungen

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Die Feststellung der verwandtschaftlichen Beziehungen, insbesondere der Vaterschaft eines Kindes sind zahlreiche rechtliche Fragestellungen abhängig.

Vor allem ist die Feststellung der Vaterschaft Voraussetzung des Kindes auf Kindesunterhalts bzw. der getrenntlebenden Kindsmutter auf Unterhalt aufgrund der Betreuung des Kindes.

Wer der rechtliche Vater eines Kindes ist, ist grundsätzlich von der Frage des biologischen Vaters zu unterscheiden. Diese können identisch sein, müssen es aber nicht.

Vater eines Kindes ist gem. § 1592 Nr. 1-3 BGB der Mann, der

  • der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, (oder mit dieser bis zu seinem Tod verheiratet war, wenn das Kind innerhalb von 300 Tagen nach dem Tod geboren wurde, § 1593 BGB)

Die Wirkung tritt automatisch ein, ohne dass entsprechende Erklärungen notwendig wären.

  • Ausnahme (§ 1599 BGB):
    • Rechtskräftige Anfechtung der biologischen Vaterschaft (Abs.I)
    • Anhängiger Scheidungsantrag bei Geburt des Kindes und Anerkennung der Vaterschaft durch einen anderen Mann innerhalb 1 Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses (Abs.II)

Hierzu ist allerdings die Zustimmungen des Ehemannes der Kindsmutter und der Kindsmutter notwendig.

War bei Geburt des Kindes kein Scheidungsantrag anhängig, bleiben nur die Anfechtung der Vaterschaft des Ehemannes und die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft des biologischen Vaters.

  • der die Vaterschaft anerkannt hat, §§ 1594, 1595 BGB, oder

Die Anerkennung ist bereits vor Geburt des Kindes möglich.

Die Zustimmung der Kindsmutter (und ggf. auch des Kindes bzw. des Ehemannes der Kindsmutter, s.o.) ist notwendig.

  • Verweigert die Mutter ihre Zustimmung bleibt lediglich die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft

Alle Beurkundungen sind öffentlich zu beurkunden. Dies ist u. a. auch beim Jugendamt oder Standesamt möglich.

Ein Widerruf der Annahmeerklärung ist bis zur Wirksamkeit der Anerkennung möglich.

  • dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde, § 1600d BGB.

Hierbei greifen zwar Vaterschaftsvermutungen im Hinblick auf den Mann, der der Mutter in der Empfängniszeit beigewohnt hat, im Gerichtsverfahren wird jedoch ein genetisches Gutachten in Auftrag gegeben, mit welchem die Vaterschaft bestätigt wird.

Dennoch ist die Vaterschaftsvermutung von erheblicher Relevanz im Hinblick auf die Anordnung einstweiliger Unterhaltsregelungen.

Solange die Vaterschaft eines Mannes nach obigen Vorschriften besteht, kann die Vaterschaft nicht durch einen anderen Mann wirksam angenommen oder festgestellt werden, § 1594 II BGB.

Insofern ist zuvor eine gerichtliche Anfechtung der Vaterschaft des anderen Manns notwendig, § 1599 BGB.

Antragsberechtigt für ein Anfechtungsverfahren sind:

  • die Kindsmutter
  • das Kind
  • der gesetzliche Vater, dessen Vaterschaft angefochten werden soll
  • der biologische Vater des Kindes

Notwendig hierfür ist

  1. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, der Kindsmutter in der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.
  2. Zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vater darf keine sozial-familiäre Beziehung bestehen
  3. Der Anfechtende muss leiblicher Vater des Kindes sein.

Insbesondere Punkt 2. ist problematisch.

Wird das Bestehen einer solchen Beziehung zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vater festgestellt, etwa weil der Ehemann der Kindsmutter für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt, z. B. weil er mit dem Kind für längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat und mit der Mutter verheiratet ist, d. h. die Bezugswelt des Kindes prägt, wird die Anfechtung durch den leiblichen Vater nicht zugelassen und bleibt v. a. auch in der Zukunft verschlossen! D. h. ein erneuter Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft ist dann nicht mehr möglich (BT-Drs. 15/2253, S.11).

Folge ist also:

Solange die häusliche Gemeinschaft der Kindsmutter mit ihrem Ehemann/ gesetzlicher Vater andauert, hat dieser Verantwortung für das Kind übernommen, so die gesetzliche Vermutung. Dies gilt auch wenn nach Aufhebung der Gemeinschaft dieser weiterhin ein Vertrauensverhältnis zum Kind aufrechterhält.

Ein wirksames Anfechtungsrecht besteht somit erst dann, wenn die Ehe der Kindsmutter geschieden ist und im Übrigen nur dann, wenn der gesetzliche Vater nicht in längerer Zeit in häuslicher Gemeinschaft mit dem Kind gelebt hat oder diese bereits seit längerer Zeit aufgehoben ist.

Der Begriff „längere Zeit“ ist insofern abhängig vom Alter des jeweiligen Kindes.

Im Gegenzug ist aber, bei Absehbarkeit einer dauerhaften Aufrechterhaltung der Ehe, ein Aushebeln der gesetzlichen Vermutung des Bestehens einer familiär-sozialen Bindung zwischen Kind und dem Ehemann leichter zu bewerkstelligen, je schneller nach der Geburt ein entsprechender Antraf auf Anfechtung gestellt wird.

Die abschließende Beweislast für das Fehlen einer sozial-familiären Bindung liegt jedoch beim antragstellenden biologischen Vater, sodass bei Zweifeln des Gerichts am Bestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und gesetzlichem Vater dieses den Antrag auf Anfechtung aufgrund der bestehenden gesetzlichen Vermutung abweisen wird.

Die schützenswerten Interessen des leiblichen Vaters haben dann hinter den Interessen der Ehe der Mutter und dem bestehenden Familienband zurückzutreten.

Dies wurde auch seitens des OLG Hamm (Beschl. v. 06.11.2020, Az. 12 WF 221/20) zuletzt wieder bestätigt. 

Die sozial-familiäre Bindung zwischen dem nicht-biologischen Vater und dem Mädchen schließe eine Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 Abs. 2, 3 BGB aus. Eine solche Bindung liege vor, wenn der rechtliche Vater für das Kind tatsächlich die Verantwortung trägt. Das nahm das Gericht in dem vorliegenden Fall an, da der rechtliche Vater mit der Mutter verheiratet war. Dieser Auffassung könne auch nicht entgegen gehalten werden, dass der Ehemann und rechtliche Vater vor der Geburt des Kindes nur gelegentlich Kontakt mit der Mutter hatte und diese noch lange Zeit eine eigene Wohnung gehabt habe.

Entscheidend sei vielmehr, dass der Ehemann der Kindesmutter spätestens seit der Geburt mit ihr und dem Kind in einem Haushalt lebt und bereit ist, die Verantwortung für das Kind zu tragen. Der biologische Vater habe nun rechtlich gesehen überhaupt keine Möglichkeit mehr, die Vaterstellung für die leibliche Tochter einzunehmen. Dies ist Folge der Rechtslage nach § 1600 BGB. Danach geht ein bestehender Familienverband dem Interesse des leiblichen Vaters vor. 

Die Frist zum Antrag auf Anfechtung der Vaterschaft i.S.d. § 1600b I 1 BGB von 2 Jahren ab Kenntnis der Geburt des Kindes oder sonstiger Merkmale, welche auf die Vaterschaft schließen lassen, läuft jedoch gem. § 1600b I 2 HS.2 BGB auch während der Zeit, in der eine Anfechtung aufgrund bestehenden Bandes zwischen Kind und rechtlichem Vater nicht möglich bzw. erfolgsversprechend ist.

Läuft die Frist ab ist eine Anfechtung in keinem Fall mehr möglich.

Im Zweifel sollte also zumindest fristwahrend ein entsprechender Antrag gestellt werden.

Die Kosten eines entsprechenden Antrags auf Anfechtung der Vaterschaft richten sich nach dem Streitwert. Dieser beträgt in Abstammungssachen pauschal 2.000,00 €.

Die Gerichtskosten belaufen sich daher auf ca. 180 €, die Kosten einer anwaltlichen Vertretung, welche jedoch nicht vorgeschrieben ist, belaufen sich je Anwalt auf ca. 300 € zzgl. MwSt. i.H.v. 19 %.

Im Falle einer gerichtlichen Niederlage ist gem. § 81 FamFG die Kostentragungspflicht nach billigem Ermessen zu verteilen.

Sollte die Anfechtung erfolgreich sein, können die entsprechenden weiteren Urkunden (geänderte Geburtsurkunde etc.) beim zuständigen Standesamt beantragt werden.

Zur Feststellung der Vaterschaft genügt dann der rechtskräftige gerichtliche Beschluss.

Der hälftige Kinderfreibetrag wird nach entsprechender Mitteilung des leiblichen Vaters an das für ihn zuständige Finanzamt angesetzt.

Folge einer Anfechtung und Feststellung der Vaterschaft:

Wurde die Vaterschaft des gesetzlichen Vaters wirksam angefochten und die eigene Vaterschaft des biologischen Vaters festgestellt, kann der bisherige Scheinvater den frischgebackenen Vater ggf. auf Regress in Anspruch nehmen, soweit dieser Unterhaltspflichtig war.

Weitere Regressansprüche können ggü. der Kindsmutter sowie im Einzelfall sogar ggü. dem Kind bestehen.

Der insofern zu leistende Schadensersatz umfasst neben dem Unterhalt auch geleistete Verfahrenskostenvorschüsse sowie die entstandenen Kosten des Anfechtungsverfahrens


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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