Die Blue Card EU: Chancen und Herausforderungen für hochqualifizierte Fachkräfte in Deutschland

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Europa zieht weiterhin hochqualifizierte Fachkräfte aus aller Welt an, und die Blue Card EU stellt dabei einen bedeutenden Schritt in Richtung eines vereinfachten und einheitlichen Einwanderungsprozesses für Fachleute dar. Insbesondere seit einer Reform vom 18. November 2023 ist der Kreis derjenigen, die eine Blaue Karte EU beantragen können, erweitert.

Was ist die Blaue Karte EU?

Die Blaue Karte EU stellt einen auf Hochschulabsolventen und erfahrene Fachkräfte aus Drittstaaten zugeschnittenen Aufenthaltstitel dar, der die dauerhafte Zuwanderung nach Deutschland erleichtern soll. Als temporäres Arbeitsvisum ermöglicht sie einen Aufenthalt von bis zu vier Jahren, wobei die Laufzeit bei kürzeren Arbeitsverträgen entsprechend angepasst wird.

Die Begünstigten dieser Karte profitieren nicht nur von der erleichterten Erlangung des Aufenthaltstitels selbst, sondern auch von Vergünstigungen beim Familiennachzug. Ehegatten beispielsweise haben Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis mit uneingeschränkter Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit, selbst ohne deutsche Sprachkenntnisse.

Ein weiterer Vorteil ist die schnelle Erlangung einer Niederlassungserlaubnis für Inhaber. Nach 33 Monaten besteht die Option auf eine Niederlassungserlaubnis, sofern während dieser Zeit einer hochqualifizierten Beschäftigung nachgegangen wurde, Beiträge zur Rentenversicherung geleistet wurden und eine einfache Verständigung auf Deutsch möglich ist. Bei unter anderem ausreichenden Deutschkenntnissen (Sprachniveau B1) verkürzt sich diese Frist sogar auf 21 Monate.

Was sind die generellen Voraussetzungen, um eine Blaue Karte EU zu erhalten?

Um die Blaue Karte EU zu erhalten, sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen:

Bildungsabschluss:

Es ist ein deutscher oder vergleichbarer ausländischer Hochschulabschluss erforderlich. Sofern kein Hochschulabschluss nachgewiesen werden kann, stellt aber auch dies kein Problem dar. Zum Erhalt der Blauen Karte EU ist auch ein tertiärer Bildungsabschluss mit einer Ausbildungsdauer von mindestens drei Jahren ausreichend. Dieser muss einem Hochschulabschluss gleichwertig sein, was von der zuständigen deutschen Stelle festgestellt werden muss.

Beschäftigungsverhältnis:

Zur Beantragung einer Blaue Karte EU müssen Sie einen Arbeitsvertrag oder ein konkretes Angebot für Beschäftigung haben, das mindestens auf 6 Monate befristet ist. Zudem muss die Position ihrer Qualifikation angemessen sein. Durch die Reform von Ende 2023 muss außerdem nur noch ein Bruttojahresgehalt von mindestens 45.300€ erreicht werden. Sogar nur 41.041,80€ muss das Bruttojahresgehalt betragen, wenn Sie in einem sog. Engpassberuf arbeiten und die Bundesagentur für Arbeit Ihrer Beschäftigung zugestimmt hat. Als Engpassberufe gelten unter anderem Lehr- und Erziehungskräfte, Ärzte, akademische Fachkräfte im MINT-Bereich sowie Führungskräfte in Produktion, IT und Gesundheitswesen.

Sonderfall: Blaue Karte EU für IT-Fachkräfte ohne formale Qualifikation:

IT-Fachkräfte können auch ohne formale Qualifikation die Blaue Karte EU unter bestimmten Bedingungen erhalten. Erforderlich ist ein konkretes Jobangebot in Deutschland, eine mindestens sechsmonatige Beschäftigungsdauer, ein Bruttojahresgehalt von mindestens 41.041,80 Euro (Stand 2024) und mindestens drei Jahre Berufserfahrung im IT-Bereich in den letzten sieben Jahren. Die Berufserfahrung muss sich dabei auf Hochschulniveau bewegt haben und muss für die Ausübung der Beschäftigung in Deutschland erforderlich sein.

Erfüllt man diese Voraussetzungen, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf die Erteilung der Blauen Karte EU nach § 18g AufenthG.

Wie ist der Ablauf?

Um die Blaue Karte EU zu beantragen, folgen Sie diesen Schritten:

  1. Voraussetzungen prüfen: Überprüfen Sie, ob Sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere bezüglich Bildungsabschlusses, Jobangebot und Gehalt.
  2. Visum beantragen: Beantragen Sie ein Visum bei der Botschaft Ihres Heimatlandes, bevor Sie nach Deutschland reisen. Dieses Visum ermöglicht Ihnen die Einreise zwecks Arbeitsaufnahme.
  3. Einreise nach Deutschland: Nach Erhalt des Visums reisen Sie nach Deutschland ein. Beachten Sie die geltenden Einreisebestimmungen.
  4. Wohnung beziehen: Finden Sie eine geeignete Wohnung in Deutschland, um Ihren Wohnsitz zu begründen und melden Sie diesen Wohnsitz beim Einwohnermeldeamt an.
  5. Blaue Karte EU beantragen: Beantragen Sie die Blaue Karte EU bei der zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland. Hier legen Sie alle erforderlichen Unterlagen vor, die Ihre Qualifikation, das Jobangebot und andere relevante Details bestätigen.

Sozialversicherungen und Steuerpflicht

Bereits ab der Ankunft in Deutschland ist es notwendig, krankenversichert zu sein. Die gesetzliche Krankenversicherung tritt erst in Kraft, wenn der Wohnsitz in Deutschland aufgenommen wird und der Arbeitsvertrag beginnt. Sollte die Einreise vor Beginn der Erwerbstätigkeit erfolgen, ist es erforderlich, bis zum Start des Arbeitsverhältnisses und der Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung eine private Krankenversicherung abzuschließen. Es werden dabei aber ausschließlich innerhalb der EU abgeschlossene Krankenversicherungen anerkannt. Mit Beginn des Arbeitsvertrages kann dann in die gesetzliche Krankenversicherung gewechselt werden.

Besonders interessant ist der Fall, wenn man zwar in Deutschland arbeitet, aber nicht dort steuerpflichtig ist und keine Sozialabgaben zahlen muss etwa auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens. Unseren Rechercheergebnissen nach dürfte es auch in diesem Fall möglich sein, eine Blaue Karte zu beantragen, solange man die oben genannten Voraussetzungen, inklusive Wohnsitz und Krankenversicherung, erfüllt. Auf eine Bestätigung dessen durch die Ausländerbehörde, warten wir aber noch.

Insgesamt stellt die Blaue Karte EU eine Möglichkeit für hochqualifizierte Fachkräfte dar, ihren beruflichen Werdegang in Europa zu gestalten. Durch die Schaffung eines einheitlichen und vereinfachten Einwanderungsprozesses erleichtert sie nicht nur den Zugang zu anspruchsvollen Arbeitsmärkten, sondern trägt auch zur kulturellen Vielfalt und Innovation in der europäischen Arbeitswelt bei. Während die Blaue Karte EU zweifellos viele Vorteile bietet, ist es entscheidend, die spezifischen Anforderungen und Bedingungen im Auge zu behalten. In diesem Sinne eröffnet die Blaue Karte EU sowohl für Arbeitnehmer als auch für europäische Unternehmen neue Perspektiven und festigt Europas Position als attraktiver Arbeitsmarkt für internationale Talente.

Foto(s): © kataryzna / stock.adobe.com


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